27.12.2018

Ich suche dich

Joep, du fehlst hier so sehr. Dezember, Januar und Februar sind für uns definitiv die schwersten Monate des Jahres. Und ich merke das ich dich suche. Immer. Überall.

Ich sehe kleine Jungs in deinem Alter und suche Ähnlichkeiten zu dir. Suche nach kleinen Jungs mit deinen Haaren oder deinem Mund. Wenn ich sie von hinten sehe schaue ich sie an bis sie sich umdrehen und ich ihr Gesicht sehe  Natürlich sehe ich nie dich. Jedesmal versetzt es mir einen Stich ins Herz. Du bist nicht da. Niemals wird sich einer dieser Jungs umdrehen mich anstrahlen mich Mama nennen.

Ich schaue in den Himmel und suche dich. Suche deine Zeichen. Den ganzen Tag. 

Ich liege im Bett und sage komm Joep. Leg dich zu Mama. Bitte lass mich spüren das du da bist. Manchmal spüre ich dann dein Gewicht wieder auf meiner Brust. Dann weiss ich genau wo du lagst. Das ich so gerade deinen Kopf küssen konnte. Ganz vorsichtig weil ich dir nicht weh tun wollte. 

Joep ich suche dich immer aber ich finde dich nicht. Werde niemals finden was ich suche. Werde dich nie wieder an mich drücken und dich im Arm halten. 

Ich werde nie sehen wie du ein erwachsener Mann wirst. Werde nie erfahren wofür du dich interessierst. Aber ich werde immer die Männer in deinem Alter anschauen und mich fragen ob du dich auch für Sport oder Politik interessiert hättest.

Ich suche etwas das ich vor langer Zeit verloren habe. Mein wertvollster Besitz. Meinen Sohn. Niemals werde ich aufhören nach dir Ausschau zu halten. Immer auf der Suche nach deinen Zeichen. Immer auf der Suche nach dir. Damit ich immer ein Bild vor meinem inneren Auge habe wie du wohl gerade wärst. 

Joepi ich liebe dich so sehr. Soooo sehr. Du fehlst mir so schrecklich. Es gibt Momente die sind unerträglich. Wie lebt man nur ohne sein Kind. Wie machen wir das nur?

23.12.2018

Jahresrückblick

2018. Wieder ein Jahr das vorbei geht. Ein Jahr ohne Joep. 

2016 war ich hochschwanger und bekam und verlor Joep. 
2017 war ich schwanger und bekam den Boef. 
2018 feierten wir die beiden Geburtstage der Jungs. Schon fast komisch ein ganzes Jahr nicht schwanger gewesen zu sein und kein Baby bekommen zu haben. Dafür habe ich fast das ganze Jahr lang gestillt und durfte mein Baby im Arm halten und ihm dabei zusehen wie aus dem Baby ein kleiner Junge wurde.

2016 bedeutete für uns pures überleben. Jeder Tag ein Kampf den wir gewinnen mussten.
2017 wurden wir dann gelebt. Arbeiten, Schwangerschaft, funktionieren.
2018 hofften wir so sehr das wir endlich wieder die Kontrolle übernehmen würden. Wir zurück blicken und das Gefühl haben das das Jahr so ging wie wir es wollten und wir nicht so kämpfen mussten wie die letzten Jahre.

Das das Leben nicht immer ist wie man sich das wünscht wissen wir ja schon und deswegen war es dann auch auch kein Schock das das Jahr 2018 bei weitem nicht so rosig war wie erhofft. 

Versteht mich nicht falsch. Wir hatten jeden Tag wunderschöne Momente und würden keinen Tag missen wollen. Der Boef macht uns so glücklich. Aber es gab leider auch so viele sorgenvolle und schmerzerfüllte Tage. 

Ich denke darüber nach ob 2018 besser war als 2017. Ich glaube ein bisschen. 

2018 begann mit einer Art Nervenzusammenbruch als Menschen nicht zu Joeps Geburtstag kommen wollten. Dann war da Joeps Geburtstagsfeier. Einer der schönsten und glücklichsten Tage des Jahres. Die Liebe zu Joep war so greifbar und schön. Sie hat uns regelrecht durch seine Woche getragen.

Ich habe angefangen Youtube Videos zu machen. Definitiv etwas was ich selbstbestimmt getan habe und nicht weil ich es musste. Ich habe Joeps Namen in die Welt geschrien und er wurde gehört. So viele Menschen kennen Joep jetzt. Und trotzdem wünsche ich mir vor allem von unseren Familien das sie an Joeps Geburtstag denken und uns wissen lassen das sie an ihn denken. Das hat uns dieses Jahr so verletzt. Das Gefühl das er vergessen wird. Vergessen von denen die ihn am meisten lieben sollten. Der Familie. Menschen die auf seiner Beerdigung waren und sich dann zu seinem Geburtstag nicht meldeten. 

Dumm von mir das ich das so nie gesagt habe. Aber wir haben Konsequenzen getroffen. Die Menschen denen wir wichtig sind die denken an Joeps Geburtstag und lassen uns das wissen. Die die das nicht tun sind jetzt auch für uns ein Stück weniger wichtig geworden. Die Erwartungen sind minimal und ihre Erwartungen an uns dürfen auch minimal sein. 

Dann der Schock des Jahres. René ging es immer schlechter. Wir dachten zuerst an ein bevorstehendes Burnout. Dann die Gewissheit. Kein Burnout, dafür eine Posttraumatische Belastungsstörung. Joeps Woche war traumatisch für uns und wir wussten immer das das passieren kann. Trotzdem hat es uns eiskalt erwischt. René hat dieses Jahr so sehr gekämpft wieder gesund zu werden. Hat eine Therapie gemacht die zur Folge hatte das es ihm erst einmal noch viel viel schlechter ging.

Gleichzeitig fing ich an wieder zu arbeiten. Ein neuer Job. Ein guter Job bei dem ich mich wohl fühle. Ein Geschenk von Joep. Auf Joeps Geburtstag bekam ich eine Nachricht ob ich nicht gerne in Den Haag arbeiten will. Genau das wollte ich. Immerhin verweigerte Joeps Bruder gekonnt die Flasche und war all mein Urlaub schon lange aufgebraucht. In die Kita konnte er so aber nicht. Er musste gestillt werden und ich hatte keine Sicherheit von meinem Arbeitgeber das ich irgendwo in der Nähe eingesetzt werden konnte. Also reagierte ich auf die Nachricht und bekam den Job. Dank Joep. Ohne diesen Job wäre dieses Jahr so viel schwerer geworden.

Also musste der Kleine mit knapp 7 Monaten in die Kita. Mein Mamaherz tat weh aber es ging nicht anders. In den Niederlanden gehen die Kinder normalerweise schon mit 3 Monaten in die Kita. Es gibt hier nur Mutterschutz. Keine Elternzeit. Finanziell gab es keine andere Möglichkeit.

Jetzt habe ich also den viel besseren Job. Arbeite weniger Stunden und verdiene sogar mehr. Danke Joepi! Danke das du so gut aufpasst.

Der neue Job bedeutete auch das wir eine Kita in Jobnähe suchen konnten und ich 2 mal täglich Stillen gehen konnte. Perfekt! Der Boef liebt die Kita und die Kinder so sehr das ich kein Kind das ganze erste Jahr zuhause lassen wollen würde. Es ist einfach zu schön zu sehen wie viel Spaß er da hat und durch das Stillen hatte ich einen guten Blick darauf ob es ihm gut ging. 

Mit und mit ging es René besser. Die Therapie (EMDR) war vorbei und er erholte sich davon. Schaffte es wieder zu arbeiten und im Haushalt und mit dem Kleinen zu helfen. Trotzdem merken wir das er noch nicht da ist wo ich bin und das er noch eine Therapie braucht. Ich bin so stolz auf ihn. Er kämpft so hart dafür für uns da zu sein. Er ist trotz allem so ein toller Vater. 

Der Kleine vergöttert seinen Papa so so sehr. Was auch damit zu tun hat das ich mir dieses Jahr alle Mühe gegeben habe dafür zu sorgen René zu entlasten und ihm den Kleinen nur zu gehen wenn es ihm gut genug ging. Wenn es René schlecht ging dann habe ich mich um Joeps Bruder gekümmert und den Haushalt gemacht. Das alles neben dem neuen Job. Neben den schlaflosen Nächten. René brauchte seinen Schlaf und deswegen stand ich jede Nacht 3-5 mal auf. Stillte den Kleinen und legte ihn wieder in sein Bett ohne René zu wecken. 

Oft war auch ich am Ende meiner Kräfte. Hatte Angst wir lange ich das schaffen kann. Aber ich habe es geschafft. Auf der Arbeit ist es mittlerweile natürlich entspannter weil ich eingearbeitet bin. Joeps Bruder war zum Glück ein einfaches Baby und ist jetzt auch ein einfaches Kind. Wobei die Definition 'einfach' hier auch mit meiner Belastbarkeit zu tun hat. René hat das ganz anders erfahren weil er dieses Jahr einfach nicht belastbar war. Ihm war jedes weinen, jeder Machtkampf eigentlich einer zu viel. Trotzdem hat er jedes Lachen und jeden neuen Meilenstein so sehr genossen.

Dann wurde aus unserem Baby ein kleines Kind. Der Boef wurde 1 Jahr alt. Ein Geburtstag mit Kind. Was für ein unglaubliches Glück!

Im Sommer hatten wir 2 Wochen Urlaub. 2 Wochen in denen der Boef und ich richtig erkältet waren. Pünktlich zum ersten Arbeitstag war ich wieder gesund. Die restlichen Urlaubstage gingen zum Stillen drauf. Und dann haben wir abgestillt. Angst hatten wir davor weil der Kleine auch mit 13,5 Monaten einfach nicht essen wollte. 85% Brust. Jeden Tag. Also stillten wir von einem Tag auf den anderen ab. Ich erklärte ihm das er ein grosser Junge ist und wir zelebrierten die letzte Nacht Stillen. Ich habe kaum geschlafen weil ich diese Momente nicht verschlafen wollte. Dann am nächsten Morgen war es soweit. Keine Brust zum Frühstück. In der Kita ass er dann zum ersten mal richtig mit. Genauso wie alle anderen Kinder. Ohne auch nur ein bisschen Anstellerei. Er ist jetzt ein grosser Junge und das hatte er verstanden. Kein einziges mal hat er nach der Brust gefragt. Die erste Nacht war er 2 mal lange wach und fand es schwer wieder einzuschlafen ohne Brust aber das wars. Danach schlief er fest an mich gekuschelt durch. 

Und dann im Dezember endlich der lang ersehnte Urlaub von dem wir nicht wussten ob wir entspannen können oder nicht. Eine Flucht vor dem Weihnachtsstress aber kann man im Urlaub mit Kind denn vor dem Stress fliehen? Jeder meinte wie stressig so Urlaube mit Kind sind. Und wieder einmal wird uns bewusst wie anders wir sind. Wie sehr wir den Urlaub genießen und entspannen. Die Zeit mit dem Boef zusammen ist so wunderschön. René und ich können endlich durchatmen. Joep ist jeden Tag mit dabei.

Ich muss zwischen den Tagen wieder arbeiten. René hat noch frei.

Und dann gibt es da noch den Dachaufbau den wir geplant haben. Der Anfang nächsten Jahres gebaut wird. 45 qm extra Wohnraum plus 20 qm Dachtereasse. Das ganze Jahr sassen wir beim Architekten um das alles zu planen aber richtig stressig wird es wohl erst wenn der Aufbau umgesetzt wird. 

Und Instagram und Youtube gibt es. Unzählige Stunden diesen Jahres habe ich investiert um mir hier was auf zu bauen. Anderen zu helfen und auf zu klären. Wissend das Joep stolz ist das er die Welt auf diese Art verbessert. Und trotzdem ist es anders als dieser Blog. Hier blieb es so ruhig dieses Jahr. Auf Instagram dagegen war fast jeden Tag was los. Ob das so richtig war weiss ich nicht. Instagram ist ein Segen und Fluch zugleich für mich. Ich geniesse meine momentane Instagram Pause sehr und weiss nicht genau wann ich wieder zurück komme. Ob ich zurück komme. Aber ich will nächstes Jahr so gerne ein Kinderbuch schreiben und da wäre es doch unglaublich Schade wenn ich meine Reichweite nicht nutze. Verliere weil ich inaktiv bin...

Wir werden sehen.

