29.03.2017

1. Trimester

Das erste Trimester haben wir geschafft.

Aber es war so anders als ich es mir vorgestellt habe, viel schwerer, heftiger. Ich hatte gehofft dass das Glück mit einer erneuten Schwangerschaft wieder zurück kommt aber so schnell ging das nicht. Das erste Trimester stand vor allem im Zeichen von nicht wahr haben können/wollen, Müdigkeit, Trauer und Ängsten.

Mein Bauch blieb flach, ich fühlte mich nicht schwanger, ich fühlte mich krank, man sah mir nicht an dass ich schwanger war und dafür war ich dankbar. Ich war noch nicht so weit um viel über meine Schwangerschaft zu reden. Natürlich freute ich mich auch dass ich endlich wieder schwanger war aber diese Freude stand nie im Vordergrund. So viele andere Gefühle die so viel dominanter waren haben mein erstes Trimester bestimmt.

Wofür ich dankbar bin ist dass ich all diese Gefühle annehmen und akzeptieren konnte, dass obwohl mir jeder sagte ich müsse auch genießen ich selbst nie das Gefühl hatte dass es nicht ok ist wie ich mich fühlte. Ich habe mich oft verteidigt und versucht zu erklären wie es mir geht. Mich störte es wenn jmd fragte wie es Pietje geht. Was soll ich denn darauf antworten? Meine grösste Angst war die ganze Zeit dass das kleine Herzchen nicht mehr schlägt. Ich wusste nie wie es dem kleinen in meinem Bauch geht. Also was sagte ich? Manchmal dass ich es nicht weiß und dass ich hoffe dass alles gut ist. Manchmal wich ich der Frage aus und sagte dass ich denke dass das Baby gerade schwimmt. Tod oder lebendig dachte ich dann aber das sagte ich nicht. Fast nie, nur zu Rene. Rene war zum Glück immer viel positiver als ich, das tat mir gut. Er hatte natürlich auch Ängste, die ich verstärkte, aber seine Positivität färbte auch auf mich ab.

Natürlich hatte ich nicht nur Angst, es gab auch Momente in denen ich mich freute und in denen ich sicher war dass alles gut ist, zumindest für den Moment. Das war vor allem der Fall nach jedem Ultraschall den ich hatte. Ein paar Tage ging es mir dann gut und ich vertraute darauf dass alles gut ist. Aber dann musste ich wieder Wochen warten und ich googelte. Las darüber dass das Baby im Bauch sterben kann ohne dass ich sofort eine Fehlgeburt habe, sah YouTube Videos von Müttern die gerade die Diagnose bekamen dass ihr Baby schon seit 2 Wochen nicht mehr lebte. Warum YouTube mir solche Videos vorschlägt? Warum ich sie dann auch noch echt anklickte? Ich weiß es nicht... Aber es machte mir Angst. Im letztens Jahr ging doch immer alles schief, warum würde es jetzt auf einmal nicht schief gehen? Ich bereitete mich psychisch aufs Schlimmste vor um es verkraften zu können und hoffte gleichzeitig auf das Beste.

Menschen sagten mir so oft: Diesmal wird alles gut! Ich fühle es. Auch das machte mich wütend, wieso sagt man mir sowas? Hast du bei Joep gefühlt dass es nicht gut wird? Nicht mal ich als Mama habe das gefühlt, warum denkst du dass du jetzt auf einmal in die Zukunft schauen kannst? Was soll mir das geben? Es hilft mir nicht, ich ärgere mich nur über die Dummheit solcher Kommentare. (Ich weiß dass sie gut gemeint sind aber sie können mich nicht beruhigen, sie sind so naiv, ich kann diese Schwangerschaft einfach nicht mehr naiv sein und ich will auch nicht dass andere das sind) Niemand kann so etwas fühlen. Also sagte ich dass ich es hoffe, ich hoffe dass alles gut geht. Ich sagte dass wir es verdienen und jeder stimmte mir zu. Wir verdienen ein gesundes Kind. Wir verdienen dass das Glück zurück kehrt.

Am Ende des 1. Trimesters hatten wir noch einen Ultraschall. Ich hatte solche Angst weil ich in der Woche zuvor oft versucht habe den Herzton zu finden. Von der Schwangerschaft mit Joep hatte ich noch einen Angelsound und dieses Gerät war damals so toll für uns. Wir haben es so genossen Joeps Herz zu hören. Wenn ich es mal nicht finden konnte machte ich mir nie Sorgen, ich war so überzeugt davon dass alles gut war und es meine eigene Unwissenheit war die die Ursache war. Dann legte ich das Angelsound weg und war trotzdem die glückliche enthousiaste schwangere Imke, ich dachte mir das nächste mal vielleicht.

