30.12.2016

Fehlgeburt

Im Urlaub und über Weihnachten hatte ich eine Fehlgeburt.
Bevor wir in Urlaub gefahren sind hatte ich schon eine Blutung und ich dachte dass der Zyklus wieder nicht OK war. Es war viel zu früh um meine Tage zu bekommen und es frustrierte mich dass scheinbar noch immer nichts OK war mit meinem Körper und ich wieder einen Zyklus verpasst hatte und im Nachhinein die Gewissheit hatte dass ich gar nicht schwanger werden konnte im Dezember. Es macht mich fertig dass die leise Hoffnung auf einen guten Zyklus wieder zerschlagen worden war und das so kurz vorm Urlaub.

Meine Angst nicht schwanger werden zu können die mich schon seit Monaten verfolgt war natürlich wieder da. Ich hatte die letzen Monate trotz 2 guter Zyklen in denen wir auch eine echt Chance hatten einfach keine Hoffnung mehr. Und jetzt fuhr ich also mit einer Blutung in Urlaub und ärgerte mich darüber dass ich nicht zum Arzt konnte und mir wahrscheinlich wieder niemand erklären kann was denn los ist.

Bevor ich wieder mit meinen Medikamenten anfing in dem neuen Zyklus wollte ich zur Sicherheit doch einen Schwangerschaftstest machen. Bei Joep hatte ich auch 4 Tage eine Blutung also wollte ich auf Nummer sicher gehen auch wenn es eigentlich keine Hoffnung gab, aber ich werde immer auf Nummer sicher gehen und in der nächsten Schwangerschaft alles richtig machen. Ich machte am 20. Dezember ganz früh einen Test und ging ohne auf das Ergebnis zu warten wieder ins Bett. Einige Zeit später stand Rene auf und ging ins Badezimmer und ich sagte ihm er solle eben gucken. Er machte das Licht an aber seine Augen mussten sich noch ans Licht gewöhnen. Er sah einfach gar nichts und sagte verärgert wie er denn bitte etwas sehen soll bei dem Licht. Im Halbschlaf rief ich dass er es lassen soll. Wenn er nichts sieht dann ist da auch nichts. Doch dann sagte er 'aber ich seh was'. Ich sprang so schnell aus meinem Bett wie ich konnte, selbst überrascht wie wach ich augenblicklich war. Ich lief ins Badezimmer, nahm ihm den Test aus der Hand und tatsächlich: 2 Streifen. Nur ganz leicht aber es war definitiv ein zweiter Streifen. Ein bisschen schwanger gibt es nicht, positiv ist positiv und für den Bruchteil einer Sekunde war ich richtig glücklich. Rene und ich waren richtig glücklich. Zum ersten Mal seit Joep gestorben ist waren wir wieder glücklich.

Aber sofort dachte ich auch an die Blutung. Bei Joep hatte die Blutung zu dieser Zeit in Zyklus schon lange aufgehört. Bei Joep war der Test am gleichen Tag viel stärker positiv. Sofort machte ich mir auch Sorgen. Schon am Flughafen hatte ich zu Rene gesagt dass es auch eine Fehlgeburt sein kann, dass das der Grund sein kann für die Blutung. Und auch jetzt dachte ich wieder daran dass es eine Fehlgeburt sein könnte.

Ab jetzt war der Urlaub eine Mischung aus Hoffnung und Angst. Zeitweise machten wir schon Pläne für das Baby, dann dachten wir wieder dass es nicht geklappt hat. 2 Tage später machten wir noch einen Test und der war Test etwas deutlicher positiv aber auch meine Blutung war inzwischen stärker. Es gab uns wieder etwas mehr Mut. Wenn das HCG in meinem Körper noch steigt dann weil das Baby noch lebte. Aber HCG im Urin hinkt dem im Blut 2 Tage nach also bedeutete das nur dass vor 2 Tagen noch alles in Ordnung war. Beim 1. Test war ich also noch sicher schwanger.

Wir gingen ins Krankenhaus auf Teneriffa in der Hoffnung dass man uns die Angst nehmen kann. Sowas hätten wir bei Joep nie gemacht. Wir waren nie so ungeduldig und hatten immer Vertrauen, aber diesmal dachten wir dass es uns helfen kann den Urlaub besser zu genießen. Der Arzt sah bei 4+1 Wochen noch gar nichts auf dem Ultraschall. Wir gingen raus und ich war einfach nur traurig. Ich dachte das wars, man sieht nichts... Man sollte doch wenigstens etwas sehen? Der Arzt meinte dass es noch zu früh war um etwas zu sehen aber ich dachte es besser zu wissen. Rene hatte nach dem Gespräch wieder Mut. Der Arzt sprach Englisch mit sehr starkem Akzent und war nicht wirklich gut zu verstehen. Renes Positivität steckte mich an und meine Hoffnung kam langsam zurück. Die Blutung stoppte aber nicht und jeden Tag die sie länger dauerte schwand unsere Hoffnung wieder.
Ich bekam langsam aber sicher Schwangerschaftssanzeichen. Ich schlief viel und mir war schlecht wenn ich nicht regelmäßig ass. Einen Morgen gingen wir nach dem Frühstück wieder aufs Zimmer weil mir schlecht war. Auch das gab uns Mut aber diese Wehwehchen wurden auch immer weniger und ich bekam eine Erkältung. Rene schlief auch so viel im Urlaub und ich fragte mich ob es überhaupt Anzeichen waren?

Als wir aus dem Urlaub kamen hatte ich am 28. Dezember einen Termin im Krankenhaus. Die Blutung war noch immer stark und ich hatte wenig Hoffnung. Auf dem Ultraschall sah man schon wieder viel zu wenig. Sie konnten etwas erahnen aber man sah nicht was man sehen sollte bei genau 5 Wochen. Ich lag da und weinte, es fühlte sich an als ob meine Ängste schon bestätigt wurden bevor man es mir sagte. Wir ließen mein Blut untersuchen auf HCG, wenn das HCG in meinem Blut noch steigt war alles gut aber nachmittags bekam ich eine E-Mail dass das HCG schon wieder so niedrig war dass es fast auf meinen Körper raus ist. Ich musste jetzt einfach abwarten bis die Blutung aufhören. Ich hatte sicher eine Fehlgeburt. Ich war alleine zuhause, Rene musste arbeiten und ich wusste nicht was ich fühlen sollte. Bis heute weiss ich es nicht.