Oh und zu guter Letzt schließe ich das Jahr ab mit einer Festanstellung. Mein Jahresvertrag wurde schon nach 5,5 Monaten zumindest mündlich umgesetzt. Nach dem Urlaub wird es dann ein richtiger Vertrag 😁

Für 2019 wünsche ich mir das wir noch mehr Regie über unser Leben haben. Ich hatte 2018 teilweise Regie über mein Leben aber René gar nicht. René musste so kämpfen und das gönne ich ihm einfach nicht. Ich wünsche ihm so sehr das er seine Kraft behält und erkennt wie stark er ist. Der stärkste Mensch den ich kenne. Ich weiss wir schaffen das. Zusammen. Als Familie. Und wenn die PTBS nie ganz weg geht dann halte ich ihm einfach den Rest seines Lebens den Rücken frei damit sein Leben, unser Leben, so schön wie möglich ist. Damit unsere Kinder immer aus vollem Herzen sagen das sie den besten Papa der Welt haben. 


19.12.2018

Vorweihnachtszeit

Es ist wieder soweit. Dezember, Nikolaus, Weihnachten, Silvester und jede Menge Geburtstage. Dazu kommt das ich sooo urlaubsreif bin wie noch nie. Der Dezember begann also sehr tränenreich. Immer am Ende meiner Kräfte. 

Nikolaus ist in den Niederlanden wie Weihnachten in Deutschland. Als ich den Boef morgens in die Kita brachte und all die aufgedrehten Kinder mit Geschenken sah wusste ich es wird kein guter Tag. Zu präsent war mein Kind das niemals vor Freude mit hüpfen würde.

Als es dann noch ein unerwartetes und unangenehmes Gespräch auf der Arbeit gab war alles vorbei. Warum denn genau heute. An Nikolaus. Die Kollegen frugen danach was los ist. Aber ich weinte schon so sehr das ich kaum sprechen konnte. Ich sagte 'sinterklaas' (Nikolaus) aber keiner verstand. Und wieder mal war so deutlich wie wenig sie verstanden. Also sagte ich: Sinterklaas und Joep ist tot. Jetzt verstand jeder. Es dauerte meine 2 Sekunden und der Liebe Kollege der auch beim letzten Tränen Ausbruch für mich da war stand neben mir uns sagte komm Imke, wir gehen was trinken und reden. 

Es sind diese glücklichen Tage der anderen die für uns so unglaublich schwer sind. Abends mit dem Boef zuhause haben wir dann ganz klein gefeiert und ging es mir wieder besser. Der kleine grosse Boef sorgt immer wieder dafür das es uns auch in den schwersten Zeiten gut geht.

Die nächsten Tage waren ein wenig besser aber nah am Wasser gebaut werde ich wohl zu dieser Jahreszeit immer sein. Dezember Januar und Februar sind einfach schwer.

Letztes Jahr haben wir Weihnachten gefeiert und es war der pure Stress. Deswegen haben wir uns entschieden dieses Jahr nicht gross mit der Familie zu feiern. Wir brauchen diese freien Tage um uns zu erholen. Seit Mitte Mai arbeite ich. Im Sommer hatte ich 2 Wochen frei aber da waren wir erkältet und ich Idiot hatte mich nicht krank gemeldet. Gesund war ich erst als ich wieder arbeiten durfte. Danach habe ich all meine Urlaubstage benutzt um den Boef jeden Tag 2 mal stillen zu gehen. Nur eine Woche Urlaub im Dezember habe ich gespart. Und in dieser Woche befinden wir uns jetzt.

Geflüchtet sind wir dieses Jahr wieder. Wieder nach Teneriffa. Es gibt dieses Jahr aber 2 grosse Unterschiede: 
1. Wir sind hier mit Kind. Mit Joeps kleinem Bruder! 
2. Wir sind nicht auf der Flucht. 2016 befanden wir uns auf der Flucht vor Weihnachten. Wollten keine kleinen Kinder unterm Baum sehen. Alleine der gedanke an Besinnkeichkeit machte uns regelrecht Panik. 

Dieses Jahr ist das anders. Dieses Jahr haben wir uns für uns entschieden. Entschieden zu entspannen anstatt zu stressen. Nach Teneriffa in ein 5 Sterne Hotel zu fliegen anstatt mit Kleinkind im Auto durch NL und DE zu fahren um an 2 Tagen 3 Adressen ab zu klappern.

Weihnachten sind wir wieder zuhause aber wir werden nur ganz entspannt die Wäsche waschen und zu 3. feiern. Jeden Tag zu Joep gehen und nur tun was sich wirklich richtig anfühlt. Kraft tanken für die nächsten Monate die kommen. Stressige Monate. Intensive Monate.



Am Tag vor unserem Abflug wurden wir wach und war die Welt weiss. Es hatte geschneit und das an einem Sonntag. Jeden Sonntag gehen wir zu Joep und wenn dann morgens Schnee liegt dann laufen wir gleich morgens los. Also spielte der Boef zum ersten mal im Schnee. Bei Joep und der Anblick war so herzzerreissend schön. Meine Jungs zusammen im Schnee. Ich bin so froh das der Boef endlich im Schnee spielen konnte. Ich habe so darauf gewartet!

Und jetzt ein paar Tage später schwimmen wir zusammen in Teneriffa im Pool und genießen das gute Wetter. Ich gucke mir unsere Urlaubsfotos an und ich sehe eine glückliche Familie. Man sieht uns nicht an das Joep fehlt. Man sieht uns nicht an das da zwei kleine Kerle ihre Fruchtzwerge am Pool essen sollten. Niemand ahnt etwas und das ist ein komisches Gefühl. Vor 2 Jahren wahren wir hier und konnten wir den Anblick von Familien wie uns kaum ertragen. Aber die Hoffnung irgendwann zumindest optisch dazu zu gehören war da. Und dann wollten wir wieder kommen und unseren Kind den Ort zeigen an dem wir nie ohne Kind sein wollten. 

2018. Ein Jahr das einen Jahres Rückblick definitiv wert ist. 

Einen neuen Job den Joep mir geschickt hat. An seinem Geburtstag bekam ich die Anfrage ob ich den Arbeitgeber wechseln will. Eine Kündigung die letztendlich lange hinfällig war und endlich ausgesprochen werden konnte. Und jetzt das Versprechen auf eine Festanstellung zeitig zum Jahresende (7 Monate bevor mein Vertrag ausläuft). Ich hatte 2018 einen kranken Mann zuhause. Ein Kind das nicht Essen will. Ein Jahr beim Architekten in dem wir den Anbau planten der nächstes Jahr gebaut wird. Ein Jahr in dem ich so stark war wie noch nie. Ein Jahr in dem René sich so schwach fühlte wie nie und doch der heimliche Held des Jahres ist. So viel stärker als ich. So viel mehr hat er geschafft. Ein Jahr im dem die Welt meinem Joep durch Youtube kennen gelernt hat. Ein Jahr in dem ich keine Zeit für ein Kinderbuch hatte. Ein Jahr in dem wie Joeps 2. Geburtstag ohne ihn gefeiert haben und das Jahr in den wir den 1. Geburtstag seines Bruders gefeiert haben. Ein Jahr voller Höhen und Tiefen.

So viel ist passiert. Unglaublich. 1 Jahr länger ohne Joep. Wieder haben wir ein Jahr geschafft und trotzdem fühlt es sich schrecklich an. Noch 1 Jahr weiter weg von Joep. Jetzt feiern wir bald schon seinen 3. Geburtstag. Das 3. Mal ohne ihn. Dabei ist es mir als sei es gerade erst ein paar Wochen her das ich meine Nase an seine gerieben habe. Seine hübschen kleinen Lippen geküsst habe und mich darüber gewundert habe das seine kleinen Socken stinken und das obwohl seine Füsse doch dufteten. 

19.10.2018

Wenn die Gedanken schweifen

Heute Abend ist ein ganz normaler Abend. Der Boef schlief gerade als es an der Türe klingelte, natürlich fing er an zu weinen und war untröstlich. Er hatte sich richtig erschreckt. Also entschied ich mich nach einer Zeit ihn doch in den Schlaf zu stillen. 

Während ich in dem gemütlichen Stuhl in seinem Zimmer sass dachte ich an meine kleine Nichte. Joeps Cousine ist jetzt älter und schwerer als er. Dabei ist sie so winzig klein. In meiner Erinnerung war Joep nicht so klein... Ich dachte daran wie ich ihn festgehalten habe. Als er starb durfte ich ihn endlich richtig halten. Ich versuchte mich daran zu erinnern wie klein er war, wie es war als ich ihn hielt.

Dann erinnerte ich mich an eine Situation für die ich mich so geschämt habe. Ich habe mich gefühlt wie eine Rabenmutter. Ich hielt den toten Joep im Arm und wollte ihn mir anders in den Arm legen. Da passierte es. Ich hatte seinen Kopf nicht gut gehalten und sein Köpfchen fiel zur Seite. René und die Krankenschwester schnellten im Reflex auf mich zu. Bevor mich jemand erreichte hatte ich seinen Kopf schon wieder in der Hand und unterstützte ihn. René schimpfte das ich aufpassen muss. Ich fühlte mich schrecklich. Joep war gerade gestorben und offensichtlich war ich wirklich nicht in der Lage mich um mein Baby zu kümmern.  Würde er leben würde ich jetzt bestimmt ins Krankenhaus fahren dachte ich, wie ein Stein war sein Kopf gefallen... Doch ich sagte zu René das es keinen Grund gibt zu schimpfen. Tot ist tot. Es ist nichts passiert. Ich konnte Joep nicht mehr schaden.

Seitdem versuche ich dieses Gefühl zu verdrängen. Ich weiss das ich Joep eine gute Mutter war und bin. Ich weiss das es mir unter anderen Umständen nie passiert wäre. Aber es ist passiert und das Gefühl das ich ihn hätte verletzten können verfolgt mich ab und zu. Alle paar Monate denke ich daran und frage mich ob René sich wohl noch daran erinnert. Ich glaube nicht das wir je darüber geredet haben. Wie kalt ich damals reagiert habe. René sollte sich nicht so anstellen, Joep ist doch eh schon tot.... Dafür schäme ich noch heute. Es war aus reinem Selbstschutz. Und ganz rational betrachtet hatte ich auch Recht. Trotzdem hatte René alles Recht der Welt mit mir zu schimpfen. Ich hätte besser aufpassen müssen. Es war ein Fehler der Bitte hätte passieren sollen 

Heute Abend tut es mir so Leid Joep! Entschuldige bitte das ich nicht besser aufgepasst habe. Das hattest du nicht verdient. Ich verspreche dir das ich das nie nie nie wieder machen werde. Auf deine Geschwisterchen passe ich besser auf. Versprochen. 

15.10.2018

Imke, du bist der stärkste Mensch den ich kenne

Auf der Arbeit hatten wir ein Feedbacktraining. Zum Schluss sollten wir uns Komplimente machen und Tipps geben. Dieses eine Kompliment ist wohl das grösste das ich je bekommen habe. 

"Imke, du bist der stärkste Mensch den ich kenne."

Der stärkste Mensch den er kennt. Wieviele Menschen kennt man? Und ich bin der Stärkste? Dabei fühle ich mich so oft so schwach. Dementsprechend mache ich mich wieder klein. "Ich bin nur stark weil ich keine andere Wahl habe" sage ich. Wie oft habe ich das nicht schon gesagt... "Ja aber es geht auch anders Imke. Nicht jeder steht wieder so im Leben wie du" sagt er. "Und du erreichst so viel." Er hat sich verändert sagt er. Sieht die Dinge jetzt anders. 

So oft habe ich das jetzt schon gehört. Wenn man so etwas so hautnah mitbekommt und man sieht wie ich mit meinem Verlust umgehe dann erscheinen einem die eigenen Probleme plötzlich nicht mehr so gross. Dann relativiert man ganz anders. Ist man zuhause entspannter. Genießt seine Kinder noch mehr. 

So ein schönes Kompliment. Es macht mich nachdenklich. So stark bin ich. Und das aus dem Mund von jemandem den man selbst als stark erfährt. 

Als ich Joep versprach stark zu sein und alles daran zu tun wieder glücklich zu werden wusste ich das dieses Versprechen für mich wichtig sein würde. Das es Lebenswichtig war merkte ich erst später. Das es mich zu einem so aussergewöhnlich starken Menschen macht habe ich nicht erwartet. 