Dieses mal dachte ich also: Bei Joep hab ich das Herzchen um die 11 Wochen gehört, ich versuche es auch jetzt ich wollte es Rene hören lassen, ich wollte es hören, es genießen. Ich dachte noch zu wissen wie ich suchen muss aber ich fand nichts. Das erste mal machte ich mir wenig Sorgen, es wird wohl an mir liegen, es ist noch zu früh. 2-3 Tage später dachte ich dann dass es jetzt vielleicht doch klappen kann und ich versuchte es wieder, wieder in der Überzeugung dass es mir gut tun wird, ich freute mich richtig es endlich zu hören. Wieder fand ich nichts und 2 Tage später googelte ich dann ab wann andere denn das Herzchen hören konnten. Ich schaute Videos auf YouTube wo sie das Gerät ansetzen um den Herzschlag zu hören. Das war dann der Moment in dem mir ein Video vorgeschlagen wurde in dem eine Frau erfuhr dass ihr Baby gestorben ist, kein Herzschlag... Anfangs waren sie so glücklich, der Mann filmte nur um dann zu hören dass das Baby schon seit 2 Wochen tot ist. Also suchte ich das Herzchen wieder aber ich fand es nicht und das Video ging mir nicht mehr aus dem Kopf.  Ab jetzt war meine Angst grösser, nicht durch den Angelsound sondern durch das Video. Ich suchte alle 2-3 Tage aber das einzige was ich fand war ein Rauschen von dem ich hoffte dass es die Nabelschnur sein könnte. Es war ein statisches Rauschen ohne Herzschlag, es gab mir ein wenig vertrauen. Was soll den sonst so Rauschen? Ich gab es wieder auf, ich fand einfach keinen Herzschlag und wollte mich auch nicht verrückter machen als ich schon war, Ich suchte nie länger als 3-4 Minuten, nie öfter als 1 mal alle 2-3 Tagen.

Dann war es soweit. ich war 12,5 Wochen schwanger und ich hatte einen Ultraschall. Alles in mir sagte wenn es jetzt ok ist, dann kannst du endlich vertrauen. Dann ist die kritische Zeit offiziell vorbei. Ich lag auf der Liege und mein Herz schlug so heftig dass ich es in meinem ganzen Körper fühlte. Ich sah mein Baby, ich sah ein Herzchen schlagen und langsam wurde ich ruhiger. Ich wusste das ist das Ende meines ersten Trimesters. Die nächsten Tage wird es mir besser gehen. Ich werde weniger müde sein, ich werde mehr Vertrauen haben, mein Bauch wird wachsen. Und so war es auch (zumindest bis jetzt). Die Chance dass es jetzt noch schief geht liegt bei 1%. Viel mehr als die Wahrscheinlichkeit dass Joep nach der Geburt noch sterben würde aber 1% ist wenig und ich versuche es entspannt zu sehen. 1% ist (fast) nichts...

Abends gingen Rene und ich essen, ganz spontan weil wir zu müde waren zu kochen und außerdem hatten wir ja was zu feiern. Ich hatte ein Baby in meinem Bauch, etwas kleiner als eine Kiwi und heute wusste ich sicher dass es lebt! Im Restaurant sagte ich plötzlich zu Rene dass ich mich zum ersten mal seit mehr als einem Jahr für einen kurzen Moment wieder ein bisschen glücklich fühle. Auf einmal wurde es mir bewusst. Endlich war das eingetreten worauf ich so gehofft hatte bei dieser Schwangerschaft.

Diese Schwangerschaft bringt also doch ein wenig Glück zurück in unser Leben. Der Ultraschall war Freitag, heute ist Mittwoch. Bis jetzt habe ich den Angelsound nicht mehr benutzt. Ob ich ihn wieder benutze? Vielleicht! Aber nicht mehr aus Sorge, nicht mehr so früh in der Schwangerschaft.  Bei Joep benutzte ich es nur bis zu dem Tag an dem ich ihn fühlte, danach war der Kontakt so stark dass ich sein Herzchen nicht mehr brauchte um mich extra verbunden zu fühlen. Ab 16 Wochen fühlte ich ihn regelmäßig. Ich bin jetzt 13,5 Wochen schwanger. Ich hoffe dass ich die Geduld habe es nicht zu benutzen, oder dass wenn ich es benutzte ich zumindest das Herzchen finde (Und wenn das eintritt werde ich es öfter benutzen, der Herzschlag deines Kindes ist einfach das schönste Geräusch das ich mir vorstellen kann). Bis jetzt habe ich den Angelsound immer benutzt weil ich dachte: Wenn ich das Herzchen jetzt höre, dann geht es mir besser, dann kann ich mich vielleicht entspannen.... Ich muss dazu sagen dass meine Ängste die ich ja eh schon hatte nicht grösser wurden als ich  keinen Herzschlag fand. Wenn das so gewesen wäre hätte ich es nicht so regelmäßig versucht. Es war nicht schlecht für mich aber es gab mir halt auch nicht die Entwarnung die ich in dem Moment brauchte.