Es fühlt sich nicht an als ob wir noch ein Kind verloren haben, dieses Leben war viel zu kurz, das Herzchen schlug nur wenige Tage in meinem Bauch. Wir hatten noch keine Pläne für dieses Kind. Nur das starke Gefühl dass es wieder ein Junge war und den Wunsch dass er bei uns blieb. Das Gefühl was ich jetzt habe ist eine Mischung aus Hoffnung und Schmerz. Ich kann also wieder Schwanger werden. Meine Ängste nie wieder schwanger zu werden sind momentan weg. Ein sicheres Gefühl dass wir 2017 wieder Eltern werden ist dafür gekommen. Aber das Gefühl dass unser Leben so unfassbar ungerecht ist ist nochmal stärker geworden. Wir können nichts planen. Unser Leben macht was es will. Erst stirbt Joep, dann kann ich ohne Hilfe und Hormone nicht mehr schwanger werden und dann bin ich endlich schwanger und habe ich eine frühe Fehlgeburt. Immer wenn ich denke noch schlimmer kann es gar nicht werden scheint mein Leben mit stolz zu zeigen dass es natürlich noch etwas für mich in petto hat.

Irgendwie kann ich es alles überleben. Zusammen mit Rene schaffe ich es alles aber ich kann es nur weil ich es muss. Ich muss überleben. Ich habe nie gewollt das alles zu überstehen aber jetzt muss ich es und ich tue was ich tun muss.

27.12.2016

2016 - Joeps Jahr geht vorbei...

2016 ist Joeps Jahr. Das ganze Jahr stand für uns im Zeichen von Joep. Es begann mit dem Abschied auf der Arbeit und den 5 Wochen zuhause in denen ich auf die Geburt wartete. Ich war so glücklich und konnte es kaum erwarten. Am liebsten wollte ich dass er ein paar Wochen zu früh kommt, ich wollte unbedingt sein Gesicht sehen. Mit 37 Wochen hätte er geboren werden dürfen, er war fertig, wir waren bereit. Aber Joep ließ sich Zeit, zum Glück. Er schenkte uns diese extra Woche und wurde erst mit genau 41 Wochen Schwangerschaft geboren.

Ich habe so viel von Joep gelernt. Ich habe gelernt wie stark ich lieben kann, dass mein Kind wirklich das aller Schönste für mich ist. Ich habe Kräfte gehabt von denen ich nicht wusste dass ich sie habe. Ich habe um Joep gekämpft wie eine Löwin. Ich sass an seinem Bett und habe mich nicht geschont nach der Geburt. Ich brauchte keine Ruhe. Joep brauchte mich und ich war für ihn da. Ich habe in dieser Woche so viel gelernt. Ich habe meinen Sohn kennen gelernt, ich habe gelernt dass Liebe stärker ist als der Tod.

2016 fing für mich perfekt an. Hochschwanger drehte sich natürlich alles um Joep. Ich konnte mich nicht bewegen ohne ihn zu spüren. Aufstehen ging kaum noch. Ich habe gelernt dass eine Geburt das schönste ist was es auf der Welt gibt, dass all die Horrorgeschichten vor denen ich nie Angst hatte die extremen Ausnahme Situationen sind. Die schönen Geschichten sollten viel mehr erzählt werden.

Und dann starb Joep und zum ersten mal in meinem Leben habe ich erfahren was Trauer eigentlich bedeutet. Zum ersten Mal in meinem Leben habe ich erfahren wie es sich anfühlt richtig traurig zu sein. Wie es ist wenn man so traurig ist dass einem das Leben nicht mehr lebenswert erscheint. Ich weiß jetzt wie es sich anfühlt um zu leben nur des Lebens wegen und nicht weil man es möchte. Ich weiß wie sich ein Leben ohne Glück anfühlt. Ich habe lernen müssen Menschen die ich liebe vor den Kopf zu stoßen weil ich keine Nähe mehr ertragen konnte. Ich habe gelernt mich in der Vordergrund zu stellen und dafür zu sorgen dass Menschen mir nicht mehr die so kostbare Energie rauben.

Ich habe gelernt dass trauern so viel mehr ist als ich dachte. Ich habe gelernt, dass man jeden Tag an sein verstorbenes geliebtes Kind denkt. Jeden Tag Stunden lang. Ich habe gelernt dass das Leben nicht gut ist. Mein Leben ist momentan schlecht und ich habe gelernt damit um zu gehen. Erst stirbt mein Baby und dann werde ich nicht mehr schwanger. Es ist wie ein schlechter Film.

Dieses Jahr gab es keinen Tag an dem ich nicht an Joep gedacht habe. Er war immer in meinem Kopf, immer. Jeden Tag habe ich über und mit ihm geredet. Ich habe gelernt dass es jede Menge Raum in meinem Leben für Joep gibt. Ich habe gelernt dass Menschen die ich mochte auf einmal keinen Teil meines Lebens ausmachen weil sie mich nicht verstehen wollen und mir nur weh tun und dann auch noch denken sie seien im Recht. Ich habe gelernt dass ich Dinge fühle die nicht zu mir passen. Aber das ist okay, ich darf alles fühlen was ich fühle weil es normal ist und dazu gehört, es ist okay anderen ihr Glück nicht zu gönnen weil ich es doch selbst viel mehr verdiene. Weil ich doch selbst ein gesundes Baby verdiene und ich in meiner Schwangerschaft alles richtig gemacht habe. Wir haben doch eine Eigentumswohnung, finanzielle Sicherheit, wir hatten doch alles. Joep war geplant und nicht ungewollt und er starb. Andere werden ungewollt schwanger und kümmern sich nicht um ihre Kinder. schreien sie in der Öffentlichkeit an, sind in meinen Augen schlechte Eltern, aber ihre Kinder leben.