Ich höre es so oft. Und manchmal, an Tagen wie heute kann ich es glauben. Ich bin stark. Stark für mich, für meinen Mann und meine Söhne. 

Ich werde wieder glücklich Joep. Weil ich es dir versprochen habe. Weil ich stark genug bin es zu schaffen. Du wirst mir immer fehlen aber unser Leben wird wieder immer ein bisschen besser. Weil wir stark sind. Weil du uns deine Kraft schenkst. Bei uns bist.

Danke 💙

30.09.2018

Der erste Geburtstag von Joeps Bruder

Es ist kaum vorstellbar aber wahr. Und kleines Baby ist kein Baby mehr sonder ein kleines Kind.

Oh wie schnell die Zeit doch ging. Und wie schön sie war. Dieses Jahr in dem wir so richtig Mama und Papa waren war schön und wenn wir jetzt René fragen dann wird er vermutlich sagen das es auch schwer war. Das er oft an seine Grenzen gekommen ist. Gesundheitlich. Das es aber trotzdem der glücklichste Jahr seines Lebens war. Auch eins der traurigstens Jahre aber vor allem das glücklichste. Mit dem Boef ist das Glück und die ganz grosse Liebe bei uns eingezogen. Plötzlich hatten wir wieder einen Sinn in unserem Leben. Einen Grund weiter zu machen und zu kämpfen. Plötzlich gab es nicht nur schwarze Leere wenn wir an unsere Zukunft dachten. Wir planen jetzt wieder. Urlaube wenn der Kleine was älter ist. Wir wollen Skifahren und nach Thailand. Wir wollen ihm die Welt zeigen. Die Welt neu durch seine Augen entdecken. 

Wir freuen uns auf das was vor uns liegt. Wir sind gute Eltern. Das Leben ist nicht mehr nur schwer. Oh wie unglaublich schwer es war... Ohne Joep zu leben ist das schwerste das wir je getan haben. 

Aber jetzt blicken wir auf ein Jahr mit Baby zurück und in eine Zukunft voller Glück und Liebe und Zuversicht.

Boefs Geburtstag war emotional. Unser Baby ist kein Baby mehr. Gleichzeitig freuen wir uns so auf das nächste Jahr mit einem 1 jährigen. Der Geburtstag war aber nicht nur Friede Freude Eierkuchen. Kurz bevor der Besuch kam war ich soooo traurig. René war mit dem Kleinen einkaufen und ich sollte aufräumen. Joeps Foto hatte eine Partymütze bekommen und ich postete in WhatsApp das er auf seine Art mit feiert. Und dann brach alles. Weinend sass ich auf der Couch. Verfluchte das Leben das so ungerecht zu uns ist. Warum darf er denn nicht richtig mitfeiern?

Aber es half alles nichts. Die Gäste würden bald kommen und die Wäsche musste gefalten werden. Das Haus musste aufgeräumt sein. Geschmückt hatte ich schon fast alles. Also wischte ich meine Tränen weg und arbeitete weiter. Für Joeps kleinen Bruder der gar nicht mehr so klein ist. 

Seine Geburtstagsfeier war so anders als die von Joep. Sie war richtig schön. Ich habe viel gebacken und eine Torte bestellt. Alles für den Kleinen. Überall hingen Girlanden und Ballons. Er verdient einen perfekten ersten Geburtstag und deswegen hat er den auch bekommen. 

Dann kamen die Gäste und der kleine Boef wusste gar nicht mehr wohin mit seiner Energie. Essen und schlafen wurde auf ein Minimum reduziert. Er genoss es soooo sehr mit den anderen Kindern zu spielen und seine Geschenke aus zu packen. Damit zu spielen. Er war das glücklichste und ausgeglichenste Kind das man sich vorstellen kann.

Es war ein richtig schöner Tag. Es war viel Arbeit aber es hat sich sooo gelohnt. Seine leuchtenden Augen waren es so wert.

Er liebt all seine Geschenke und spielt so gerne damit. Es war so schön. Ein erster Geburtstag mit Kind zuhause. Es war sogar so schön das niemand Fotos gemacht hat. Schade das wir keine Erinnerungen haben aber wie toll ist es denn wenn in dieser Zeit jeder im hier und jetzt lebt und nicht mal auf sein Handy guckt. 

Ein richtiger Erfolg. Oh kleiner Boef. Ich freue mich schon so auf deinen nächsten Geburtstag. Dann isst du bestimmt auch Kuchen 💛

16.09.2018

Der Laufstall ist weg - schon wieder

Nachdem Joep starb haben wir alles behalten. Fast alles. Den Laufstall und seine Badewanne haben wir zurück gegeben. Es stand im Weg. So ganz ohne Baby war es einfach im Weg. Sein Bett und die Kommode haben wir behalten, die standen und stehen in seinem Zimmer. Im Zimmer seines Bruders. Gerade schläft Joeps Bruder in Joeps Bett. 

Aber den Laufstall haben wir abholen lassen. Ich habe eine Freundin anrufen lassen. Der Laden in dem wir alle Möbel gekauft haben hat als Service alles kostenlos ab zu holen wenn das Baby stirbt. Als man uns das erzählte dachte ich warum erzählst du mir das. Ich hab schon Halbzeit. Eine Fehlgeburt wird es nicht mehr werden. Oh wie naiv ich war. Ich dachte wirklich das Joep nicht sterben könnte. Das unser Leben so perfekt bleibt wie es war...

Lange Rede kurzer Sinn. Der Laufstall wurde abgeholt. René stand unter der Dusche. Fertig mit den Nerven. Ich war am Boden zerstört. Der Männer kamen hoch, nahmen alles mit und gingen ohne auch nur was zu sagen. Den ganzen morgen hatte ich Panik weil ich wusste das sie kommen. Joep war noch keinen Monat tot. Die Stimmung am Morgen war schlecht. Wir waren fertig mit den Nerven. Ich brauchte René, René brauchte Abstand. Ich war so sauer das er mich alleine ließ mit den Kerlen. Noch unter der Dusche stand als es an der Türe klingelte. 

Aber ich hatte ihm das morgens nicht so gesagt. Wie sehr ich ihn brauchte. 

Das war also der Moment... Ich weiss noch wie ich abends zuvor unter Tränen den Laufstall abbaute. Ihn in den Flur stellte. Die Matratze dazu stellte. Wie ich mich dazu entschied die Decke zu behalten. Nicht alles zurück geben konnte und wollte. 

Ich erinnere mich wie ich mich an die Hoffnung klammere das ich ganz schnell wieder einen Laufstall aufbauen werden. Bis es soweit sein sollte vergingen mehr Monate als ich damals je gedacht hätte. 

Und dann kam der Tag. Wir kauften einen neuen Laufstall. Eins der wenigen Dinge die wir für Joeps Bruder neu kauften. Ich baute ihn mit dickem Bauch auf. Genau wie 1,5 zuvor den Laufstall für Joep. Ich stand neben dem Laufstall und konnte kaum fassen das diesesmal ein Baby darin liegen sollte. 

Aber es wurde wirklich wahr. Der Boef lag wenige Wochen später im Laufstall. Anfangs recht häufig. Immer wenn ich die Hände wirklich frei haben musste legte ich ihn kurz in den Laufstall. Das Mobile fand er fantastisch. Aber gemocht hat er den Laufstall nie. Dementsprechend wenig wurde er genutzt.

Jetzt ist der Boef fast 1 Jahr alt und der Laufstall diente seit Monaten nur zur Spielzeugablage. Also habe ich ihn dieses Wochenende abgebaut. Schraube für Schraube. Die Einzelteile habe ich in den Flur gestellt. Die Matratze auch. Die Decke liegt im Wäschekorb. Meine Eltern haben ihn mit nach Deutschland genommen weil wir hier keinen Stauraum haben. Wieder habe ich einen Laufstall abgebaut. Diesmal weil mein Kind zu gross dafür wurde. Doch die ganze Zeit dachte ich ans letzte mal. Als ich ihn abbaute weil mein Kind nie darin liegen würde. Als nur seine Fotos im Laufstall lagen. 

Und obwohl es so etwas kleines war versetzte es mich zurück in die schlimmste Zeit meines Lebens. Die Zeit als die Trauer zuschlug und mich auf den Boden warf. 

Wieder ist die Ecke vom Laufstall leer. Aber diesesmal stehen Boefs Spielsachen in der Ecke. Diesesmal haben wir einen Teppich gekauft damit es eine Spielecke bleibt. Aber trotzdem sehe ich einfach eine leere Stelle im Haus und erinnere mich daran wie unfassbar weh es tat als diese Stelle das letzte mal leer wurde. 

10.09.2018

Warum wir?

Vor ein paar Wochen habe ich eine sehr liebe email über diesen Blog bekommen. Ich hatte noch keine Zeit zu antworten aber ein Teil dieser Email schwirrt seitdem immer wieder in meinem Kopf.

Es war ein Kompliment dafür das ich nie frage warum das gerade uns passiert ist Und das ich es keinem anderen gönne.

Und seitdem denke ich daran wir oft ich mir genau diese Frage schon gestellt habe. Es ist eine Frage auf die ich niemals eine Antwort bekommen werde. Also drücke ich sie weg sobald sie in mir aufkommt. 

Aber warum mein Kind sterben musste, das frage ich mich jedes mal wenn ich wieder ganz tief am Boden liege. Jedes Mal.... Dann bemittleide ich mich selbst. Warum muss es mir so schlecht gehen. Und dann denke ich an Joep und das ihm so viel mehr genommen wurde als mir und dann bricht mein Herz noch mehr. Joep kann es nicht mal mehr schlecht gehen. Joep hatte 8 Tage in denen er uns überleben kämpfte. Wortwörtlich. Er kämpfte einen Kampf den ich mir nicht mal ausmalen kann. Joep hat so viel durchlebt in seinem kurzen Leben. Und dann frage ich mich: warum Joep. Warum mein perfekter Joep. Er hat doch keinem etwas getan...

Oh ja. Die Warum-Fragen sind immer in meinem Kopf. Ich bekomme niemals eine Antwort auf diese Fragen. Ich würde mich nur selbst fertig machen wenn ich sie immer aussprechen würde. Darum versuche ich sie mir nicht zu stellen. Sie sobald sie ankommen gleich wieder weg zu schieben. Sie nicht zu zu lassen. Und Antworten... Antworten suche ich nicht einmal. Ich weiss das es sie nicht gibt. 

Und dann, wenn es mir so schlecht geht und ich versuche diese Fragen zu verdrängen kommt immer noch ein Gedanke hinzu: sowas wünsche ich meinem schlimmsten Feind nicht. Sowas gönnt man niemandem. Niemals. Es sollte das nicht geben dürfen. Tote Babys. Das ist so falsch... Ich gönne es wirklich niemanden. Aber am aller wenigsten gönne ich es mir und meiner Familie. Am aller aller wenigsten gönne ich es Joep. 

05.09.2018

Bei den anderen geht halt doch nicht immer alles gut

Immer wieder erwische ich mich dabei wie ich voller Neid denke: Jeder bekommt gesunde Kinder, nur unser Joep, nur unser Kind ist nicht bei uns. Und selbst wenn jemand ein krankes Kind bekommt, dann wäre mir ein kranker aber glücklicher Joep doch so viel lieber als mein toter Joep.


Es scheint immer als ob jeder sofort schwanger wird, ohne Probleme. Jeder bekommt gesunde Kinder. Jeder scheint immer genau das zu haben was ich so vermisse. Und es fällt mir schwer jedem sein Glück zu gönnen. Der Neid ist da, wird immer da sein. Und das ist etwas was mir ganz und gar nicht gefällt.  So war ich früher nicht.


Immer wieder die Angst das mir jemand erzählen könnte das sie ein Kind erwarten. Immer ist meine erste Reaktion: Neid. Neid den ich runter schlucke. Den ich mir nicht anmerken lassen will weil ich finde das er hier nicht hin gehört.


Jedes Mal sage ich mir wieder: Du kannst auch noch ein Kind bekommen. Du kannst auch nochmal dieses Glück haben.


Ich finde das schwer. Schwer mit diesem Neid zu leben, ihn zu akzeptieren. Er passt nicht zu mir. Falsch. Er passt nicht zu der alten Imke. Zu der neuen wohl und das finde ich schwer zu akzeptieren. Das die neue Imke schlechter ist als die Alte.