Jetzt bin ich also Anfang des 2. Trimesters und es geht mir besser. Ich bin weniger müde, habe etwas mehr Energie. Endlich glaube ich wieder an das was ich das ganze letzte Jahr schon wusste. Ein neues Baby ist die einzige Medizin, der einzige Weg wieder Glück in mein Leben zu bekommen. Und das tut Pietje jetzt auch, wir sind wieder ein kleines bisschen glücklich. Dieses Gefühl verändert die Gefühle der Traurigkeit nicht, die bleiben gleich, aber es gibt jetzt halt auch Momente die etwas besser sind. Kleine Momente, aber ich denke dass das in Zukunft immer mehr werden. Irgendwann werde ich wohl wieder sagen dass ich glücklich bin. Es wird nie wieder gut, Joep wird immer tot sein. Aber glücklich werden, das können wir schaffen, zusammen mit Joep in unserem Herzen und Pietje (hoffentlich) in unseren Armen.

Nach dem Ultraschall am Freitag ist mein Bauch dann auch wirklich explodiert. Von 0 auf schwanger in einem Tag. Verrückt wie schnell das ging! Ich habe Dienstags ein Foto gemacht aber Freitags war mein Bauch identisch. Das nächste Foto das ich gemacht habe war Montag, aber Sonntag war mein Bauch schon genauso rund.

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20.03.2017

Wann ist ein guter Moment um wieder schwanger zu werden nach dem Verlust seines Kindes?

Eine Frage die sich wohl alle Mamas und Papas stellen nachdem ihr Kind gestorben ist. Vor allem wenn es sich um einen Verlust eines Babys handelt. Der Kinderwunsch den man hatte ist nicht mit seinem Kind gestorben. Nein, bei mir wurde der Wunsch nur noch stärker. Jeden Tag schwirrte mir dieser Gedanke im Kopf, ich will Kinder. Ich kann nur glücklich werden wenn ich wieder Kinder habe.

Also flehte ich Rene an es wieder zu probieren. Rene wollte es nicht sofort wieder probieren, wollte noch ein bis zwei Monat länger warten aber ohne die Hoffnung konnte ich nicht leben und Rene stimmte ein, tat es für mich. Ich sagte mir dass mein Kopf einfach keine klare Entscheidung treffen kann, dass aber mein Körper entscheiden wird wann er ein gesundes Kind machen kann. Ich vertraute meinen Körper dass ich nicht schwanger werde bevor ich dazu auch wirklich bereit bin. Ja, das war sicher eine sehr naive Einstellung aber sie hat mir in dem Moment das Leben gerettet. Ich konnte etwas tun um wieder glücklich zu werden.

Während die Welt um mich herum sich nicht einmal traute darüber zu reden ob wir noch ein zweites Kind wollen oder nicht nagte der Gedanke jeden Tag in unseren Köpfen. Wieder schwanger werden, am liebsten gestern schon.

Es war eine Art Sucht nach Glück, am glücklichsten waren wir mit Joep und die einzige Art und Weise wieder Glück in unser Leben zu bekommen schien eine Schwangerschaft zu sein.  Wir wollten nichts lieber als wieder glücklich sein, Joep konnten wir nicht zurück haben, Joep wollten wir nie ersetzen, aber dieses Glücksgefühl, das wollten/brauchten wir in unserem Leben.