Es ist Joeps Jahr und das Jahr ist fast vorbei. Nur noch wenige Tage und 2016 ist Vergangenheit. Und irgendwie fühlt es sich an wie ein Abschied von Joep. Es ist sein Jahr und es ist fast vorbei. Natürlich ist meine Trauer dann nicht vorbei aber ich habe Angst was die Welt dann von mir erwartet. Wenn ich sage letztes Jahr ist mein Sohn gestorben... das hört sich so viel weniger schlimm an als vor ein paar Monaten ist mein Sohn gestorben. Wie lange wird mein Umfeld noch Verständnis haben? Und wie werde ich auf Unverständnis reagieren?

Ich habe Angst vor 2017. Sollte ich gute Vorsätze haben? Alles was ich will ist ein Baby aber das kann man nicht planen. Kinder sind ein Geschenk, großes Glück und ob ich dieses Glück wieder haben darf weiß ich nicht? Bedeutet ein positiver Schwangerschaftstest denn dass ich auch ein gesundes Kind mit nach Hause nehmen darf? Die Gefahr ist doch so groß dass er das nicht bedeutet. Viel grösser als die Chance dass Joep sterben würde als er doch so fit geboren wurde.

Ich habe Wünsche für 2017, keine Vorsätze. Ich wünsche mir dass es mir wieder etwas besser geht, dass Joep immer so nah bei mir ist wie in 2016. Ich wünsche dass meine Umgebung weiterhin Verständnis für mich hat. Ich wünsche mir dass wenn ich wieder schwanger werden darf ich auch ein gesunder Baby bekommen werde. Ich wünsche mir dass eine erneute Schwangerschaft tatsächlich wieder Glück in unser Leben bringt. Ich wünsche mir dass ich die Welt ein klein wenig besser machen kann indem ich anderen Menschen helfe. Ich wünsche mir dass ich meine Versprechen die ich Joep gegenüber gemacht habe halten kann. Es sind Wünsche aber ich traue mich nicht zu hoffen dass sie in Erfüllung gehen. Ich habe das Vertrauen ins Leben verloren. Ja vielleicht wünsche ich mir sogar dass ich dieses Vertrauen wieder finden kann. Vielleicht noch nicht in 2017 aber irgendwann... Und ich hoffe dass ich alles Gute was ich jetzt noch habe für immer behalten kann, ich wünsche mir dass 2017 nicht noch schlimmer wird als 2016. Denn auch das lese ich, dass das zweite Jahr noch schlimmer ist als das Erste.

2016 ist Joeps Jahr. Joep hat es zum schönsten und traurigsten Jahr meines Lebens gemacht. Ich habe so viele liebevolle Erinnerungen und wunderschöne Momente die ich nie vergessen werde. Und so viel traurige Momente die auch immer dazu gehören werden.

Egal welches Jahr wir schreiben, meine Liebe für Joep wird immer groß sein! Ich wünsche mir dass Joep nicht vergessen wird. Ich wünsche mir dass Menschen an Joeps Geburtstag denken und uns wissen lassen dass sie an ihn denken. Das tut uns so gut und ist so wichtig für uns. Ich wünsche mir dass Joep niemals vergessen wird und sein Name immer genannt wird, dass er nicht nur für uns immer dazu gehört.

Erste Weihnachten ohne Joep

Es ist Weihnachten und es ist alles so anders als es sein sollte. Vor einem Jahr haben wir uns ausgemalt wie schön Weihnachten doch sein würde mit Joep. Die Kinder meiner Schwester waren gerade geboren worden und ich war hoch schwanger. Dieses Jahr sollten sie zusammen Geschenke auspacken, alle 3 ungefähr gleich groß. Die Jungs von meiner anderen Schwester sind jetzt fast 3 Jahre alt. 5 Kinder innerhalb von 2 Jahren... Weihnachten hätte ein großes Kinderfest werden sollen.
Und irgendwie ist es das ja jetzt auch noch. 4 Kinder unterm Weihnachtsbaum bei Oma und Opa. 4, nicht 5.

Auch meine Schwägerin hat dieses Jahr ein Kind bekommen und auch unter dem Weihnachtsbaum meiner Schwiegereltern liegt jetzt ein Baby das nicht unseres ist. Und jeder freut sich über diese Kinder, spielt mit ihnen, hält sie, stellt Fotos von sich und den Kindern online... Und genau das ist was so weh tut. Zu sehen wie jeder so glücklich ist wegen den kleinen Kindern und zu wissen dass niemand so glücklich ist weil er mit Joep spielt. Das Glück der anderen ist noch schmerzhafter wenn man sieht wie glücklich jeder über diese Kinder ist. Alleine mit den Kindern und ihren Eltern schaffe ich, aber sobald jemand anderes dabei ist tut es mir zu weh. Es tut zu weh zu sehen wie glücklich Omas, Opas, Tanten und Onkel sind wenn sie bei den Kindern sind. Das ist mehr als ich ertragen kann.

Der Gedanke an Weihnachten hat mir das ganze Jahr schon Angst gemacht... Wie sollen wir das schaffen? Anfangs hatten wir noch die Hoffnung dass ich mit dicken Bauch unterm Baum sitzen werde und es uns gut genug ginge aber im Laufe des Jahres wurde es jeden Monat deutlicher... Schwanger werden vor Weihnachten hat nicht geklappt. Stark genug sein um Weihnachten zu feiern auch nicht.

Immer wieder sagte ich zu Rene dass ich Weihnachten nicht feiern will. Irgendwann merkte auch Rene dass es für uns das Beste ist wenn wir nicht feiern. Seine Idee war in Urlaub zu fahren. Irgendwo hin wo es sich auch gar nicht anfühlt wie Weihnachten. Also haben wir vor ein paar Monaten eine Woche Teneriffa gebucht. Kein Urlaub auf den wir uns freuen konnten. Wir wussten wir fliehen vor Weihnachten. Wir wollen nichts von Weihnachten mitbekommen und darum flogen wir in Urlaub. 