Nachdem der Boef geboren wurde wurden wir von der gleichen Hebammenpraxis betreut bei der ich auch während Joeps Schwangerschaft war. Es fühlte sich richtig an. Ja, sie haben den Herzfehler übersehen, aber ansonsten waren sie toll und jeder macht mal Fehler. Die Hebamme die bei Joeps Geburt dabei war konnte uns nicht betreuen weil sie zu dem Zeitpunkt selbst hochschwanger war. Ihre Tochter ist nur ein paar Wochen jünger als der Boef. Seit Joeps Geburt haben wir Kontakt, sie war eine der ersten die wusste das ich wieder schwanger war (wie praktisch so eine Hebamme die alle Fragen beantworten kann als Freundin zu haben. Danke Joep) und seitdem die Kinder geboren sind treffen wir uns regelmässig.


Jedenfalls konnte sie mich nicht betreuen und zwei andere Hebammen kamen abwechselnd zu uns. Beide so nett und lieb und Joep stand genauso im Mittelpunkt wie der kleine Boef. Als die eine sich das Fotobuch von Joep ansah weinte sie und entschuldigte sich dafür. Natürlich fand ich das sie sich nicht entschuldigen muss, es ist einfach so traurig und alle Tränen um Joep sind willkommen, tun uns gut.


Sie erzählte das ihr Sohn nach der Geburt auch so da lag, auch einen Herzfehler hatte. Jetzt geht es ihm aber zum Glück gut. Sie durfte ihren Sohn mit nach Hause nehmen. Sie hatte Glück und wir hatten Pech.


Ich traf sie ein paar Wochen später nochmal im Supermarkt. Da sass ihr Sohn vorne im Einkaufswagen. Sie wohnte ganz in der Nähe.


Dann sah ich sie lange nicht mehr, bis vor ein paar Wochen. Rene, der Boef und ich gingen Mittags in einem Cafe etwas essen und da sass sie. Mit einer Freundin, beide hochschwanger. Ein kugelrunder Bauch. Wieder war der Neid sofort zur stelle. Wieder ärgerte ich mich über den Gedanken das natürlich bei jedem immer alles gut geht ausser bei uns. Wieder hoffte ich sofort danach das es bitte wirklich gut geht.


Und dann traf ich mich gestern mit der Hebamme die auch bei Joeps Geburt dabei war. Ich wusste schon das die Tochter einer Kollegin letzte Woche gestorben ist. Aber sie hatte mir noch nicht erzählt wer es war. Den dicken Bauch hatte ich schon lange vergessen. Es ist eine grosse Praxis und ich kenne nicht alle Hebammen die für diese Parxis arbeiten. Ich dachte ich würde sie nicht kennen. Sofort sagte ich ihr das wenn sie Deutsch kann sie gernen meinen Blog lesen kann, das sie sich bei mir melden darf wenn sie jemanden zum reden braucht. Jemand der versteht. Aber noch nicht jetzt, die kleine war ja noch bei ihren Eltern zuhause.


Als wir über den Strand liefen sagte Caroline dann das ich die Hebamme kenne deren Tochter gestorben ist. Das sie bei uns zuhause war. Ich brauchte einen Moment um 1 und 1 zusammen zu zählen. Mein Kopf wollte nicht wahr haben war er da hörte, verstand. Vor 1,5 Wochen waren wir doch noch auf der Beerdigung einer 25-jährigen die 6 Wochen nach der Geburt ihrer Tochter plötzlich gestorben ist. Und jetzt das. Ein Baby, das Baby von jemandem den ich kenne. Das Baby auf das ich neidisch war. Der dicke Bauch. Wie glücklich sie an dem Tag aussah an dem ich sie traff. Weil sie es war.


Und jetzt sitze ich hier und schäme mich das ich einfach immer und immer neidisch bin. Auf jede Schwangere, auf jedes gesunde Baby. Ich hatte gar keinen Grund auf sie neidisch zu sein. Wie gerne wäre ich zu recht neidisch gewesen. Und jetzt schäme ich mich wieder. Wie immer, dieser verfluchte Neid.


Aber das bin jetzt ich. Ob der Neid jemals weg geht wird nur die Zeit zeigen. Aber mögen werde ich ihn nie. Nie nie nie...

02.09.2018

Wie soll ich es ihm erklären?

Wie erzieht man das Geschwisterchen von einem toten Kind. Oft stelle ich mir diese Frage. Es gibt nur eine Antwort: nach Gefühl. Jeden Tag nehmen so wie er kommt und vertrauen darauf das wir als Eltern alles richtig machen.

Aber was ist richtig? Ich will das Joeps Bruder eine glückliche Kindheit hat. Ich will nicht das er sich anders fühlt. Auf keinen Fall will ich das er das Gefühl hat extra lieb/gut sein zu müssen weil er ja ein Leben lebt das sein Bruder nie haben konnte. Denn diese Gedanken schwirren in unseren Köpfen. Oft. Das was der Boef gerade macht, das kann Joep nicht. Wie wäre Joep wohl gewesen? Hätte er das auch gemacht?

Ich sage oft das Boef doppelte Liebe bekommt. Die für ihn und die für Joep. Das bedeutet auch doppelte Geduld und extra viele Kuschelmomente und Küsse. Und ja. Das bedeutet natürlich auch das er ein bisschen verwöhnt wird. Er hat wirklich alles was er braucht (und noch viel mehr) und wir ihm kaufen können.

Aber wie erzieht man jetzt so ein Regenbogenbaby? Welchen Einfluss wird unsere Trauer auf ihn haben? Wie entwickelt sich so ein Kind das halt nicht nur von Glück umgeben ist sondern auch von Traurigkeit?

Und wie wird es später für ihn sein? Wenn alle anderen Kinder ihre Geschwister zuhause haben und er der einzige ist mit einem grossen Bruder im Himmel. Wird er das verschweigen? Wird er stolz von ihm erzählen? Wird er sich dafür schämen wenn er ein Teenager ist und alles was anders ist erstmal peinlich ist?

Ich möchte ihm so gerne eine tolle Kindheit geben. Die Basis für ein einen tollen Menschen. Er soll glücklich sein. Immer. Ich hoffe einfach das unsere Traurigkeit das zulässt. Das er später nicht denkt das seine Kindheit von Gutem und Traurigem geprägt wurde. Er soll zurück denken und sich an all die schönen Dinge erinnern. An all die Liebe in unserem Haus. Dem Respekt füreinander. Die Freude und den Spass den wir jeden Tag haben. 

Bedürfnisorientiert ist wohl das Wort das meine Erziehung am besten beschreibt. Weil es sich richtig anfühlt das sich alles um ihn dreht und wir es zusammen schaffen. Aber was sind seine Bedürfnisse bezüglich Joep?

Bis jetzt lacht er Joeps Fotos immer so schön an. Ich hoffe es bleibt so. Ich hoffe das ich ihm die beste Mama bin die er sich wünschen kann. Das er sich niemals wünscht das jmd anders seine Mama wäre. Niemals... Ich weiss das ich ihm eine gute Mama bin. Manche Menschen können schön malen oder singen oder lecker kochen und ich? Ich bin eine gute und geduldige Mama mit ganz viel Liebe und Kraft für meine Kinder. Eine Mama der es nie zu viel wird. Eine Mama die nicht jammert weil es für mich keinen Grund gibt, weil ich Mamasein nicht als anstrengend erfahre. Weil es mir so viel Freude und Kraft gibt. Und Liebe. So viel Liebe für meine Jungs. 

22.08.2018

Alles ist wieder gut

Wir befinden uns in Joeps Woche. 2,5 Jahre... Unglaublich. Morgen ist es 2,5 Jahre her das er in unseren Armen starb. 

Wir haben wieder ein Baby. Einen kleinen Bruder. Und wieviel Glück er uns schenkt. 

Man sieht was man sehen will und jeder sieht lieber Glück als Traurigkeit. Wir strahlen mit Boef um die Wette. Die Liebe in unserer Familie ist so sichtbar.

Und genau das ist der Grund weswegen die Welt denkt alles ist wieder gut. Joep ist so lange tot. Wir haben den kleinen. Wir strahlen wieder. 

Zumindest haben wir das Gefühl das die Welt so denkt. Mit der Geburt von Joeps Bruder fing es an. Anfangs gab es noch Verständnis. Wie schwer muss es sein jetzt zu erleben was wir alles bei Joep verpasst haben. 

Aber mit der Zeit fragt man nicht mehr wie es uns geht. Und das obwohl René es momentan wirklich schwer hat. Und das obwohl wie noch jeden Tag um Joep trauern. Ihn vermissen. Immer vor Augen haben was uns fehlt. Er ist allgegenwärtig. Es vergeht kein Tag an dem sein Name nicht genannt wird.

Wie kann alles gut sein ohne Joep? Unmöglich! Wir haben Glück im Unglück. Wir sind oft glücklich. Aber Joep wird immer fehlen. Richtig gut kann es mir mehr werden. Der kleine 2,5 jährige an meiner Hand fehlt. Jeden Tag, jede Minute. 

Der Boef ersetzt nichts. Niemanden. Kann und soll er auch nicht. 

Viele Teile unseres Lebens sind schön und wir sind dankbar dafür. Wir wissen das wir viel Glück haben. Aber Joep ist auch Teil unseres Lebens und dieses Stück wird niemals gut werden. Er wird immer fehlen. Er wird immer geliebt werden.

Manchmal wäre es einfach schön zu spüren das unser Umfeld das versteht. Aber das versteht wohl nur wer uns online verfolgt. Menschen die uns neu kennen lernen haben keine Ahnung. 

Ach wieviele Menschen es gibt die uns beneiden. Für unsere Beziehung. Für das Leben das wir uns aufgebaut haben. Für Joeps Bruder der so lieb und aufgeweckt und kuschelig (und schön, kein Blogeintrag ohne zu erwähnen wie schön meine Kinder sind) ist. Wenn die nur wüssten was uns fehlt. Wenn Sie nur erahnen würden das der Boef ein kleiner Bruder ist. Aber Verlust und Trauer sieht man uns nicht an. Ein Stück weit bleibe ich immer diese unsichtbare Mama zu der Joep mich gemacht hat. 

07.08.2018

Ich will dich vor allem beschützen

Ach Boefi,

alles was ich will ist dich beschützen. Niemals sollst du so traurig sein müssen wie Mama und Papa es waren. Du sollst glücklich werden. So unglaublich glücklich wie wir es einmal waren. Ich will dir alles geben um das zu erreichen. Wir werden aus dir einen Menschen machen der zurecht stolz auf sich sein kann. Der sich selbst lieben kann. Der zufrieden ist mit sich ist.

Ach Boefi, ich will das aller beste für dich. Dich wirklich vor allem schlechten, allem traurigen beschützen. Aber laufen lernst du indem du fällst und immer wieder auf stehst. Ich kann dich nicht davor beschützen dass du fällst, nicht immer. Ich bin nicht immer da wenn ein anderes Kind dich beißt. Du bist so hart im nehmen. So hart... Wenn mein Herz blutet weil du dir weh getan hast weinst du schon lange nicht mehr. Wenn ich noch geschockt darüber nachdenke was alles hätte passieren können lachst du schon wieder und kuschelst.

Ich kann und darf dich nicht vor allem beschützen. Du musst Fehler machen, du musst traurig sein dürfen. Du musst das alles selbst lernen. Nur so kannst du ein selbst reflektierter Mensch sein, nur so lernst du aus deinen Fehlern und wirst du verstehen.

Aber mein Schatz, ich konnte deinen Bruder nicht beschützen und vielleicht tut es meinem Mamaherzen gerade darum so weh dich fallen zu sehen. Auch wenn du gleich wieder kuschelst und zufrieden bist. Ich will dich glücklich sehen. Immer. Du hast das schönste und ansteckenste Lachen der Welt. Deine Tränen tun mir weh, auch wenn ich weiss wie wichtig sie sind und dass sie dazu gehören.

Ich versuche dir die beste Mama der Welt zu sein. Und die beste Mama der Welt weiß dass Fehler machen dazu gehören. Das auch ich Fehler machen muss, damit du siehst wie ich damit umgehe. Damit du siehst das Fehler machen normal ist und dazu gehört. Nicht nur zum groß werden, sondern auch zum Leben. Wir alle machen Fehler.

Ach Boefi... du wunderschöner kleiner Lockenkopf. Ich wünsche mir so sehr das du dein ganzes Leben lang auf die Frage ob du glücklich bist mit ja antworten kannst. Aus Überzeugung.

Jede Mama will ihr Kind beschützen. Jede Mama würde am aller liebsten all den Schmerz ihrer Kinder auf sich nehmen. Ich würde mein Leben für meine Kinder geben.  Ich liebe euch.