Wir probierten also schnell wieder schwanger zu werden, im nachhinein sage ich 100% ehrlich dass ich froh bin dass es nicht sofort geklappt hat! Es war dumm zu denken dass ich es könnte, wieder schwanger sein und trauern gleichzeitig. Es war naiv zu denken dass es mir innerhalb von einem Jahr gut genug geht um mich Vollzeit um ein Kind kümmern zu können und dabei auch noch eine gute Mutter zu sein. Ich hätte mich um das Kind kümmern können, diese Urkraft einer jeden Mama sorgt dafür dass wir das können, aber wie lange wäre das gut gegangen? Wie lange hätte ich mich auch um den Haushalt, mich selbst und meinen Mann kümmern können? Ich bin froh dass es nicht sofort geklappt hat, ich wäre überfordert gewesen und hätte mich wahrscheinlich schrecklich schuldig gegenüber Joep gefühlt weil er es doch verdient dass sich all meine Gedanken um ihn drehen. Wie soll das gehen mit einem neuen Baby im Haus? Ich konnte nicht einmal einen Film gucken ohne mich danach schuldig zu fühlen weil ich nicht an Joep gedacht hatte. Filme habe ich oft in 2 Etappen geguckt nur damit ich Zeit hatte an Joep zu denken.

Aber wann ist ein guter Moment es wieder zu probieren? Es gibt ein paar Dinge über die man nachdenken sollte bevor man sich entscheidet wieder schwanger zu werden.

1. Kannst du mit einem erneuten Verlust umgehen? Die Chance auf eine Fehlgeburt liegt bei ca. 30%. Die Natur kann nicht rechnen, die Natur interessiert es nicht dass dein Baby/Kind gerade gestorben ist und du schon einen Verlust zu verkraften hast. Die Chance dass es sehr früh schief geht ist hoch. Aber leider wissen wir nur zu gut dass es mehr Risikos gibt als eine Fehlgeburt. Auch ein Regenbogenkind kann wieder krank sein, kann wieder sterben. Schafft ihr noch einen Verlust? Seid ihr psychisch dazu in der Lage? Habt ihr einen Plan? Was macht ihr wenn es nochmal schief geht?

2. Ist dein Zyklus wieder regelmäßig? Es kann sein dass ihr plötzlich merkt dass ihr nicht mehr fruchtbar seid. Leider ist das nicht nur mir passiert. Wie geht ihr dann damit um? Hormone, IUI, IVF... So eine Kinderwunschbehandlung bringt Menschen ohne Verlust schon oft an den Rand ihrer Kräfte. Wie sieht das bei euch aus?  Schafft ihr das?

3. Denkt dein Partner über eine erneute Schwangerschaft genauso wie du? Ein Kind erzeugen nach einem solchen Verlust bedeutet geplanter Sex auf Timing und das obwohl Sex so oft das letzte ist worauf man Lust hat wenn es einem so schlecht geht. Aber es muss Tag x sein, ansonsten verschwendet ihr einen Monat und das ist auch keine Option, oder? Seid ihr beide bereit dieses Stress in eurem Leben zu zu lassen? Ich würde jedem empfehlen es nur zu probieren wenn beide Partner 100% hinter dem Plan stehen und es wollen.

4. Hattet ihr genug Zeit zu trauern? Nach meiner Erfahrung (und auch die von anderen Mamas mit denen ich Kontakt habe) dauert trauern viel länger als man sich vorstellen kann, wenn ihr es wieder versucht kann es gut sein dass ihr in 9 Monaten wieder ein Baby im Arm haltet, seid ihr dann auch sicher so weit? Neun Monate scheinen so lange zu dauern aber sie fliegen vorbei. Trauer bedeutet Stress für den Körper, Stress in einer Schwangerschaft sollte vermieden werden weil sie nicht gut fürs Baby ist.

5. Und wenn dann alles klappt, dann bedeutet eine erneute Schwangerschaft Stress und Erschöpfung. Arbeitet ihr wieder Vollzeit? Schaffst du es Arbeit und Schwangerschaft unter einen Hut zu bekommen? Auf einmal gibt es so viele neue Ängste und Sorgen die einen verrückt machen können. Wie wirst du damit umgehen? Ich machte mir nie unnötige Sorgen aber jetzt hatte ich im ersten Trimester oft Angst dass das Kind vielleicht gestorben sein könnte ohne dass ich er gemerkt habe. Wie gehst du mir solchen Ängsten um?

6. Es kann Monate dauern bis du wieder schwanger bist. Jeden Monat wieder steigt die Hoffnung die dann so jäh zerstört wird wenn es wieder nicht geklappt hat. Es ist schwer mit dieser Enttäuschung um zu gehen in Zeiten in denen doch sowieso alles schon so schlecht erscheint. Kannst du damit umgehen? Wenn nicht solltest du warten bis du es kannst. Jedes Mal wenn du deine Periode bekommst bedeutet dass nicht nur dass es nicht geklappt hat, es bedeutet auch dass ein neuer Zyklus begonnen hat, eine neue Chance auf eine Schwangerschaft.

