19.03.2018

Heute hasse ich einfach jeden der mich nicht versteht

Heute bin ich so wütend. Auf alles und jeden. Auf mich, mein Leben und wahrscheinlich auch auf dich. Weil du das Glück hast nur zu lesen. Nicht zu fühlen was ich gerade fühle.

Auf mich weil es mein Leben ist. Weil ich gerade nicht weiss wer ich bin. Weil ich meine Grenzen nicht kenne. Weil ich kein Mitleid mit den scheiss Problemen der Anderen habe die kein Kind verloren haben. Weil all diese Probleme für mich so einfach zu lösen sind aber Joeps Tod ist endgültig. Daran kann man nichts ändern. 

Ich will kein Verständnis haben für all die Verletzungen mit denen ich leben muss. Das Joep euch zu sehr runter zieht, ich nicht über ihn reden darf... Ich will euch nicht in meinen Leben. Heute nicht wo es mir so schlecht geht aber den scheinheiligen Scheiss brauche ich auch morgen nicht. 

Ich möchte mit niemanden lachen der nicht mit mir weinen kann. 

Das zieht dich zu sehr runter... Ehrlich? Wie soll es mir denn gehen. Ich kann nicht einfach tun als sei das nie passiert und mich selbst bemitleiden weil meine Probleme ja sowieso schon schwer genug sind. Ehrlich. Tausche eine Stunde mit mir und du lachst dich selbst aus... Das du dachtest du hast Probleme.

Heute bin ich so wütend und überfordert. Mit allem. Auf jeden. Auf die Welt die sich weiter dreht. Auf das Leben und den Tod. Darauf das wir nie komplett sein werden. Das Joep immer fehlt.

Und dann soll ich mich um meine Alltagssorgen sorgen... Kein Wunder das ich meine eigenen Probleme nicht erkenne wo sie im Vergleich doch so nichtig sind. Da wird Joeps Bruder ein ernstes Schlaf- und Essproblem bescheinigt und ich kann nur denken das doch trotzdem alles super ist. Er lebt, er ist glücklich. Ja er schläft nur bei mir, trinkt nicht aus der Flasche aber er ist doch noch kein halbes Jahr. Das ist doch normal?

Dann schiebe ich das Problem ab aufs Land. Das hier jede Mutter wieder arbeiten muss sobald das Kind 3 Monate ist. In Deutschland würde niemand auf die Idee kommen zu sagen wir haben ein Problem, oder?

Oder verschließe ich die Augen vor unserem Problem? Alle anderen Kinder hier haben diese Probleme nicht. Können in die Kita. Ich muss eigentlich wieder arbeiten aber das geht nicht. Nicht wenn L. nichts isst ausser an meiner Brust ... Und die Sorgen darum sind sehr wohl da. Die Lösung ist so einfach. Zuhause bleiben. Und doch will ich funktionieren, den Erwartungen der Gesellschaft gerecht werden. Und dieser Druck, zusammen mit der Trauer... Wann wird mir das zu viel? Ein Kind das nicht schläft und schwierig isst, wie lange kann ich das neben der Arbeit schaffen? Tage, Wochen? Ich schaffe es nicht lange, da bin ich mir sicher. Die andere Lösung, wahrscheinlich die bessere, ist Hilfe suchen. Jemand der uns dabei hilft einen richtigen Rhythmus für Joeps Bruder  auf zu bauen. Der uns dabei hilft ihn aus der Flasche trinken zu lassen. Diese Hilfe haben wir jetzt. Denn ja, das Problem scheint viel größer zu sein als ich wahr haben will. Und auch das hasse ich. Ich darf nicht für Joep sorgen. Jetzt will ich die beste Mama für Joeps Bruder sein aber ich bin zu blöd mein Kind tagsüber schlafen zu lassen... Zu blöd ihn aus der Flasche trinken zu lassen. L.'s Wille ist definitiv stärker als meiner. Und ich liebe das an ihm. Er weiss was er will, mein Sohn.