Es war so komisch weg zu gehen. Schon morgens ging alles schief was schief gehen konnte. Um halb 7 mussten wir eigentlich schon getankt haben und unterwegs sein. Wir hatten vergessen einen Wecker zu stellen und um kurz nach 6 wurde ich wach und realisierte zum Glück sofort dass ich keinen Wecker gestellt hatte. Also gingen wir duschen, packten noch die letzten Sachen zusammen, vergassen unsere Brötchen im Ofen und fuhren ohne zu frühstücken um halb 7 los. 

Wir hatten am Vortag einen billigeren Parkplatz gebucht für den Urlaub so dass wir mit dem Auto fahren konnten. Von diesem Parkplatz aus sollten wir mit einem Bus zum Flughafen gebracht werden. Wir waren nur 5 Minuten zu spät an der Adresse zu der wir geschickt wurden aber dort konnten wir keinen Parkplatz finden. Wir fuhren eine Runde und fanden dann ganz klein doch noch ein Schild und wir dachten den richtigen Parkplatz gefunden zu haben. Wir sollten uns an der Intercom melden aber niemand antwortete. Wir riefen die Nummer an die neben der Intercom stand aber so früh Sonntag morgens ging auch niemand ans Telefon. Ich wollte schon zum Flughafen fahren und dort einfach parken als sich doch noch jemand meldete und die Schranke öffnete. 2 Minuten später sassen wir schon im Bus auf dem Weg zum Flughafen. Alles hatte geklappt, wir waren zeitig am Flughafen und sassen zeitig im Flieger.

Der Flug war komisch, schon am Flughafen war die Wartezeit sehr komisch. Ich wollte plötzlich nicht mehr weg. Weg von Joep, es fühlte sich falsch an. Warum sollte ich weg gehen? Weg von allem was mich doch mit Joep verbindet. Weg von seinem Grab, seinen Sachen? Ich hatte ein paar von seinen Sachen im Gepäck. Im Flugzeug sass ich mit Joeps Kissen im Arm und die Zeit verging von selbst. Wir waren müde, unfassbar erschöpft. Ich hatte Kopfschmerzen und als wir endlich im Hotel waren wollten wir eigentlich nur ins Bett. Aber wir hatten Hunger und mussten außerhalb etwas essen gehen. Außerdem hatten wir nichts zu trinken im Hotel und ich wollte endlich was gegen diese Kopfschmerzen nehmen, ich brauchte ein Glas Wasser. Also gingen wir sofort wieder raus und assen im Restaurant direkt gegenüber dem Hotel. 

Am nächsten Tag ging es uns wieder etwas besser aber es war kein Urlaub so wie es früher war. Das Gefühl von Flucht lag in der Luft. Wir waren nicht in Urlaub um die Insel zu erkunden, wir waren hier um kein Weihnachtsgefühl zu haben und abgesehen davon dass die Kirchenglocken jeden Tag mehrmals Weihnachtslieder spielten und überall Weihachtsbäume standen klappte das überraschend gut. Das Wetter war okay, es fühlte sich an wie Sommer und nicht wie Weihnachten. 

Der 23. war schwer für mich. Zum ersten Mal konnte ich an Joeps Todestag nicht an sein Grab, ihn nicht besuchen. Aber der Tag verging und war nicht viel schlimmer als andere. Der 24. war unser letzter kompletter Tag und wir hatten beschlossen einen Ausflug zu machen. Wir waren im Siam Park, ein großer Wasserpark und es machte uns wirklich Spaß. Auf den Wasserrutschbahnen sassen wir zusammen in Schwimmreifen und anstatt einfach so zu schreien fing ich an 'Ich liebe Joep' zu schreien und Rene schrie mit mir mit. Joep war bei uns, zu Hause feierte man Weihnachten aber wir verpassten Weihnachten und dachten kaum daran. Nachdem wir alle Rutschen versucht hatten waren wir sehr erschöpft. Es war kalt, trotz Neoprenanzug zu kalt und wir gingen Mittags wieder zurück. Wir fuhren mit dem Bus zum Strand um dort zu essen. Anfangs fühlte es sich an als ob die Tage gar nicht vergehen und plötzlich war unser Urlaub vorbei. Anfangs hatte ich Angst, wie wird es sein, so weit weg von zu Hause? Der Urlaub war besser als erwartet, es fühlte sich an wie Urlaub und nicht nur wie eine Flucht. Aber jetzt war der Urlaub vorbei und ich hatte Angst vor zu Hause. Wie wird es sein? Zu Hause fühlte sich immer sicher und richtig an aber jetzt hatte ich Angst davor wie es sich wohl anfühlt zu Hause zu sein wo die letzten Monate doch so viel Traurigkeit herrschte. 

Ich bin froh dass wir in Urlaub gefahren sind, es fühlte sich viel richtiger an als ich erwartet hatte. Rene und meine Beziehung war nie schlecht oder so etwas aber die letzten Monate hat Rene Vollzeit gearbeitet und war abends immer total erschöpft. Seit Monaten hatten wir kaum Zeit mehr für einander und wir vermissten diese Zeit mehr als uns bewusst war. Die Woche tat uns gut, endlich konnten wir uns erholen. Ich weinte auch im Urlaub um Joep, wir haben viel über Joep geredet, er war so anwesend. Wir hatten viel mehr Zeit über ihn zu reden und es tat gut.

In der letzten Nacht träumte Rene zum ersten mal von Joep. Joep sagte: "ich liebe dich Papi".

Am 25. flogen wir nach Hause und auch zu Hause fühlte sich einfach richtig an. Zu Hause angekommen bemerkte ich dass ich scheinbar vergessen hatte die Spülmaschine an zu stellen und alles war verschimmelt. Den Gefrierschrank hatte ich morgens nicht richtig zu gemacht als ich die Brötchen in den Backofen legte und der war total zugefroren und musste enttaut werden aber sonst war zu Hause alles in Ordnung. 


23.12.2016

Wo auch immer wir sind, du gehörst zu uns!