7. Hast du dein Leben wieder weitestgehend im Griff? Wie sieht euer Haushalt aus? Schafft ihr es regelmäßig gesund zu kochen und leben? Schafft ihr es zu arbeiten, soziale Kontakte zu pflegen und euch um euch selbst zu kümmern? Erst wenn das alles langsam wieder läuft habt ihr genug Energie und eine gute Basis für eine Schwangerschaft.

8. Timing. Es kann sein dass euer Kind im gleichen Monat geboren wird wie euer verstorbenes Kind. Seid ihr dazu bereit? Seht ihr es als Geschenk vom verstorbenen Geschwisterchen oder wird es vielleicht zu schwer? Wollt ihr diesen Monat wirklich teilen? Oder wollt ihr lieber einen Monat warten? Außerdem wird die ganze Schwangerschaft dann sehr parallel laufen was sehr konfrontierend sein kann. Ich würde euch dazu raten es diesen Monat nicht zu versuchen weil ich von vielen anderen Mamas gehört habe wie schwer es sein kann wenn jeder auf dem Geburtstag deines verstorbenen Kindes fragt was er denn zum Geburtstag des Geschwisterchen kaufen soll. Der Februar gehört Joep und noch bin ich nicht bereit ihn zu teilen. Vielleicht dass mir das bei Kind Nummer 3 oder 4 nicht mehr so viel ausmacht, aber jetzt will ich es noch nicht.

Wenn ihr euch dazu entscheidet zu warten, dann will ich euch doch eins mit auf den Weg geben: Kontrolliert euren Zyklus, kennt euren Zyklus bevor ihr anfangt es zu probieren. Es macht das Schwanger werden einfacher und wenn etwas nicht in Ordnung ist wisst ihr das sofort und habt ihr sofort Hilfe wenn ihr es wieder probieren wollt. Mein Zyklus war plötzlich nicht mehr gut, ich konnte ohne Hormone nicht mehr schwanger werden, hatte keinen guten Eisprung, und das obwohl ich vor Joep nie Probleme hatte, im Gegenteil, bei Joep war ich innerhalb von 4 Monaten schwanger, es war der 1. Monat in dem wir aufs Timing geachtet haben. Ich bemerkte schnell dass mein Zyklus nicht ok war aber niemand wollte mir glauben und ich hatte nicht die Kraft mich durch zu setzen. 6 Monate nachdem Joep geboren wurde hatte ich dann Gewissheit. Ich kann nicht schwanger werden, nicht ohne Hilfe. Ich bekam alle Hilfe die ich brauchte, der 1. Monat mit Hormonen war mein Zyklus immer noch nicht gut, ab dem 2. hatte ich dann endlich Zyklen in denen wir eine Chance hatten. Im Dezember war ich dann endlich schwanger aber hatte eine Fehlgeburt. Im Januar wurde ich wieder schwanger, ganz ohne Hormone, und bis jetzt geht alles gut.

Für mich selbst war der Moment in dem ich wusste ich bin wirklich bereit wieder schwanger zu werden nach 7 Monaten gekommen. Nach 7 Monaten wusste ich sicher dass ich körperlich und psychisch in der Lage bin wieder schwanger zu werden. Bis dahin habe ich meinen Körper die Regie gegeben und ihm Vertraut. Ab diesem Moment wurde das nicht schwanger werden schwerer, denn mein Kopf schien zu wissen was mein Körper nicht akzeptieren wollte. Mein Zyklus war endlich stabil und trotzdem ging es mir nicht schnell genug. Ich weinte weil mein Leben so ungerecht war und verlor all mein Vertrauen, ich dachte ich könnte nicht mehr schwanger werden und das war sehr schwer für mich. Aber auch das hatte wohl wieder sein Gutes. Ohne Hoffnung machte ich mir auch keinen Stress mehr und war ich trotz Spritzen, mehreren Ultraschalluntersuchungen und Tabletten nicht mehr den ganzen Tag damit beschäftigt dass ich schwanger werden will. Und plötzlich ging es wie von selbst. Nach der Fehlgeburt hatte ich wieder vollstes Vertrauen in mich und meinen Körper und das hat sich gelohnt. Joep wird großer Bruder :)