10.03.2018

Jetzt bist du wieder so weit weg

Mein liebster schönster Joep!

Ich hatte Angst vor deiner Woche, deinem Geburtstag, all den Gefühlen die ich wieder fühlen würde, so schmerzhaft. Aber jetzt wo deine Woche schon wieder 2 Wochen vorbei ist vermisse ich sie. Ich vermisse dich, deine Zeichen, deine Nähe. 

Ich fühlte dich bei mir, jede Minute dieser Woche. Das ist nicht immer so aber in deiner Woche ist es so und ich kann dir sagen das ist das Schönste was es gibt. Dann fühle ich mich nicht mehr wie ein halber Mensch sondern wie ein dreiviertel Mensch. Du fehlst, du fehlst immer aber manchmal spüre ich das du bei mir bist und dann geht es mir besser. Manchmal brauche ich es einfach ganz viel an dich zu denken und in meinem Kopf in die Zeitmaschine zu steigen mit der meine Gedanken zurück in die Zeit in der du bei uns warst fliegen. Dann kann ich dich fast wieder riechen, dann weiß ich genau wie du auf mir lagst, dann streichel ich noch einmal vorsichtig deinen Kopf und drücke dich ganz sanft etwas fester an mich. Dann schlinge ich meine Arme um dich und will dich beschützen, will das du überlebst und ich dich glücklich machen darf. Die Liebe die ich für dich empfinde ist dann so pur. Dann laufen die Tränen und es sind Tränen des Glückes und des Vermissens. Tränen der Liebe. Dann wünsche ich mir nichts mehr als noch einmal deine weichen Füße zu berühren.

Aber Fakt ist so nah bist du mir nicht mehr oft und ich vermisse es. Ich werde gelebt und habe keine Zeit so in mich zu gehen und dich so nah zu spüren. Diese Gefühle bewusst auf zu rufen, das tue ich nie. Ich weiss das sie von selbst kommen. Es ist wie mit Ebbe und Flut. Gerade haben wir Ebbe, mit den Füßen stehe ich im Sand, das Meer rauscht vor mir. Die Sonne scheint warm auf mich und es geht mir gut. Ich genieße den Tag am Meer, schreibe deinen Namen in den Sand. Aber ich laufe nicht ins Wasser um mich ab zu kühlen. Das geht nicht, ich bleibe stehen wo ich bin. Langsam kommt das Wasser und ich stehe mit den Füßen im Wasser. Und ich warte, warte auf die Flut der Traurigkeit, warte auf die Wellen die mich mitreißen wollen. Ich lasse mich nie ganz mitreißen... ich will nicht ertrinken. Und dann irgendwann geht die Flut wieder und ich stehe da, nass und erschüttert. Fühle so gut was alles nicht stimmt in meinem Leben. Wo ich mir gerade noch wünschte das die Flut endlich verschwindet weil ich nicht mehr wusste wie lange ich noch stehen bleiben kann vermisse ich sie weil dieses Gefühl zu kämpfen doch zu dir gehört. Weil du doch auch die Flut bist. Du bist Ebbe und Flut Joep. Aber nie ist es gut. In der Ebbe vermisse ich das ich dich nicht überall um mich rum fühlen kann. Vermisse ich es das das Atmen so weh tut. Dann schreibe ich deinen Namen in den Sand und versuche die Sonne zu genießen. Wissend das du auch jetzt bei mir bist. Das nicht nur das kalte Wasser Joep ist sondern auch die Sonnenstrahlen die mich kitzeln.

Aber egal ob Ebbe oder Flut. Richtig bei mir bist du nie und das ist das Problem.

Ob unsere Waschlappen jetzt wohl auch schwanger wären? Im April ihre 100 Duplosteinbabys bekommen? So wie die von A. und Le.? Hättest du deine Tante auch anrufen wollen um es ihr stolz zu zeigen? Hättest du dabei genauso gestrahlt wie dein Cousin?