Wir sind das erste Mal zusammen weg, weit weg von dir. Zum ersten Mal kann ich am 23. nicht bei dir sein, nicht dein Grab versorgen, nicht tun was sich richtig anfühlt.

Wir sind weit weg, weg von deinen sterblichen Überresten, deinem kleinen Körper der schon lange nicht mehr perfekt schön ist. Morgen bist du schon 10 Monate tot und Mama und Papa sind weit weg. Aber du bist bei uns Schatz, wir haben dich mitgenommen. Mama und Papa sind mit dem Flugzeug durch dieWolken geflogen und irgendwo bist du auf deiner Wolke mit uns mit geflogen. In den Wolken waren wir uns so nah, obwohl du doch jede Minute weiter weg warst. Aber wir waren im Himmel, du bist im Himmel. Es fühlte sich nicht an als ob du weiter weg bist als sonst.

Wir sind nicht ohne dich in Urlaub gefahren, wir sind mit dir im Herzen und Erinnerungen an dich im Gepäck gefahren.

Auf dem Nachtisch steht dein Foto, liegen deine Hand und Fussabdrücke aus Silikon auf deiner Decke. Steht deine kleine Katze neben dem Bild von uns 3en. Auf dem Bett liegt das Kissen mit deinen Foto. Wir reden viel über dich und mit dir. Du bist immer dabei.

Gerade liege ich am Pool in der Sonne, Papa fühlt sich nicht gut, seit gestern Abend ist er krank und er braucht Zeit für sich also ist er im Zimmer. Ich liege hier und höre deine Lieder. Waar ter wereld we ook lopen, je blijft bestaan... Und das ist wirklich so lieber Joep. Ja wir können vor Weihnachten fliehen aber niemals vor dir. Das wollen wir auch gar nicht, du gehörst dazu. Für immer.

Wir sind in einer anderen Welt. Endlich den ganzen Tag wieder zusammen aber das macht die Trauer nicht einfacher. Es ist nicht besser hier. Das einzige was besser ist ist dass Papa mehr Zeit für Mama hat und er sich endlich erholen kann. Die letzten Monate Arbeiten waren einfach zu viel...

Schon vorm Urlaub störte mich die Frage schon ob wir uns denn auf den Urlaub freuen. Wenn jemand sagte er sei neidisch wollte ich ihn beschimpfen. Worauf neidisch? Wir fliehen vor Weihnachten weil wir es nicht aushalten. Niemand braucht neidisch auf uns zu sein, unser Leben ist nicht mehr zum neidisch sein. Nichts Materielles macht uns glücklich... Würden die Leute 5 Minuten fühlen was wir jeden Tag fühlen, niemand würde noch so leichtsinnig fragen ob wir uns auf etwas freuen, würde sagen dass er neidisch ist wenn er uns einen schönen Urlaub wünscht.

Coco besucht dein Grab während wir hier sind. Du bist auch zu Hause nicht alleine Schatz... Das gibt mir Ruhe und ein gutes Gefühl. Du bist nicht alleine, es sind noch genug Leute in deiner Nähe die dich lieben.

14.12.2016

Weltweiter Candle Lighting Day

Sonntag war world candle lightning day, ein Tag der vor ungefähr 20 Jahren ins Leben gerufen wurde um all unseren Kindern zu gedenken die nicht bei uns sein dürfen. Jedes Jahr am 2. Sonntag im Dezember ist World Candle Lightning Day und dieses Jahr waren wir zum ersten Mal dabei. Vor Joep wussten wir noch nicht mal dass es diesen Tag gibt.

In Holland wird dieser Tag in den meisten Gemeinden in Gruppen 'gefeiert' und man kann sich aussuchen ob und wohin man gehen möchte. Viele Mamas mit denen ich rede gehen an diesem Tag zu so einem Treffen, manche zünden auch nur zuhause eine Kerze an und stellen sie um 19 Uhr ins Fenster und denken an unsere Engel.

Der Friedhof auf dem Joep liegt organisiert jedes Jahr so ein Treffen für Eltern von verstorbenen Kindern, dabei ist es nicht wichtig wie alt das Kind war, es geht um den Verlust seines Kindes. Ich sah schon vor Monaten einen Aushang hierfür und wusste sofort dass ich gehen wollte, auch Rene wollte gehen. Im November bekamen wir außerdem einen Brief mit einer Einladung.

Auf dem Weg zum Friedhof liefen wir am Oliebollenkraam vorbei und sie verschenkten gerade die Reste des Abends bevor sie schlossen, wir bekamen also beide noch was Leckeres für unterwegs. Wir bedankten uns bei den Leuten und auf dem Weg zum Friedhof natürlich auch bei Joep, es war ein Geschenk von Joep, da waren wir uns sicher. Noch nie zuvor haben wir dort etwas geschenkt bekommen und sie stehen direkt neben dem Friedhof. Letzte Jahr standen sie nicht da und schon als wir sie dieses Jahr zum ersten mal sahen sagten wir dass es ein Geschenk von Joep ist. Ich esse so gerne Oliebollen und jetzt konnte ich sie immer ganz in der Nähe kaufen. Wir haben ein paar mal Oliebollen gekauft auf dem Weg zu Joep.

Wir sind extra etwas eher zum Friedhof gegangen weil wir erst noch zu Joep wollten. Von meiner Schwester hat er zu Weihnachten ein neues Stofftier für sein Grab bekommen und auch wir haben ihm ein Neues mitgebracht. Also bekam er zwei neue Stofftiere und wir haben alle Kerzen angezündet die auf seinem Grab stehen. Auch der kleine Junge der neben ihm liegt hat eine Kerze von uns bekommen. In meiner Vorstellung sind die beiden Freunde und ich wollte dass an diesem besonderen Tag an dem es doch um Kerzen geht auch für ihn eine Kerze brannte.