Könnte ich dich nur vor allem beschützen, wäre das nur das Beste für dich. Dann wäre mein Leben ein Stück sorgenfreier.


02.08.2018

Endlich eine halbe Stunde Zeit für die Trauer

Trauer kommt und geht wie sie es will. Man kann sie nicht beherrschen. Geht nicht, oder? Oder kann man sie doch unterdrücken? Über Monate? Vor einem halben Jahr hätte ich gesagt das ist unmöglich. Und doch sitze ich hier. Dieses Jahr war anders. Anfangs unglaublich schwer. Uns ging es schlecht. Dann irgendwann ging es mir wieder besser und ich konnte stark sein. Stark für meine Männer.

Ich ging wieder arbeiten. Jetzt musste ich stark sein. Joeps Bruder musste in die Kita. Ich musste arbeiten. Rene musste ich schonen. Und ich konnte, ich kann. Was ich aber nicht konnte war das ganze mit meiner Trauer zu verbinden. Ich kann wieder funktionieren. Ich kann dafür sorgen das zuhause alles läuft. Ich kann arbeiten, eine gute Mama sein, eine okaye Ehefrau sein. Aber ich kann nicht gleichzeitig trauern wenn ich alles andere machen muss. Und deswegen weiß ich nicht ob ich im letzten halben Jahr so richtig geweint habe. Um Joep. Ja, Tränen liefen vereinzelt. Alle 2 Wochen mal ein paar Tränen. Oft weil ich so gerührt war das so viele Menschen an Joep denken. Selten weil das vermissen so weh tat das ich kaum atmen konnte. Und wenn es so war dann gab es da Joeps Bruder oder die Arbeit oder Rene die mich brauchten. Dann wurden die Tränen weg gewischt. Der Boef soll uns nicht zu oft weinen sehen. Er soll eine glückliche Kindheit haben. Ohne diesen Schatten der Trauer der über meinem Leben liegt. Er soll auf der Sonnenseite aufwachsen. Joep lieben auf eine kindlich schöne Art und Weise. Er soll uns nicht trösten müssen. Mamas und Papas trösten ihre Babys und nicht anders rum.

Und so vergingen die Monate. Ohne Zeit und Raum für die Trauer. Die Trauer ist ein guter Freund für mich geworden. Ich vermisste sie. Ständig. Ein Teil von mir fehlte. Kollegen die mich kennen lernten sahen nur die glückliche Imke. Dabei gibt es die glückliche Imke doch gar nicht ohne die traurige.

Jetzt hatten wir Urlaub, genau genommen habe ich diese Woche noch Urlaub aber es fühlt sich schon an als sei er vorbei. Rene arbeitet diese Woche wieder 2 Tage. Joeps Bruder ist 2 halbe Tage in der Kita zur Eingewöhnung (was er übrigens soooo toll macht. Ich bin so stolz). Heute morgen haben Rene und ich den kleinen also in die Kita gebracht. Die neue Kita ist auch ganz nah an meiner Arbeit was bedeutet das wir von zuhause ca 30 Minuten bis zur Kita fahren. Gegen halb 9 waren wir wieder zuhause. Genau eine Stunde Zeit hatte ich bevor ich wieder zurück musste zum stillen. Rene und ich haben uns kurz im Arm gehalten, auf der Couch gesessen. Durchatmen, wir haben beide einen schweren Tag. Sind gestern Abend beide schon traurig ins Bett gegangen. Und dann gingen wir zu Joep. 10 Minuten hin laufen. An seinem Grab sitzen und wissen jetzt sind wir zum ersten mal seit Joep ein großer Bruder ist alleine hier. Zum ersten mal kein Baby das unruhig wird. Zum ersten mal Zeit für uns drei. Wir habe Videos von Joep geguckt. Ich wollte fühlen. Jetzt. Ich brauchte die Trauer. Schon gestern Abend liefen die Tränen aber halt nicht richtig, nur vereinzelt.

Wir sahen die Videos von Joep. Oh man was ist er schön. Oh man was waren wir glücklich. Was für eine perfekte kleine Familie. Ich konnte nicht alle Videos gucken. Ich wusste gleich kommen die Videos in denen wir Abschied nehmen. In denen wir wissen er muss sterben. In denen es keine Hoffnung mehr gibt für die Zukunft.

Und dann war sie da. Die Trauer. Die Tränen. Das im Arm halten und zusammen schluchzen. Um unseren liebsten und schönsten Joep. Um unser Glück. Und bevor es richtig angefangen hat gucke ich auf die Uhr und sehe ich dass wir wieder los müssen. Joeps Bruder bekommt Hunger. Um halb 11 wird er gestillt. Es ist mir so wichtig das er gerade zur Eingewöhnung um genau halb 11 gestillt wird. Er sich auf mich verlassen kann.

Gerade schüttelt uns die Trauer noch. Gerade schüttelt unser Körper sich noch unter unseren Tränen. Jetzt versuchen wir sie weg zu wischen. Jetzt bemerken wir erst das wir keine Taschentücher mehr am Grab haben. Zum Tränen weg wischen. Zum Nase putzen. Die liegen doch sonst immer bei den Teelichtern. Wann haben wir die aufgebraucht? Wann haben wir zum letzten mal am Grab geweint?

Weinend laufe ich über den Friedhof in Richtung Ausgang. Leer fühle ich mich. Noch nicht bereit zu gehen. Weg, weg von Joep. Wie ein Magnet zieht es mich zurück zum Grab. Ich bleibe ein paar mal stehen. Gucke in seine Richtung. Bedanke mich bei ihm für die Sonne. Wische meine Tränen weg. Dabei bin ich doch noch gar nicht richting angekommen in der Trauer. Ich habe einfach zu wenig Zeit.

Ich sage immer wieder: Ich liebe dich Joep, ich liebe dich Joep, ich liebe dich Joep. Um zu fühlen. zu realisieren das die Liebe da ist, sie zu spüren, ganz bewusst. Zu spüren das es Joep gibt, gab. Das er Teil unseres Lebens ist. Unser Leben. So falsch ist unser Leben denke ich. Ich will dieses Leben nicht. Ich sage es laut. Ich sage zu Rene das ich dieses Leben nicht will. Ich hasse es. Ich will beide meine Söhne bei mir haben. Warum wir? Warum Joep? Warum? Warum denn nur? Warum frage ich ihn. Darauf werden wir nie eine Antwort bekommen sagt Rene. Recht hat er. Ich hasse es das er Recht hat, meine angestaute Trauer der letzten Monate sucht sich gerade einen Weg und will keine vernünftigen Antworten hören. Kann es nicht akzeptieren das es so ist wie es ist.

Wir laufen zum Tor vom Friedhof. Ich weiß ich muss die Trauer jetzt hier lassen. Weine meine letzten Tränen. Wische sie weg. Ja das kann ich mittlerweile. Die Trauer ausstellen, den Tränen verbieten zu laufen. Es geht also doch denke ich.

Auf der Strasse sind wir leise. Hand in Hand. Mit leere Hände laufen wir nach hause, wie nach der Beerdigung von Joep. Wir haben ihm doch versprochen wieder glücklich zu werden sagt Rene. Ja sage ich, aber da hatte ich doch keine Ahnung das ich ihm etwas verspreche das unmöglich ist sage ich. Als ich es versprach dachte ich wirklich das das geht. Wieder 100% glücklich werden. Aber das geht nicht. Nie mehr werden wir so glücklich sein wie wir es waren. Aber wir geben unser bestes so glücklich zu werden wie es halt eben geht. Das maximale raus zu holen. Für Joep, wir haben es ihm doch versprochen. Und für seinen kleinen Bruder. Sie verdienen doch glückliche Eltern. Der Boef verdient eine tolle Kindheit, Glück und Freude und glückliche Eltern.

23.07.2018

Das erste letzte Foto

Ich bin wie betäubt. Ich laufe aus dem Zimmer in dem ich gerade die Nachricht bekommen habe die mein Leben für immer verändern wird. Taub bin ich, leer. Voller Angst vor dem was noch kommt. Du wirst sterben. Sie haben es entschieden. Ich bin deine Mama und ich kann nichts tun. Ich kann dich nicht retten. Ich kann nicht verstehen. 


Ich weiss nur eins. Ab jetzt zählt jede Minute mit dir. Ich gehe zu deinem Bett. Zu dir. Wissend das ich das nicht mehr oft kann. Es ist Freitag. 


Montag morgen wurdest du geboren. Mein Bauch ist seit heute morgen flach. Die Milch seit dieser Nacht da. Dienstag wirst du sterben. 


Ich gehe zu dir. Ich kann es nicht glauben. Wie soll ich dir das erklären? Das du von uns gehen musst? Bevor du überhaupt richtig angekommen bist. Bevor ich dir auch nur zeigen konnte wie sich frische Luft in der Lunge anfühlt.


Ich mache dieses Foto. Das erste Foto von dem ich weiss das es eins der letzten sein wird. Das erste Foto von dem ich weiss ich brauche es als Erinnerung. Ich darf dein hübsches Gesicht nicht vergessen. 


Was macht eine Mutter sie gerade gehört hat das ihr Kind sterben wird? Sie macht ein Foto. Sammelt Erinnerungen.

14.07.2018

Überraschungsfamilienfoto

Mein Schwiegervater hatte gestern Geburtstag. Als René ihn gestern abend anrief zum gratulieren erwähnte er auch das er gerne ein Foto von allen Enkelkindern hätte. BAM. Der sass... Unerwartet. René dachte: das geht nicht... Er wird niemals ein Foto von allen geben, Joep kann nicht dabei sein. Er sagte nichts. Er sagte auch mir nach dem Telefonat nichts davon um mich nicht zu verletzen. Vielleicht hatte er Angst ich würde nicht auf den Geburtstag gehen wenn ich es weiss? Vielleicht tat ihm der Gedanke einfach zu weh um darüber zu reden.

Mein Schwiegervater wohnt am anderen Ende des Landes. Wir haben uns ein Hotel genommen. Der Tag war gut. Schön. Alles lief gut. Meine Schwägerin ist schwanger. Deutlich schwanger und ich war so erleichtert das ich den Bauch gut ertragen konnte. Das dicke Bäuche mir nicht mehr so weh tun. Das Enkelkind der Freundin meines Schwiegervaters das ein dreiviertel Jahr nachdem Joep starb geboren wurde habe ich das erste mal gesehen. Und auch das habe ich gut weg gesteckt. Ich habe nicht viel daran gedacht wie sehr Joep fehlt. Ein paar mal dachte ich daran wie es wohl wäre... Mit Joep. Wie gross Joep wohl wäre. Ein halbes Jahr älter als unsere Nichte, ein dreiviertel Jahr älter als das kleine Mädchen. Und ich habs ausgehalten und es fühlte sich nicht so schlimm an wie noch vor einem Jahr. Als der Gedanke mit ihnen einen Geburtstag am anderen Ende des Landes zu feiern sich noch anfühlte wie etwas das ich nicht schaffen kann und will. Wovor ich mich/uns schützen musste. 

Es war also ein guter Tag. Mit dem Auto quer durch die Niederlande. Der Stau hielt sich in Grenzen. Wir machten zwei Pausen. Gingen auf dem Markt in Renes Heimatstadt was essen, in seinem Lieblingsrestaurant von Markt. Mit Joeps Bruder. Und wir dachten darüber nach wann wir das letzte mal hier waren. Da war ich schwanger von Joep. So lange ist es her. So lange...

Danach fuhren wir noch zu meiner Schwiegermutter und von da aus ins Hotel. Der Boef trank und schlief noch bevor es dann zum Geburtstag ging. Und schon bald hörte ich die Freundin meines Schwiegervaters sagen dass sie gerne ein Foto von allen Enkeln wollte. Unterbewusst verdrängte ich es. Nicht dran denken. Aber dann wurden am Abend doch noch alle Enkel zusammen getrommelt. Ein Foto von allen. Und ich war nicht vorbereitet. Setzte Joeps Bruder auf den Schoss meiner 16 jährigen Nichte und wünschte ich hätte etwas symbolisches für Joep dabei. Damit er auf seine Art dabei sein konnte. Hatte ich aber nicht. Hatte ich nicht. Seine Katze lag im Hotel. Die ist immer in meine Tasche... Aber sie lag im Hotel. 

