29.10.2016

Wessen Schuld ist es?

Nachdem Joep gestorben ist fragte ich mich immer und immer wieder warum? In meinem Kopf gab es so viele Szenarios in denen sein Tod verhindert hätten werden können. Wenn einfach jemand etwas mehr getan hätte, eine Person die weiter gedacht hätte... Er könnte noch leben.

Wenn die Hebamme nach der Geburt nicht für 1,5 Stunden zu einer anderen Geburt gegangen wäre, vielleicht hätte sie eher gemerkt dass Joep krank war und hätte er es überlebt?

Wenn beim 20 Wochen Ultraschall der Herzfehler entdeckt worden wäre, wäre Joep in Leiden geboren worden und hätte er es überlebt!?

Was wenn der Cardiologe der Joep kurz nach der Geburt untersucht hat schneller gesehen hätte was los ist, dann wäre es ihm nie so schlecht gegangen, wäre er nie so blau geworden und hätte er kein Sauerstoffmangel gehabt. Vielleicht hätte er dann auch keine Hirnblutung gehabt und hätte er es überlebt?

Was wenn sie in Leiden vor dem ersten Eingriff sein Gehirn kontrolliert hätten? Vielleicht hatte er schon eine Hirnblutung und dann hätten sie vielleicht anders handeln können. Würde er noch leben?

Was wenn sie sofort nach dem Eingriff oder sogar während des Eingriffes sein Gehirn kontrolliert hätten, dann wäre die Blutung nie fatal geworden, Joep wäre vielleicht behindert aber nicht tot?

All diese Fragen hatte ich ständig im Kopf, immer und immer wieder habe ich mir diese Szenarios ausgemalt. Und wochenlang hatte ich keine Antwort auf diese Fragen. Als Joep sechs Wochen tot war hatten wir einen Termin im Krankenhaus in dem Joep gestorben ist. Endlich konnten wir alle Fragen die wir in den letzten Wochen hatte stellen. Nicht auf alle Fragen haben wir Antworten bekommen. Aber eins wissen wir jetzt sicher.

Wenn jemand Schuld ist, dann auf die Frau die den Ultraschall gemacht hat als ich 20 Wochen schwanger war. Sie hätte den Herzfehler sehen müssen, es war ihr Fehler. Sie ist die einzige die einen Fehler gemacht hat. Hätte sie gesehen dass Joep Transposition der großen Arterien hatte, dann wäre er in Leiden geboren worden. Joep hätte nicht 2 Stunden auf meiner Brust gelegen, Joep wäre niemals fast gestorben kurz nach der Geburt. Sie hätten 8 Stunden eher sein Gehirn kontrolliert. Wenn Joep eine Hirnblutung gehabt hätte, dann wäre sie niemals fatal geworden. Sie hätten ihn 8 Stunden eher operieren können, er hätte maximal eine Behinderung, er hätte glücklich werden können.

Wir wissen wessen Schuld es ist dass Joep tot ist. Ich habe nach seinem Tod noch einmal mit ihr gesprochen. Es hat sie sehr getroffen, sie hat die Ultraschallbilder immer und immer wieder angeschaut, sie konnte den Herzfehler auf ihren Bildern nicht sehen, sie hatte einfach nicht die richtigen Bilder gemacht. Alles sah gut aus, Joep was groß und stark, hatte genug Fruchtwasser, es gab keinen Anhaltspunkt dafür dass etwas nicht in Ordnung war.

Letztendlich ist Joep auch Opfer des Systems geworden. Sie hatte eine halbe Stunde Zeit um alles zu kontrollieren, das war einfach zu wenig Zeit um alles zu kontrollieren. Sie hatte Jahre Erfahrung, das letzte was sie wollte war das Joep stirbt. Sie war davon überzeugt das Joep gesund war, genauso wie ich es war. Es gab keinen Grund für sie weiter zu suchen.

Wir sind nicht sauer, aber es tat so unfassbar weh zu erfahren dass Joep tot ist weil jemand einen Fehler gemacht hat. Ja, er war krank, ja, es war auch ein heftiger Herzfehler, aber der wäre nicht tödlich gewesen, ich weiß es weil ich Joep kenne, ich weiß wie stark er war. Ich weiß dass er ein Kämpfer war und es geschafft hätte.

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