NOCH 1 TIPP: So schwer es euch auch fällt, macht nicht den Fehler den ich gemacht habe. Ich habe mit jedem darüber geredet dass wir es wieder versuchen und jeden Monat fragten mich irgendwelche Menschen ob es denn schon geklappt hat. Gut gemeint aber auch so lästig. Man denkt gerade selbst nicht dran und dann wird man wieder gefragt. Und als ich schwanger war wollte ich es erstmal keinem erzählen aber Menschen wussten dass wir es versuchten also log ich sie an. Diesen Zyklus bekomme ich keine Hormone, es kann noch Wochen dauern bis ich meine Periode nach der Fehlgeburt bekomme meinte die Gynäkologin. Erst dann fangen wir wieder an mit Hormonen. Im Februar sagte ich dann jedem dass sich im Moment alles um Joep dreht und wir gar nicht an Babys machen denken.... Ich wollte noch nicht dass die Welt weiß dass ich schwanger bin weil ich es selbst noch nicht realisierte. Ich brauchte Zeit für mich, um mich an diesen Gedanken zu gewöhnen.

19.03.2017

Wird Joep bald grosser Bruder?

Im Moment sieht alles danach aus dass unser Wunsch im Oktober Wirklichkeit wird.

Etwas in mir weigert sich diesen Eintrag  'Joep wird grosser Bruder' zu nennen. Ich hoffe dass dieses Mal alles gut geht und dass wir im Oktober ein gesundes, vor allem aber lebendes Kind bekommen. In meinem Bauch wächst ein Geschwisterchen, Joep wird grosser Bruder aber das Vertrauen dass diesmal alles gut gehen kann muss noch wachsen, genau wie das Baby.

Ich freue mich über Pietje. So nennen wir das Baby bis wir wissen was es wird und es einen echten Namen bekommt. Pietje gibt mir Hoffnung dass wir es wirklich schaffen können, das wir wirklich wieder glücklich werden können.

Aber jetzt ist alles noch ganz frisch und komisch. Ich fühle mich noch nicht schwanger, ich fühle mich müde, kränklich, psychisch am Ende meiner Kräfte.

Anstatt dass jetzt alles einfacher wird ist alles schwerer geworden. Ich hatte so gehofft dass eine Schwangerschaft meine Welt etwas besser, mein Leben etwas einfacher macht aber die ersten Wochen war alles einfach nur extra schwer. Anstatt extra Freude in meinem Leben gibt es extra Ängste und Sorgen. Ich hatte gerade erst eine Fehlgeburt, Joep ist tot. Natürlich habe ich Angst, natürlich ist es schwer und traue ich mich nicht mich zu freuen. Ich war naiv, ich habe gehofft anstatt realistisch zu sein...

Ich traue mich nicht mich zu freuen. Manchmal freue ich mich kurz aber dann ist die Angst wieder da. Oft scheint die Schwangerschaft aus meinen Gedanken verdrängt zu sein, dann ist mir wieder übel oder hab ich Bauchweh und dann fällt es mir wieder ein. Dann schäme ich mich dass ich an dem Tag kaum an Pietje gedacht habe. Aber mein Kopf scheint mich schützen zu wollen... Wenn ich mich richtig drauf einlasse kann es wieder so weh tun.

Das alles ist okay für mich. Ich tue 100% was ich tun muss für Pietje. Ich schone mich, höre auf meinen Körper und langsam kommt die Neuigkeit auch in unseren Köpfen an. Wir bekommen wieder ein Kind. Und das Kind verdient dass ich mein bestes gebe, dieses Kind braucht jetzt noch nichts außer einer gesunden Mama. Und wenn ich erst genießen kann wenn Pietje in unseren Armen liegt ist das auch okay für mich. Diese Schwangerschaft muss ich nicht genießen, das einzige was ich von mir aus muss ist alles richtig machen, keine Risikos eingehen und offen sein für alles was kommt. Ich darf diese Schwangerschaft genießen, aber wenn ich es nicht kann, dann ist das okay.

Joep wird großer Bruder.
Ich bin jetzt 12 Wochen schwanger. Nach der Fehlgeburt im Dezember hat es sofort wieder geklappt. Ich habe im Januar keine Hormone für den Eisprung bekommen und trotzdem bin ich schwanger geworden. Wir hatten schon ein paar Untersuchungen und beim letzten Ultraschall konnten wir Pietje schon richtig erkennen, das Näschen ist deutlich zu sehen. Arme und Beine strampelten lustig vor sich hin. Aus dem kleinen Knubbel ist in nur 1 Monat ein kleiner Mensch geworden.

Es ist noch zu früh um über Ähnlichkeiten zu sprechen aber ich sah Joeps Beine und Nase... Rene sah es auch. Es sind halt Geschwister, wir sind sehr gespannt wie ähnlich sich die beiden sein werden. Und ob Joep einen Bruder oder eine Schwester bekommt.