Nachdem das Foto gemacht wurde sagte die Freundin meines Schwiegervaters zu meiner schwangeren Schwägerin das nächstes Jahr ein Foto mit ihrem Baby dabei gemacht wird und das sie dann komplett seien. BAM. Sofort guckte sie mich an und sagte das sie natürlich nie komplett seien. Das einer immer fehlt. Und ja verdammt nochmal. Joep fehlt. Immer. Jede Minute meines Lebens. Auf jedem verdammten Foto. 

Und dann war sie da. Die Trauer. Zusammen mit den Tränen. Den Blicken die nicht verstanden. Den Blicken denen ich ansah das sie erst einmal darüber nachdenken mussten warum ich weinte. Darüber nachdenken mussten was denn gerade der Grund war für meine Tränen. Niemand ausser René der es verstand. 

Hätte ich es nur gewusst... Hätte ich es gewusst. Ich hätte Joep mit ins Foto integriert. Aber ich wusste es nicht. Er war nicht dabei. Nicht mal symbolisch. Kein Regenbogen im Foto, keine Katze.

Es wurde noch ein Foto von allen gemacht. Der ganzen Familie. Auf diesem Foto hatte ich Joeps Bruder  auf meinen Schultern. Ich hielt meine Hände in seinem Rücken damit er gut und sicher sitzt. Damit man mein Tattoo und die Fußabdrücke von Joep sieht. Damit er wenigstens auf diese Art und Weise mit auf dem Foto ist. 

Fotos... Familienfotos... Es wird immer schwer bleiben. 

Joep du fehlst so. Jeden Tag. Bei allem. Auf jedem Foto. Bei jedem Atemzug. 

07.07.2018

Ich liebe ihn so so so sehr

Gerade habe ich den Boef nach seinem abendlichen 10 Uhr trinken ins Bett gebracht. Ja richtig gehört, in sein Bett, in seinem Zimmer. So geht das hier jetzt nämlich.

Er ist beim Stillen wieder eingeschlafen und wie er so in meinem Arm lag und ich ihn in sein Zimmer getragen habe überkam mich die Liebe. Ein warmes Gefühl. So unglaublich schön. Glückstränen in meinen Augen. Ich gehe in die Küche, René kocht gerade und ich sage ihm wie sehr ich den Boef liebe. Mein Blick schweift durch den Raum. Von René in der Küche rüber zum Wohnzimmertisch. Dabei sehe ich Joeps Foto an der Wand. Ein grosses Foto mit seinem schönen Gesicht, nicht zu übersehen, aber hängen bleibt mein Blick erst bei seinem Fotobuch das wie so oft aufgeschlagen auf dem Wohnzimmertisch liegt. Ich höre meine Worte noch, meine Glücksträne kullert noch über meine Wange: 'ich liebe ihn so so so sehr'. Ich sehe Joeps Fotos, schlinge meine Arme um meine Brust, wie von selbst geht das. Meine Arme die ins Leere fassen, beim Gedanken daran wie sie Joep das letzte mal gehalten habe. 'Und Joep' sage ich. 'Joep liebe ich auch so so so sehr'. Mich selbst umarmend. Eine leere Umarmung. Und zu meiner Glücksträne gesellen sich wie so oft auch Trauertränen.

Ich denke an ein Gespräch heute Abend, als Boef gerade erst im Bett lag vor ein paar Stunden. Wie René sagte: 'unglaublich das wir ein Kind haben - zuhause' in mir verkrampfte es sich bei den Worten 'ein Kind'. Bevor ich etwas sagen konnte sprach René weiter: 'unglaublich das eins im Himmel ist.' Und wieder wusste ich er spürt genau was ich gerade spüre. Ich sagte 'unglaublich das wir nicht zwei zuhause haben'. Mehr sagten wir nicht, wir fühlen einander an. Wir wissen was der andere denkt und fühlt. 

So viel Liebe gibt es in unserem Haus. So viel Liebe für einander. So viel Liebe für unsere Kinder. 

Als ich aus der Küche zurück ins Bett ging hörte ich René sagen: 'ich habe noch nie jemanden so sehr geliebt wie meine Kinder'. Ich auch nicht... Nie habe ich jemanden mehr geliebt als meine Söhne. 

Niemals werden Glückstränen laufen ohne das sich Trauertränen dazu gesellen. Glück und Traurigkeit liegen so unfassbar nah zusammen in unserem Leben.

Gute Nacht Joepi, mein wunderschöner perfekter kleiner Mann. Schlaf gut auf deiner Wolke mit deinem Sternenlicht. Mama und Papa lieben dich. Morgen besuchen wir dich 💙

16.06.2018

Ich arbeite wieder

Es ist also soweit. Ihr habt es alle gemerkt. Es ist still hier im Blog. Anstatt jede Woche etwas von mir zu lesen kommt oft wochenlang nichts. Und so still wie es hier ist, so stressig ist das echte Leben.

Und der Grund dafür das es hier so ruhig ist ist das ich keine Zeit habe zu trauern. Trauern bedeutet für mich auch hier schreiben. Meinen Gefühlen freien Lauf zu lassen, vom Herz über die Finger ins Internet. Aber dazu fehlt mir die Zeit. 

Ich arbeite wieder. 4 Tage die Woche. 32 Stunden die Woche. Das ist viel, ein Tag weniger als früher aber trotzdem viel. Der Boef geht in die Kita und hat sich gut eingewöhnt. Essen will er noch immer nicht aber ich stille ihn 2 mal am Tag. 1,5-2 Stunden von meinem 8 Stunden Arbeitstags bin ich bei ihm. Auf diese Art und Weise geht es. Arbeiten. Kita. Wir sehen uns ja auch tagsüber. Aber lange geht das nicht mehr so. Wenn er isst werde ich ganze Tage ohne Unterbrechung arbeiten. Und auch das werden wir schaffen. 

Ich arbeite und versuche gleichzeitig Hausfrau, Ehefrau und Mutter zu sein. Mich um alles zu kümmern. Ein Balanceakt den ich noch lernen muss. Joeps Bruder steht dabei immer an erster Stelle. Wenn er nicht ohne mich schlafen will dann bleibe ich bei ihm im Bett bis er es okay findet das ich gehe. 

Das arbeiten selbst fällt mir leichter als gedacht. Zum Glück. Ich dachte ich würde es hassen wieder zu arbeiten aber das ist nicht so. Lieber wäre ich natürlich zuhause aber das Leben ist nunmal kein Wunschkonzert und dafür lebe ich einfach im falschen Land... Ich arbeite 4 Tage damit René auch 4 Tage arbeiten kann. Natürlich würde ich am liebsten nur 3 Tage arbeiten aber dann würde ich René einen Tag mit dem Boef nehmen und das will ich nicht. Noch geht der Boef 4 Tage in die Kita weil ich ihn ja stillen muss. Aber sobald er isst bleibt er einen Tag die Woche zuhause bei Papa. Ein richtiger Männertag. 

Es ist schon verrückt wie schnell man sich daran gewöhnt wieder zu arbeiten. Sich einfindet beim neuen Arbeitgeber. So viele neue Menschen, so viele Menschen die Fragen wieviele Kinder ich habe und mich geschockt angucken wenn ich erzähle das Joep tot ist. Aber so viele Möglichkeiten über ihn zu reden. So viele neue Menschen denen ich stolz Fotos von meinen Söhnen zeigen kann. Der grosse Boef und der kleine Joep. Beide immer als Hintergrund auf meinem Handy. Beide immer ganz nah. 

Eine Träne für Joep

Wir liegen im Bett, Samstag morgen. Der Boef schläft. Mama und Papa dösen vor sich hin. Kuscheln. Viel zu selten liegen wir so, geniessen es zu dritt zu kuscheln.

Joeps Bruder atmet tief im Schlaf. Ein Geräusch das uns so gut tut, es gibt nichts beruhigenderes als sein Kind atmen zu hören. Wie friedlich er hier in meinem Arm liegt. René scheint genau das Gleiche zu denken. Er flüstert meinen Namen, will ihn auf keinen Fall stören oder wecken. Er schläft doch so friedlich. Er flüstert: 'Imke, er ist so schön.' Ich öffne meine Augen, sehe meinen Sohn neben mir liegen und mir wird warm ums Herz. Ja er ist so unglaublich schön. So perfekt. Er wird einfach immer schöner... René sagt: 'ich würde ihn für nichts auf der Welt tauschen wollen.'

Sofort denke ich an Joep, für eine zehntel Sekunde denke ich ob er ihn auch nicht für Joep tauschen würde? Dann schiebe ich den Gedanken schneller weg als er kam. Das geht nicht. Ich brauche nicht darüber nach zu denken. Joep ist tot. Joep kommt nie wieder. Aber sein Bruder ist da. Hier, in meinem Arm. Ich flüstere zurück: 'ja, er ist wunderschön. Er bleibt für immer bei uns! Er muss!' Und in Gedanken denke ich das wenn es das beste für ihn wäre ich ihn gehen lassen müsste und würde. Ihm zu liebe... Ich will nur das beste für ihn. Und ich hoffe das das Beste für ihn die nächsten 20 Jahre bedeutet bei Mama und Papa zu bleiben. Das er alt und Weise wird. Ein guter Mensch der stolz auf seine besondere Familie ist, und wir werden immer stolz auf ihn sein. 

Joeps Bruder macht unser Leben wieder schön. Es geht uns besser. Es gibt wieder so viel Freude. Aber selbst in den schönsten und wärmsten Momenten wie der gerade denken wir auch an Joep. Ich bin mir sicher das auch René in dem Moment an Joep dachte. Wie gerne hätten wir hier zu 4. gelegen. Wie schön wäre es gewesen wenn René gesagt hätte 'sie sind so schön', ich meine Augen geöffnet hätte und beide meine Söhne gesehen hätte.

Und dann kullert sie, eine Träne für Joep heute morgen. Weil auch die Traurigkeit und das Vermissen immer da sind. Auch in den schönsten und wärmsten Momenten des Glückes. 

30.05.2018

Traum

Diese Nacht habe ich nach langer langer Zeit endlich wieder von Joep geträumt.

Leider hatte ich Nachts nicht den Elan es auf zu schreiben und heute Abend ist die Erinnerung nur noch bruchstückhaft...

Joep war ca 2 Jahre alt. Er war aber nicht gesund, er war behindert. Er war schwer krank, das wusste ich. Jeder schien ihn abgeschrieben zu haben, das fühlte ich. Er war wieder ein sterbendes Kind. Eine Frage der Zeit wie lange er noch bei uns sein dürfte.

Aber dann nahm ich ihn und plötzlich fing er an an meinen Händen zu laufen. Es war ein richtiges Wunder. Er war so schön und scheinbar machte er Fortschritte, war er gar nicht sterbend. Joep ass auch ein paar Sachen im Traum. Ich war so stolz und so erleichtert und glücklich. Ich ärgerte mich das andere sagten ich solle mir keine Hoffnung machen. Nicht das sahen was ich sah...

Joep war wunderschön! Mit weiss blondem Haar. Er sah seinem Bruder ähnlich.

Ich wachte auf und sah Joep noch vor meinem inneren Auge. Es war ein schöner Traum. Ich ärgerte mich noch kurz das man mir im Traum mein Glück nicht gönnte und mir rational versuchte  zu erklären das das halt gar nicht toll ist was er kann. Aber dann schob ich den Gedanken weg und klammrte mich an das Bild von Joep. Mein stolzes Gefühl. Die Liebe die ich in dem Moment empfand. Ich lag also in meinem Bett. Joep noch vor meinem inneren Auge, und sein kleiner Bruder in meinem Arm.

21.05.2018

Nicht jetzt Trauer, bitte nicht jetzt!

Im Moment sind die Trauer und ich beste Freunde. Sie gehört in mein Leben, ist mein ständiger Begleiter. Ich liebe sie weil sie zu Joep gehört. Aber sie hat 2 Gesichter. Sie kann mir gut tun und mich heilen. Aber sie kann mich auch auf den Boden schmeißen und nochmal drauf treten. 

Das hat sie lange nicht mehr gemacht. Wochen schon nicht mehr. Ja sogar Monate! Ich weiss gar nicht genau wann sie mich das letzte mal so hart erwischt hat. Wahrscheinlich war es im Januar. Im Januar ging es mir so schlecht. Zwischen Weihnachten und Joeps Geburtstag.

Gerade fühle ich wie die Trauer sich anschleicht. Joeps Bruder liegt neben mir im Bett und schläft schon. Kuschelt sich an mich und träumt schöne Dinge. So friedlich und seelig. 