Wir gingen zurück zur Aula in der auch die Trauerfeier für Joep stattgefunden hat, mittlerweile leuchteten überall Kerzen, der Weg zur Aula war mit Kerzen und Fackeln erleuchtet, es war wirklich sehr schön. Wir wurden schon zuvor am Eingang des Friedhofes mit Handschlag empfangen und gefragt für wen wir kamen. Auch jetzt wurden wir wieder am Eingang der Aula gefragt für wen wir kamen, für Joep. Sie machte einen Hacken hinter seinen Namen, wir durften wieder seinen Namen nennen, etwas was wir nur so selten machen können, fast nie bei Leuten die uns und Joep nicht kennen. Alle Eltern nennen die Namen ihrer Kinder so oft aber Joeps

Bevor wir in die Aula gingen kamen wir in einen Warteraum, es war nicht der Raum in dem wir vor der Beerdigung mit Joep waren sonder der Raum an der anderen Seite in dem am 27. Februar auch alle Gäste für Joep empfangen wurde. Wir liefen also in den Warteraum und bekamen sofort etwas zu trinken angeboten. Und dann standen wir da, zwischen all den Leuten die wir nicht kannten, alle Sitzplätze waren besetzt, die einzige Ecke in die man sich stellen konnte war auch schon voll, wir mussten uns also in die Mitte des Raumes an einen grossen Tisch stellen wodurch wir immer jemandem den Rücken zukehrten. Wir fühlten uns verloren und waren viel jünger als alle anderen in dem Raum. Ich fühlte mich fehl am Platz, ich wollte und sollte hier nicht sein und trotzdem war ich genau dort wo ich hin gehörte. Niemand redete miteinander, nur mit ihren Partnern. Mit und mit füllte sich der Raum, neben älteren Menschen waren jetzt auch Kinder dabei und ich bemerkte plötzlich wie sich Erleichterung in mir breit machte. Es waren keine Babys oder dicken Bäuche da, etwas was für mich noch immer so konfrontierend und schmerzhaft ist. Auf der einen Seite war ich froh dass keine Schwangeren da waren, auf der anderen Seite dachte ich darüber nach was ich denn nächstes Jahr mache. Dann hoffe ich wieder ein Baby zu haben oder zumindest auch wieder schwanger zu sein, ob das anderen dann auch so weh tut? Aber ich werde gehen weil es dazu gehört, ich werde immer für Joep gehen und seine Geschwister werden mitkommen, es ist doch auch ihr Bruder.

Ein Mann kam zu uns, ein Sprecher wie sich heraus stellte und wir erzählten ihm von Joep. Er begleitete schon seit 40 Jahren trauernde Eltern und er schien uns zu verstehen, auch wenn er unseren Schmerz nicht kannte.

Nach einiger Zeit durften wir in die Aula, die 2. und 3. Reihen waren schnell besetzt, wir wollten nicht hinten sitzen also setzten wir uns ganz vorne in die erste Reihe. Rene wollte den Bildschirm gut sehen konnten also sassen wir auf den Plätzen auf denen wir auch bei Joeps Beerdigung sassen, die letzten freien Plätze vorne links. Neben uns sassen keine Eltern sondern Sprecher, Mitarbeiter und eine Sängerin. Irgendwie war es weniger heftig als ich dachte um wieder in diesem Raum zu sein, ich hatte keine Flashbacks oder so etwas obwohl ich mir wohl darüber im Klaren war dass Joep auch hier war, dass wo jetzt hinter uns eine Familie mit kleinem Kind sass vor fast 10 Monaten meine Schwester mit ihren Kindern sass.

Der Dienst war wirklich schön, vor uns stand ein Tisch mit Fotos, auch Joeps Foto stand dazwischen. Manche Fotos standen in einem Bilderrahmen, niemand hatte uns gesagt dass wir sein Foto in einem Rahmen mitnehmen sollten und ich fand es sehr Schade dass Joeps Foto nicht eingerahmt war. Nächstes Jahr wird es das wohl sein, dann weiß ich es besser. Der Tisch war voller Fotos, die meisten ohne Rahmen. Die Aula war voll, wie viele Menschen genau da waren weiß ich nicht aber es waren mindestens 50.

Es wurde gesungen und geredet. Zwischendurch wurden die Namen unserer Kinder genannt und durften die Eltern eine Kerze anzünden und vor das jeweilige Foto stellen.

Zuerst wurde das Lied 'precious child' gesungen, die Frau die das Lied gesungen hat war vermutlich eine ausgebildete Opernsängerin, zumindest hat sie unfassbar schön und gut gesungen. Meine Tränen liefen in Strömen, auch Rene weinte. Der Text des Liedes, die Art wie sie es sang und ihre Stimme waren so schön und so traurig.

Es wurde eine Rede gehalten von dem Mann mit dem wir schon zuvor geredet haben, er sagte ein paar Dinge die ich erkannte und die Rene und ich auch so empfinden, aber auch ein paar Dinge die wir nicht so erlebt haben. Jeder trauert anders sagt man und seine Beispiele waren der Beweis hierfür. Er sagte er hat in den Jahren gelernt dass man Trauende nicht therapieren kann, sondern dass man nur viel von Ihnen lernen kann und dass er seit Jahren immer mehr und immer wieder lernt und er sah uns dabei an. Ich fragte mich ob wir denn etwas gesagt haben was neu für ihn war, ob er auch von uns gelernt hatte. Seinem Ausdruck nach war das so. Er sagte außerdem dass das Wort 'verarbeiten' nicht richtig ist und das ist etwas dass ich auch schon oft gesagt habe. Verarbeiten hört sich an als ob ich aktiv etwas tun kann und wenn ich meine Arbeit gut mache dann ist danach alles wieder gut. Aber es wird nie wieder gut, Joep wird immer fehlen also ist das Wort 'verarbeiten' für mich nie genug, es ist so viel mehr als das. Aber was er dann sagte machte es nochmal deutlicher: Abfall wird verarbeitet aber sein Kind verarbeitet man nicht. BAM, ja dachte ich, das stimmt. Auf NL sagt man dass man dem Verlust einen Platz geben muss. Etwas was mich auch immer störte, was für einen Platz? Türe zu und fertig? Das stimmt auch nicht, man kann seinem Kind keinen Platz geben, es ist immer da, überall, nicht auf einem Platz. Und auch das Wort Verlust stimmt nicht, etwas was man verliert kann man wieder finden, aber ich kann Joep nicht mehr finden, er kommt nie wieder. Er wusste worüber er redet.