Aber alles was ich will ist dass das Kind glücklich werden kann. Etwas was Joep nicht konnte...

Erst dann hoffe ich auf ein gesundes Kind. Erst dann hoffe ich dass es ein Junge ist so dass Joeps Kleidung endlich getragen werden  kann... Damit ich nicht alles ungetragen aus seiner Kommode holen muss um Platz zu machen für Mädchensachen. Erst dann hoffe ich dass Pietje klug und hübsch ist... All diese Sachen sind mir so egal. All diese Sachen waren mir so wichtig bei Joep.

Diese Schwangerschaft wird extra gut überwacht und ich habe das Gefühl im guten Händen zu sein. Das gibt eine innere Ruhe die wichtig für mich ist und ich hoffe dass ich Recht habe, dass wir wirklich in guten Händen sind. Dass Pietje alles bekommt was er/sie braucht... Dass Pietje glücklich werden kann. Die nächsten Untersuchungen werden sehr spannend, denn dann erfahren wir ob Pietje gesund ist. Aber so ganz sicher kann man sich nie sein...

Joep passt gut auf Pietje auf, da sind wir uns sicher. Joep ist sicher ein sehr stolzer grosser Bruder!

15.03.2017

13 Monate

Lieber Joep,

Heute ist wieder der 15. Zum 13. Mal seitdem du geboren wurdest. Was vor 13 Monaten anfing als der schönste Tag meines Lebens ist in den letzten Monaten zu einem besonderen Tag geworden. So anders als ich es mir vorgestellt habe.

Joep du solltest jetzt laufen können, Zähne habe, brabbeln, Mama und Papa sagen, du solltest alles essen und ich bin mir sicher dir hätte alles geschmeckt. Genau wie Papa. Du solltest spielen und lachen, ganz laut lachen und frech sein und ausstrahlen was du hättest werden sollen, dass du der glücklichste kleine Junge auf der Welt bist.

Aber all das hast du nicht gelernt, all das konnten wir dir nicht zeigen. Statt dessen hast du gelernt Regenbögen zu machen und uns Zeichen zu schicken.

Und du hast uns so viel beigebracht. Mama und Papa wussten nicht Mal was Trauer bedeutet, dass es wohl nur ein anderes Wort für unendliche Liebe ist. Denn unendliche Liebe, die hast du uns gezeigt.

Im letzten Jahr haben wir so viel gelernt Schatz! So viel über Trauer und Verlust und Eltern sein von einem Kind das gestorben ist. Wir haben gelernt dass alle Gefühle okay sind, auch wenn sie uns erschrecken weil sie eigentlich nicht zu uns passen. Wir haben gelernt dass wir uns nicht verstellen müssen und weinen dürfen wann und wo wir wollen. Ich habe gelernt dass es egal ist was die anderen denken. Sollen sie doch denken, keiner der mich sieht denk dass du tot bist.

13 Monate Joep, das bedeutet dass ich dich schon fast 13 Monate lang vermisse und das tut weh. Noch immer, jeden Tag.

Auch heute bin ich an deinem Grab. Der 15. ist ein wichtiger Tag, ich habe noch keinen verpasst. Sogar den Urlaub hab ich dieses Jahr so gebucht dass ich am 15. hier sein kann, an deinem Grab sitzen kann.

Joep wir lieben dich, für immer und immer!

08.03.2017

Ja Imke, du redest gerne darüber aber da ist ja jeder anders...

Heute war es wieder soweit, ich weiss nicht wie oft ich es im letzten Jahr gehört habe...

Wenn ich erzähle dass es mich verletzt wenn Leute tun als ob es nie passiert ist, als ob alles noch OK und beim alten ist, dann bekomme ich immer die gleiche Antwort. Jeder scheint vollstes Verständnis für die Menschen zu haben die mir aus purem Egoismus und Mangel an Charakter weh tun. Ja ich sage Egoismus denn das ist es für mich, all die Menschen die sich für den leichten Weg entscheiden und das nur weil es für sie einfacher ist. Was ist es denn wenn es kein Egoismus ist? Sie haben Angst mich weinen zu sehen, Angst vor dem Blick in meine Seele, davor den Schmerz zu sehen und dadurch kurz einen Hauch von dem zu erleben womit ich doch jeden Tag lebe... Und ich finde es egoistisch denn ich muss jeden Tag mit diesem Gefühl leben und diese Menschen machen es für mich schlimmer anstatt mir zu helfen indem sie aufrichtig fragen wie es mir geht und mich erzählen lassen. Das schlimmste Gefühl dass man mir geben kann ist dass Joep nicht dazu gehört... Wenn jemand ihn verschweigt und dem Thema ausweicht, dass bricht es mein Mutterherz. Wetten diese Menschen hätten alle wohl nach Joep gefragt wenn er leben würde denke ich dann, aber jetzt tun sie als ob es nie passiert ist.