Und dann überkommt mich das Gefühl. Ich hatte schon so lange keine Zeit mehr intensiv zu trauern. Ich vermisse es. Ich vermisse mich ganz intensiv mit Joep beschäftigen zu können. Wie schön war es als ich seine Videos aufgenommen habe. Alles noch einmal erleben. Ganz bei Joep sein. Etwas für Joep tun. 

Aber seitdem muss ich funktionieren. So viel passiert hier, ich kann jetzt nicht zusammenbrechen. Nicht jetzt. Nicht morgen, nicht mal diesen oder nächsten Monat. Es geht jetzt einfach nicht. Wir brauchen mich stark. Joeps Bruder und René brauchen mich, ich muss jetzt die starke sein bis wir wieder was mehr Platz zum Atmen bekommen. Und ich schaffe es. Ich kann das. 

Aber die Trauer schleicht sich an. Gerade habe ich sie einfach weggedrückt. Ich habe gesagt nicht jetzt und mich geweigert zu fühlen. Zum ersten mal. Wie lange geht das gut?

Morgen früh muss ich arbeiten. Meine zweite Woche.  Zum ersten mal seit August wieder arbeiten. Nach 10 Monaten. Joeps Bruder geht in die Kita und muss sich natürlich auch eingewöhnen. Ihm fällt das noch viel schwerer als mir. Also muss ich stark sein. Er darf nicht fühlen das ich ihn gar nicht her geben will... Das ich ihm am liebsten noch 1000 Küsse geben würde bevor ich gehe. Aber ich kann ja nicht Stunden lang da bleiben. Ich muss ja arbeiten. Ich MUSS. 

Ich kann jetzt nicht zusammen brechen. Ich muss so viel neues auf der Arbeit lernen. Ich muss mich um Joeps Bruder kümmern. Ich muss René unterstützten so gut ich kann. Ich muss funktionieren. Mich auf der Arbeit beweisen und mir selbst beweisen das ich Arbeit, Kind, Haushalt und Ehe kann. Ich kann das auch. Aber daneben kann ich nur ein bisschen Trauer. Das Stück Trauer das mir gut tut. Ich kann jetzt nicht zusammenbrechen. Bitte Trauer. Bitte nicht jetzt. Bitte lass mich dieses mal entscheiden wann es Zeit für dich ist. Sie wird kommen. Denn ich vermisse dich ja auch. Wenn ich am Boden liege dann ist Joep mir immer so nah. 

Ach liebster schönster Joep. Schicke Mama deine Kraft. Genug Kraft damit sie auf der Arbeit alles schafft und sich beweisen kann. Genug Kraft und neben der Arbeit auch Hausfrau, Ehefrau und Mutter zu sein. 

Könnte ich doch nur nochmal mit meiner Nase deinen kleinen weichen Füsse berühren Joep. Deinen Duft einsaugen. Heute habe ich deinen Bruder mit Zwitsal eingecremt. Die Creme ist noch von dir. Es ist dein Duft aber auch wieder nicht...

19.05.2018

Mehr Privatsphäre für Joeps kleinen Bruder

Ich habe mich entschieden seinen Namen aus dem Internet zu holen. Genau aus dem Grund weswegen es auch keine Fotos gibt.

Anfangs war der Blog so klein und hat es mir nichts ausgemacht aber mittlerweile gibt es so viel mehr Menschen hier und ist es denke ich höchste Zeit dafür zu sorgen seinen Namen hier raus zu halten. Er soll sich später nicht googeln und nur Einträge aus Joeps Blog finden. Jemand der ihn später googelt soll nicht sofort wissen das er der kleine Bruder von Joep ist. Er soll das Internet selbst mit seinem Namen füllen und entscheiden. Er soll den ersten Eindruck den Google über ihn auf den Bildschirm zaubert selbst bestimmen. Ich habe nicht das Recht das zu tun. 

Darum heisst er ab heute Joeps Bruder oder L oder Boef(i) (NL für Rabauke oder Räuber - es hört sich so niedlich an)

Das bedeutet leider auch das ich einige Kommentare von euch löschen muss. Die kann ich natürlich nicht ändern. Das tut mir sehr Leid aber es ist das beste für ihn.

15.05.2018

Joeps Bruder und das Internet

Ich habe das Gefühl mich rechtfertigen zu müssen. In meinem Blog, wegen Kommentaren die ich heute bekam. Ich rechtfertige mich auf diese Art weil es vielleicht mehr Menschen gibt die so denken. Damit ihr versteht.

Ich will zu aller erst eins klarstellen: ich bin eine gute Mutter. Für beide meine Söhne! Niemand der mich nicht persönlich kennt und mich nicht mit Joeps Bruder sieht kann sich hier rüber ein Urteil erlauben. Joeps Bruder steht ganz sicher nicht in Joeps Schatten. Wenn überhaupt ist das andersrum. 

Aber es wurde bemängelt das ich zu sehr an Joep hänge und zu wenig über L. schreibe. Ja sogar das ich ihm was schlechtes tue wenn ich meinen Geburtstag nicht feier. (Ohne darauf Rücksicht zu nehmen das morgen mein zweiter Arbeitstag im neuen Job ist und ich eh nicht feiern würde, ohne darüber nach zu denken was so ein Kommentar an meinem ersten Arbeitstag wohl in mir auslöst. Ohne zu wissen wie Joeps Bruder  die Kita verträgt und darüber nach zu denken das eine Geburtstagsfeier gar nicht gut für ihn wäre. Das er abends Ruhe braucht. Und auch ohne sich zu realisieren das ich ausgewandert bin und eine Einladung für die ganze Familie auch eine riesen Aktion bedeutet, sie müssen immerhin zu uns kommen)

Ich bekomme das Gefühl man denkt ich bin keine gute Mutter. Das ich L. nicht genug liebe, ihn wohl möglich sogar vernachlässige? Aber an jeden der so denkt: nur weil hier im Blog wenig über L. steht bedeutete das nicht das es in meinem Leben wenig L. gibt. Das hier ist kein Blog über mein komplettes  Leben. Hier geht es um die Trauer. Die Trauer und den Weg zurück ins Glück. Hier kann ich über Joep reden so viel ich will und seine Fotos teilen. Etwas was ich sonst kaum kann. Über Trauer will niemand reden. 

Diesen Blog schreibe ich genau für 2 Gruppen Mensch. Die erste bin ich. Schreiben und reden ist meine Therapie. Ich brauche diesen  Blog, er tut mir gut. Aber seit langer Zeit schreibe ich nicht nur für mich, nein ich weiss ich erreiche andere Sterneneltern. Ich helfe anderen. Ich will dir gerne helfen, ich will das du hier lesen kannst und dich verstanden fühlst. Darum bin ich so offen. Für dich! Für mich! Für alle die wir in einem Boot sitzen.

Und als Joep gerade tot war gab es genau ein Thema das ich nicht ertragen konnte. Schwangere und Babys. Und genau deswegen gibt es hier halt nicht so viel Joeps Bruder. Sondern Joep. Damit niemand unnötig konfrontiert wird. Es geht darum wie ich trauer. Wie sich meine Trauer verändert. Wie Trauer anfangs mein Leben fest im Griff hatte. Ich Trauer geatmet habe und es nichts anderes gab. Bis hin zum jetzt wo Trauer nur noch einen kleinen Teil des Tages einnimmt. Subtieler. Davon möchte ich erzählen. Damit ihr wisst wie euer Weg aussehen kann. Damit ihr selbst lesen könnt wie es jmd ergangen ist mit dem ihr euch identifizieren könnt. 

Und als ob das nicht schon genug Grund ist um Joeps Bruder nicht zu viel zu benennen gibt es noch einen sehr wichtigen: ich hadere mit mir. Wieviel von meinem Kind darf ich im Internet Preis geben? Fotos? Geschichten? Darf ich sein Leben hier beschreiben so wie ich es mit meinem und Joeps tue? Die Antwort ist nein. Es ist sein Leben. Seine Entscheidung. Das kann und will ich nicht. Niemals würde ich L.'s Leben so detailliert beschreiben wir Joeps Woche. Auch über René schreibe ich nur was er okay findet. Joeps Bruder kann noch nicht entscheiden, und darum bin ich zurückhaltend. Aus Liebe zu Joeps Bruder  halte ich mich zurück, nicht weil er nicht genug geliebt wird. 

Und genau darum wird es auch keine neuen Fotos geben. Die nach der Geburt gab es weil ich Hoffnung machen wollte. Seht mein Glück, das könnt ihr auch! Aber Joeps Bruder verändert sich und wie er jetzt aussieht. Wie er sich entwickelt. Das ist etwas fürs Familiealbum und nicht fürs Internet. 

Ich ärgere mich das ich das Gefühl habe mich rechtfertigen zu müssen. 

Ich habe 2 perfekte Kinder. Ich liebe beide mehr als mich selbst. Ich bin beiden eine gute Mutter. Urteilt nicht nur weil ihr wenig L. seht. Ich habe meine Gründe. 

Und zu guter letzt: selbst wenn ich meinen Geburtstag nur wegen Joep nicht feiern würde (und Joep ist der Grund warum ich nicht mal darüber nachgedacht habe zu feiern bis meine Mutter gefragt hat) dann finde ich das das mehr als okay ist. Es ist mein Geburtstag und meine Entscheidung. Wenn ich nicht feier nehme ich Joeps Bruder nichts. Was hat Joeps Bruder davon wenn ich feier und es mir deswegen tagelang schlecht geht? Nichts! Da können wir lieber alleine bleiben und kuscheln und er hat eine glückliche und entspannte Mama. Ausserdem kann er seine Familie jederzeit sehen. Sie sind hier immer willkommen. Nur morgen nicht  😜

07.05.2018

Ich danke dir!

Seit Youtube habe ich so viele Kommentare und Nachrichten bekommen das ich es gar nicht schaffe alle so zu beantworten wie ihr es verdient. Vor allem hier im Blog wo ich nicht auf eure einzelnen Einträge antworten kann. So gerne würde ich jedem persönlich von euch antworten.

Aber vor allem die die geschrieben haben weil sie selbst ein Kind verloren haben. Ihr dürft mir jeder Zeit eine Email schicken. Ich antworte gerne und freue mich so sehr wenn ich euch helfen kann. 

Wenn ihr euch meinen Blog in der Desktopversion anguckt dann gibt es da die Möglichkeit mir eine Email zu schicken. Und natürlich dürft ihr mir auch auf instagram schreiben. Sucht einfach JoeLoeDan. 

Ich danke jedem einzelnen von euch für euer Interesse, euer Verständnis und eure Anteilnahme. Ihr habt keine Ahnung wie viel mir das bedeutet. Durch euch lebt Joep weiter, auf so eine besondere Art. Grüßt ihn mir wenn ihr das nächste mal einen Regenbogen seht! 

Ich bin so dankbar. Danke!

03.05.2018

Mein Geburtstag fällt aus

Bald habe ich wieder Geburtstag.. Zum 3. Mal ohne Joep. Zum ersten mal mit Joeps Bruder. Ich werde 31.

Meine Mutter fragte mich gestern ob ich sicher nicht feiern will. Nein sagte ich, ich habe nichts zu feiern. Doch doch war ihre Antwort. Mein Geburtstag ist ein Grund zu feiern. 

Aber nicht für mich. Ohne meinen Lieblingsmenschen... Wo doch einer der wichtigsten Menschen immer fehlt. Joep könnte mir jetzt schon ein Geburtstagslied singen. Aber es bleibt stumm und leise. Nein, ich habe wirklich nichts zu feiern. Alle Feiertage sind extra schwere Tage. Tage an denen ich so genau weiss wie anders es hätte sein sollen. Es sind Tage an denen ich so traurig bin. Immer wenn andere besonders glücklich sind bin ich extra traurig und sehe vor meinem inneren Auge einfach nur was ich verpasse. So bildlich. Joep der Kuchenteig nascht, Joep der meine Geschenke auspacken will. Joep der sich über all den Besuch freut. Joep der ausgelassen mit den anderen Kindern spielt. Joep der nicht ins Bett will weil der Besuch doch auch noch wach ist. Joep der total aufdreht vor Glück und Zucker. Joep der mit ein Geschenk gibt und mir den besten Geburtstagkuss meines Lebens gibt. Mit seinen kleinen dicken perfekten Lippen. 