Es wurden noch ein paar Gedichte vorgelesen und mehr Lieder gesungen. Dann durften wir eine Kerze für Joep anzünden als sein Name, sein Geburtsdatum und Todestag vorgelesen wurde. Rene zündete die Kerze an und ich stellte sie vor Joeps Foto. Beim letzten Lied das gesungen wurde brach die Wahrheit dann über mich hinein. Auf einmal war der Schmerz wieder so groß, Joeps Foto steht da weil er tot ist, alle Menschen und Kinder auf den Fotos sind Tod. Alle Menschen hier vermissen ihr Kind und ich vermisse Joep. Ich weinte und Rene nahm mich in den Arm. Das einzige Taschentuch dass ich bei mir hatte hatte Rene schon benutzt aber es störte mich auch nicht, ich weinte in Renes Armen, auf dem gleichen Platz an dem ich auch vor 9,5 Monaten in Renes Armen weinte, ich weinte um Joep.

Danach gingen wir alle nach draußen mit der Kerze die wir zuvor angezündet hatten. Wir sollten die Fotos stehen lassen weil wir noch zurück kommen sollten um noch zusammen einen Kaffee zu trinken. Wir liefen nach draußen  und jetzt war ein Weg auf dem Friedhof mit Fackeln erleuchtet, wir liefen alle zu einem grossen Herz aus Kerzen dass bei den Kindergräbern aufgestellt wurde. Auch die Sängerin und der Mann der Klavier gespielt hatte waren da und sangen gemeinsam Alle standen wir zusammen um das Herz und setzten die Kerzen für unsere Kinder in das grosse Herz. Aber wir würden nicht in Den Haag wohnen wenn die Kerzen die wir hinstellten nicht innerhalb von einer Minute wieder ausgeblasen wären. Ich fand es nicht schlimm, ich stellte mir vor wie all die Kinder auf den Wolken darüber lachten.

Rene und ich gingen noch zu Joeps Grab, er hatte neue Stofftiere bekommen und die alten standen noch an der Bank. Ich wollte sie mit nach Hause nehmen und waschen. Wir verwahren sie, sie wurden Joep geschenkt auf der Beerdigung oder kurz danach. Als wir beim Grab waren brannte eine extra Kerze auf Joeps Grab und bei seinem kleinen Nachbarn brannten jetzt alle Kerzen. Alles war so hell und die Kerzen hier wurden nicht durch den Wind ausgeblasen. Ich freute mich so dass in dieser kurzen Zeit noch jemand da war, bei Joep war und ihm eine Kerze gegeben hat. Ich habe die Eltern seines kleinen Freundes nicht gesehen, sie waren nicht bei dem Treffen aber sie waren wohl am Grab. Ich freute mich so dass sie auch an Joep dachten und es gab mir ein warmes Gefühl dass sie sich sicher auch gefreut hatten dass ich eine Kerze angezündet habe für ihr Kind. Ich hockte vor Joeps Grab und weinte und weinte. Rene war auch am Ende seiner Kräfte und er wollte nur noch nach Hause also gingen wir nach Hause als ich wieder dazu in der Lage war. Wir holten nicht mehr Joeps Foto ab, wir konnten es nicht mehr. Wir gingen nach Hause und taten den Rest des Abends gar nichts mehr, wir hatten keine Kraft mehr, ich sass eine Stunde in meiner Winterjacke auf der Couch bevor ich die Kraft fand um ins Bett zu gehen.

Montag morgen fuhr ich weinend zur Arbeit. Ich sass 5 Stunden im Büro aber eigentlich tat ich nichts, ich konnte mich nicht konzentrieren. Nach der Arbeit fuhr ich zum Friedhof und holte Joeps Foto ab, ich hatte zuvor eine Email geschickt um Bescheid zu sagen dass ich es gerne abholen möchte. Ich habe noch mit der Dame geredet die auch am Abend zuvor da war und habe ihr noch Feedback gegeben was mir besonders gut gefiel und was mir nicht so gut gefiel. Sie war sehr froh und dankbar darüber und  wollte es auf jeden Fall weiterleiten und nächstes Jahr mit in die Planung einbeziehen. Wenn also nächstes Jahr etwas noch besser ist als dieses Jahr, dann haben wir das Joep zu verdanken. Lieber kleiner Joep.

12.12.2016

Precious Child

In my dreams, you are alive and well
Precious child, precious child
In my mind, I see you clear as a bell
Precious child, precious child
In my soul, there is a hole
That can never be filled
But in my heart, there is hope
'Cause you are with me still

In my heart, you live on
Always there never gone
Precious child, you left too soon
Tho' it may be true that we're apart
Joep will live forever... In my heart

In my plans, I was the first to leave
Precious child, precious child
But in this world, I was left here to grieve
Precious child, my precious child

In my soul, there is a hole
That can never be filled
But in my heart there is hope
And you are with me still

In my heart you live on
Always there, never gone
Precious child, you left too soon,
Tho' it may be true that we're apart
Joep will live forever... In my heart

God knows I want to hold Joep,
See Joep, touch Joep
And maybe there's a heaven
And someday I will again
Please know you are not forgotten until then

In my heart you live on
Always there never gone
Precious child, you left too soon
Tho' it may be true that we're apart
Joep will live forever... In my heart



08.12.2016

Traum

Heute Nacht habe ich wieder über Joep geträumt. Ich erinnere mich nur noch an Bruchstücke aber es war kein schlimmer Traum, es war kein Albtraum. Ich war wohl traurig als ich wach wurde, all die Liebe die ich in meinem Traum empfand war noch immer da und erinnerte mich schmerzhaft daran dass ich ihn nicht wirklich festhalten kann.