Und JEDER scheint so ein Verständnis für sie zu haben, jeder scheint das Gefühl zu haben mir erklären zu müssen warum sie so sind und immer und immer wieder erkläre ich dass ihre Ansicht falsch ist. Dass die Menschen es eben nicht nur gut meinen und darum nichts sagen. Wenn sie es gut mit mir meinen würden dann würden sie mich fragen was ich will und was ich brauche und danach handeln.

Heute war es wieder so weit, eine Frau mit der ich vorher nie über Joep geredet habe (und auch heute fragte sie nicht nach Joep als ich erzählte dass ich es schwer finde Menschen das erste Mal wieder zu sehen, vor allem Menschen die mich verletzt haben indem sie sich nicht meldeten nachdem Joep gestorben ist... Nein es ging innerhalb von wenigen Minuten nur noch um ihre Probleme und die ja so viel schlimmer sind...  Da kann ich mir nur an den Kopf fassen, wie kannst DU MIR sagen du hast nichts mehr obwohl du doch ein gesundes Kind hast...) erklärte mir also warum Menschen so reagieren, warum sie nichts sagen.

Ja Imke, du redest gerne darüber aber da ist ja auch jeder anders. Andere reden nicht gerne darüber, die Menschen wissen einfach nicht was richtig ist. Und da war es dann, ich war die ganze Zeit schon so frustriert von ihrer Ignoranz aber das war mir zu viel.... Ich kenne KEINE Mutter die nicht über ihr verstorbenes Kind reden will. Keine Mutter habe ich je mit so viel Liebe und Stolz über ihre Kinder reden hören wie uns. Die Liebe und der Stolz ist alles was wir noch haben und das strahlen wir auch aus.

Aber warum bilden sich Menschen ein wir wollten nicht darüber reden? Warum? Weil die meisten Menschen einfach sozial total unfähig sind und ihr unfähiges Verhalten hiermit versuchen zu entschuldigen.

Aber ich akzeptiere es einfach nicht mehr. Nein ihr habt Unrecht. Mir weh zu tun wo doch alles schon so weh tut... Wie könnt ihr es wagen? Auf jemandem der am Boden liegt tritt man nicht ein.

Warum kann sich die Menschheit nicht einfach 5% mehr Mühe geben um sich ein zu leben... Aber das ist zu viel verlangt.

Immer denken alle es zu verstehen. Auch das wurde mir zu oft gesagt... Ich verstehe dich so gut Imke. Nein du verstehst nichts, NICHTS! Manchmal wünschte ich mir dass die ganze Welt mitmachen muss was ich mitmache, einfach damit Menschen mich verstehen. Würde jeder Mensch einmal im Leben diesen Schmerz fühlen, nur für eine Woche... Mein Leben wäre einfacher weil man mich verstehen würde.

Ich rechtfertige mich jetzt seit einem Jahr und langsam werde ich müde. Es frustriert mich. Ich will die Welt verbessern und es jedem erklären. Aber die Frau heute wollte mir ja nicht mal zuhören, sie hörte nicht was ich sagte... Und es macht mich sauer und er verletzt mich aber gleichzeitig habe ich auch Mitleid mit ihr. Wenn eine Scheidung für sie schlimmer ist als dass Joep tot ist... Dann denke ich doch sie hat ganz andere Probleme. Mit so einer Einstellung hätte ich es nicht geschafft heute zu sein wo ich bin.... Wenn sie wirklich denkt dass sie nichts mehr hat nur weil sie geschieden ist, ich kann es nicht nach vollziehen.

Und noch etwas: Wenn ich weine will ich nicht dass ihr fragt ob wir das Thema wechseln sollen, und schon gar nicht dass ihr es trotzdem einfach wechselt wenn ich nein sage.  Lasst mich um Joep weinen so viel ich will und wann ich will. Manchmal überfällt es mich und muss es raus. Joep verdient jede Träne und jedes Lächeln und jeden Gedanken!

Hoffentlich konnte ich meiner Frustration hiermit ein wenig Luft machen...