In meinem Traum war Joep tod, aber schon etwas länger. Ich sah ihn an und er war wunderschön, genauso wie er immer aussah. Plötzlich sagte jemand dass er jetzt so lange tot ist dass er nicht mehr so hübsch ist und ich zweifelte ob ich ihn nog sehen wollte. Er war in ein Tuch eingewickelt und jemand sagte mir ich könnte ruhig gucken. Rene guckte zuerst und sagte mir auch dass ich ruhig gucken kann. Jemand schlug das Tuch auf Seite und ich sah ihn. Die Haut an seiner Brust sah aus als ob er Ausschlag hätte und auch seine Lippen waren dunkel, fast schwarz. Ich strich ihm über seinen Kopf, ein paar mal und auf einmal öffnete er seine Augen, die Krankenschwester die bei uns war konnte es gar nicht glauben. Sobald meine Hand nicht mehr auf seinem Kopf lag waren seine Augen wieder zu, also streichelte ich ihn weiter und er machte seine Augen wieder auf und fing wieder an zu atmen. Alle Zeichen des Todes an seinem Körper verschwanden ganz schnell und er war wieder wunderschön. Ich hob ihn auf und drückte ihn fest an mich, davon überzeugt dass einzig und allein meine Liebe und Wärme ihn retten könnte und dass alle unrecht hatten.

Ich wachte auf und erinnerte mich noch an alle Details des Traumes. Ich weiß noch dass ich es eigentlich aufschreiben wollte aber es war mitten in der Nacht und ich war zu müde. Sofort erinnerte ich mich an etwas das ich mal gelesen habe: Eine Mutter bekam Zwillinge, viel zu früh mussten sie geholt werden und nur ein Baby überlebte. Als man ihr das tote Baby an die Brust legte fing es plötzlich wieder an zu atmen. Es war ein Wunder, ein echtes Wunder. Aber für mich war es nur ein Traum...

Joep wacht nie mehr auf, meine liebe hat ihn 'nur' 13 Stunden kämpfen lassen, sie konnte ihn nicht retten, wir konnten ihn nicht retten. Niemand konnte ihn retten. Irgendwann werde ich von Joep als gesunden kleinen Jungen träumen, irgendwann wird er in meinen Träumen leben.

05.12.2016

Ich bin eine unsichtbare Mama

Ich bin Mutter. Ich bin Joeps Mama, als Joep geboren wurde wurde aus einer Schwangeren eine Mama. In der Sekunde in dem ich ihn das erste mal festgehalten habe wusste ich was Mama sein bedeutet. All die Liebe die mich in diesen Moment überströmt hat ist unbeschreiblich. Das verstehen wohl nur andere Mamas. Sofort hat das 'Mamasein' eingesetzt und natürlich war Joep das schönste Baby dass ich je gesehen habe. Ich versuche ihn auch jetzt noch objektiv zu betrachten aber er ist und bleibt der Schönste für mich. Auf einmal war ich der stärkste Mensch der Welt. Für Joep wollte ich die Welt besser machen und aus ihm den glücklichsten Jungen der Welt machen und ich habe keine Sekunde daran gezweifelt dass ich das kann.

Ich bin jetzt seit 9,5 Monaten Mama aber niemand sieht es mir an. Ich habe kein Kind auf meinem Arm. Ich habe keine Flecken auf meinen Klamotten, ich habe keine Augenringe weil ich nicht genug schlafe. Ich habe keine Wickeltasche bei mir, Ich habe keinen Maxicosi im Auto. Niemand sieht mir an dass ich Mama bin.

Joep wurde Montags geboren, schon Freitags war mein Bauch weg und man sah mir nicht mehr an dass ich gerade Mama geworden bin. Ich war erstaunt wie schnell es ging, Mittwochs sah ich noch aus als sei ich im 6. Monat schwanger und Freitag morgen stehe ich auf und mein Bauch war weg. Als wir Mittwochs, den Tag nach Joeps Tod nach Hause kamen war aus mir plötzlich eine unsichtbare Mama geworden. Mein Bauch war im Verhältnis sogar flacher denn je, ja ich war noch dicker als vor der Schwangerschaft aber das Fett war anders verteilt und wenn ich stand war mein Bauch einfach flach. Kein einziger Schwangerschaftsstreifen auf meinem Bauch zeigte dass ich ein grosses und kräftiges Kind bekommen habe. Mein Körper erholte sich noch von der Geburt aber niemand sah mir an dass ich gerade erst ein Kind geboren habe, weil ich kein Kind habe dass ich zeigen kann.

Ich bin Mama, aber eine Mama mit leeren Händen. Ich weiß Sachen übers Mama sein die andere Mütter nicht wissen. Ich weiß wie es sich anfühlt sein Kind zu vermissen, es nicht versorgen zu dürfen. Ich weiß so viel über die Trauer um meinen Joep. Aber ich weiß nicht wie es ist nächtelang nicht zu schlafen weil Joep weint. Ich weiß nicht wie es sich anfühlt ein Kind zuhause zu haben. Ich bin Mama, aber ich bin eine unsichtbare Mama. Niemand sieht mich als Mama.

Wenn ich draußen bin, wenn ich rum laufe, niemand sieht an mir dass ich eine Mama bin. Ja wir sind noch jung, viele Leute in unserem Alter haben noch keine Kinder, es ist nicht ungewöhnlich dass man in unserem Alter noch keine Kinder hat. Niemand fragt mich ob ich Kinder habe, niemand sieht mir an dass ich Mama bin. Ich bin eine unsichtbare Mama mit einem unsichtbaren Kind auf meinem Arm. Mein unsichtbares Kind trage ich immer bei mir. Er sitzt immer auf meinem Arm, ich drücke ihn fest an mein Herz, denn da gehört er hin.

Es vergeht kein Tag an dem ich nich an meinen lieben schönen Joep denke und an dem ich ihn nicht vermisse. Es vergeht kein Tag an dem ich ihn mir nicht zurück wünsche und es vergeht keine Woche in der ich mich nicht frage wozu ich das alles mache, in der ich nicht denke ich will keine unsichtbare Mama sein. Ich hab nie darum gebeten, ich wollte das nicht. Ich will das nicht!

Aber mich hat niemand gefragt, ich hatte keine Wahl. Ich bin unsichtbar und Joep bleibt immer mein unsichtbares Kind an meiner Hand.