Ich bin gestern Tante geworden. Was für ein Glück. Alle sind gesund und wohlauf. Aber sobald die Erleichterung gesackt ist und der Rest der Familie zu Recht so glücklich ist trifft es uns wieder so hart. Da vergleiche ich meinen Neffen und Joep. Meine Gedanken sehen so aus: Joep war jetzt schon einmal fast Tot. Joep war jetzt schon auf den Weg nach Leiden. Joep hatte jetzt schon eine Hirnblutung. Und während meine Schwester ihr größtes Glück genießt hoffe ich das sie nicht auch vergleicht. Dass sie einfach nur glücklich ist. So wie es sich gehört. Sie einmal nicht an mich und Joep denkt. Nicht jetzt. 

Aber dieser besondere Tag ist halt auch besonders schwer... Es sind die Tage an denen ich noch mehr an Joep denke. Natürlich verstehe ich das mein Geburtstag für meine Mutter ein Grund zu feiern ist. Gehört der Tag meiner Geburt doch zu den schönsten Tagen ihres Lebens. Aber für mich hat es sich gewandelt. Ich will keine Feier mehr. Ich will nicht jeden bei mir zuhause haben und keiner redet über Joep weil es doch um mich geht. Und in meinem Kopf geht es aber nur um Joep. Ich will das einfach nicht mehr. Oder noch nicht. Ich will nur zusammen mit René und Joeps Bruder zu Joep. Den Tag mit meiner Familie zusammen sein. Ganz ruhig. Ganz spontan entscheiden was und ob wir was tun. Wobei ich dieses Jahr wohl am 16. meinen zweiten Arbeitstag haben werde und ich einfach verheimlichen werde das ich Geburtstag habe. Niemand der mich kennt. Niemand der mir glücklich gratuliert ohne zu ahnen das ich Joep habe und ihn so besonders schmerzhaft vermisse an diesem Tag. 

Geburtstag und Weihnachten waren immer meine liebsten Tage im Jahr. Jetzt würde ich sie am liebsten überspringen, ausfallen lassen. 

01.05.2018

Ich bin stark!

Lieber Joep.

Stell dir das mal vor. Man findet mich stark. Menschen die deine Geschichte auf YouTube gesehen haben sagen es fast alle. Wie stark wir sind. Wie stark ich bin.

Ich höre das so oft. Ich weiss theoretisch auch das es stimmt. Ich glaube es ja auch ein bisschen. Aber vor allem bekomme ich aus meinem Umfeld ja eher vermittelt das ich zu lange Trauer (wenn sie wüssten das ich nie aufhören werde um dich zu trauern. Trauern bedeutet Liebe und ich habe nicht vor dich irgendwann weniger zu lieben mein Schatz). Diese unausgesprochenen Worte hängen in der Luft: Muss ja mal wieder gut sein. Man fragt nicht mehr aufrichtig wie es uns geht... Mit der Trauer, wie wir unser Leben meistern. Das muss ja wieder alles funktionieren.... 

Aber es funktioniert halt nicht reibungslos. Alles kostet noch so viel Energie und wir gehen jeden Tag an unsere Grenzen. Das sieht aber niemand. Wenn überhaupt finden Sie uns langweilig und verurteilen das wir uns nur um uns selbst kümmern. Das wir die anderen vergessen. Die anderen die schon so lange vergessen haben uns mal aufrichtig zu fragen wie es uns geht. Wir vergessen niemanden aber wir haben einfach noch nicht die Kraft uns um jeden zu kümmern. Wir sind sehr wählerisch. 

Siehst du Joep? Wie soll man sich da stark fühlen. Ich mache diese Videos zu deinem Geburtstag und mir schwabbt ein: 'ist sie noch immer nicht drüber hinweg' entgegen. Nicht ausgesprochen aber das Gefühl bekam ich vermittelt. Weil sie denken das man so nicht Trauert. Trauen tut man für sich alleine. Da bittet man niemanden sein Leid zu teilen. Ich darf niemanden zwingen mit mir zu trauern. Ich habe von manchen schon zu viel verlangt als ich die Videos geteilt habe und ihnen die Option gegeben habe sie zu gucken. Du bist halt mein Baby und der Rest der Welt kannte dich nicht. Versteht nicht wie perfekt du warst. Wieviel Liebe du gegeben hast. Genug für ein ganzes Leben. Ich darf von niemandem erwarten das sie auf meine Art mit mir mit trauern. Auch nicht zu deinem Geburtstag. Meine Art der Trauer ist so anders als 'normal'. Laut und öffentlich. 

Aber jetzt werden deine Videos so unglaublich oft angeklickt. 100.000 (keine Übertreibung 😳)  mal öfter als ich je erwartet habe. Und Menschen bedanken sich bei mir. Für den Einblick in mein Leben, in unser Leben, in dein Leben. Und sie sagen ich bin stark. So viele fremde Leute sehen meine Videos und kommen zu dem Schluss das ich stark sein muss. Dabei habe ich die Videos aufgenommen als ich so schwach war. In deiner Woche. Und trotzdem finden Sie mich stark. 

Und ich fange an es zu glauben Schatz. So viele Menschen können sich nicht täuschen und ich bin eine der wenigen die ihre Geschichte auf YouTube erzählen. Vielleicht die einzige die es so ausgebreitet tut. Bin ich die einzige weil ich stark bin oder weil ich schwach bin? Weil ich niemals darüber hinweg kommen werde das du tot bist? Weil ich immer über dich reden will? Dich überall in mit einbeziehen will? So viele Gründe gab es für diese Videos aber jetzt wo sie so oft angeklickt werden hoffe ich das sie helfen das Tabu zu durchbrechen. Dieses Tabu macht mich so krank! Es ist schuld das niemand weiss wir man mit trauernden Eltern umgehen kann. Weg mit dem Tabu! Und du hilfst dabei Joep! Du starker kleiner Kerl. Ich bin stolz auf uns. Ja auf dich und mich und Papa und deinen Bruder. Auf mich weil ich stark bin.

Ich liebe dich Joep. Ich liebe dich mehr als ich in Worten ausdrücken kann. Ich wäre für dich gestorben Schatz. Sofort. Ohne mit der Wimper zu zucken.... Aber das ging nicht, nicht mal mein Leben hätte dich retten können. 

24.04.2018

Wollt ihr mehr Youtube Videos?

Ich weiss nicht wie viele von euch die Videos geguckt haben oder wie viele von Youtube kommen aber mein Kanal bekommt immer mehr Abonnenten und eigentlich sind ja keine neuen Videos geplant. Es würde mir aber durchaus Spass machen noch ein paar Videos zu drehen. 

Die Frage ist: wollt ihr das? Und wenn ja, worüber soll ich reden? Aber natürlich freue ich mich über ehrliche Antworten also ein nein ist auch super für mich!

Ich würde mich freuen wenn ihr einen Kommentar hinterlasst!


16.04.2018

Bin ich wieder glücklich?

2 Jahre und 2 Monate wäre Joep jetzt alt. So viel Zeit ist vergangen und doch so wenig. Noch immer wäre er mein Kleinkind. In meinen Gedanken bleibt er das kleine perfekte Baby das uns so viel Liebe und Kraft geschenkt hat.

L. ist jetzt ein kleiner aber doch grosser Bruder. Joeps Bruder sitzt, Joeps Bruder versucht zu krabbeln, Joeps Bruder zieht mein Tshirt runter wenn er Hunger hat. Joeps Bruder  spielt und steckt sich alles in den Mund. Joeps Bruder schimpft wenn wir ihn nicht mit dem Handy oder Ladekabel spielen passen wollen. (Was fällt uns eigentlich ein 😉) Joeps Bruder bekommt gerade seinen dritten Zahn. Joeps Bruder hat mittlerweile weisse Haare. Joeps Bruder ist kein kleines Baby mehr. Joeps Bruder trägt Größe 74/80.

Und jeden Tag seitdem Joeps Bruder in unserem Leben ist empfinde ich echtes pures Glück. Jeden Tag komme ich dem Tag am dem ich sage ich bin glücklich ein Stück näher. Es gibt jetzt wieder Fotos von uns auf denen wir strahlen. Pur und echt. Weil genau der Moment, dieser Augenblick nur L. gehört und wir glücklich sind. 

Wir planen wieder eine Zukunft und diese Zukunft hat durchaus auch Dinge zu bieten auf die wir uns freuen. 90% davon hat mit Joeps Bruder zu tun. Aber es gibt auch diese 10% die sich um die neue Arbeit drehen. Um das neue Auto das wir kaufen müssen. Um die extra Etage die wir anbauen lassen. Wir träumen von einer glücklichen Zukunft. Nicht nur vom Sommer mit Joeps Bruder am Strand. Joeps Bruder wird ein alter Mann werden. Ich träume davon was für ein Mensch er wird. Ein Spiegel unser selbst, unserer Erziehung. Eine Kindheit voller Liebe wird ihn auch prägen.

Nicht alles ist rosa rot. Es gibt auch noch immer viele Sorgen und tiefe Trauer. Wie wird das mit der neuen Arbeit? Joeps Bruder in der Kita. Ablenkung von L. und Joep auf der Arbeit. Woher nehmen wir die Energie beide zu arbeiten und Joeps Bruder zu erziehen und unser Leben zu leben. Ich habe Angst auch dieses Jahr gelebt zu werden anstatt zu leben. 

Aber heute bin ich optimistisch. Heute geht es mir gut. Heute scheint es auch René gut zu gehen. Heute haben wir Pläne für den Tag. René ist heute zuhause. Meine Schwester ist mit Familie zu Besuch und ich freue mich so auf diese Woche. Auf Ausflüge mit 2 jährigen. Darauf wie 2 jährige mit Joeps Bruder kuscheln. Ein Blick in eine Welt wie sie hätte sein müssen. 

Heute wird ein guter Tag. Heute werde ich glücklich sein. Glücklich sein und sehen wie meine Nichte und mein Neffe in Sealife die Haie bestaunen. Und wer weiss verschläft Joeps Bruder es ja nicht und ist auch fasziniert 💛


13.04.2018

Liebster schönster Joep

So lange habe ich dir nicht geschrieben. So oft habe ich angefangen zu schreiben aber dann wurde dein Bruder wach und die letzten Wochen hatte ich einfach keine Zeit.

Es ist so viel passiert kleiner Schatz. Mama hat ihren Job Hals über Kopf gekündigt bevor sie was Neues hatte. Ich hab es einfach nicht mehr ausgehalten. Ständig wurde ich angerufen. Der Druck wurde mir zu gross. Ich kann doch nicht arbeiten wenn dein Bruder dann nichts isst. Essen tut er nämlich noch immer ausschließlich bei Mama. Oder sollten wir es trinken nennen?

Papa ging es nicht so gut, dein Bruder hatte seinen straffen Plan an den ich mich halten musste. Ständig klingelte das Telefon und die feste Überzeugung das ich ja eh in ein paar Tagen kündigen würde sobald der neue Job rund ist. So viel Streß vor Ostern. 

Aber es ist auch viel Gutes passiert. Mama hat den neuen Job bekommen. Ich war vielleicht naiv mit der Kündigung aber der Job, das war doch dein Geschenk. Auf deinem Geburtstag wurde ich angeschrieben ob ich Interesse habe. Ich wollte mich nicht melden. Nicht in deiner Woche aber Papa sagte das es vielleicht ein Zeichen ist. Das es vielleicht so sein soll. Es sollte so sein Schatz. Du weisst was du tust.

Jetzt kann dein Bruder  da in der Nähe in die Kita und Mama kann während der Arbeit  dahin um ihn zu füttern. Kein Essproblem mehr :)

Und schlafen tut dein Bruder  auch viel besser. Noch nicht gut. Noch nicht ohne Mama aber ohne Brust. Nachts wird er weniger oft wach. Tagsüber schläft er neben mir anstatt mit Brust im Mund. 

Ich habe so viel über ihn gelernt die letzten Wochen. Etwas anderes als Brust will oder kann er noch nicht aber das lassen wir jetzt untersuchen. Er liebt Brot aber spuckt alles aus. Vielleicht ist etwas in seinem Mund nicht richtig? Wir werden sehen. Aber es ist schön zu sehen wie er seine Zähnchen in ein Brötchen haut und abbeisst und kaut. Nur runter schlucken anstatt ausspucken muss er noch lernen und dann kann er richtig mit uns mit essen. 

Siehst du Joep. Das Leben lebt Mama und Papa wieder. Wir haben kaum Zeit still zu stehen obwohl wir das so brauchen. Aber wir schaffen das. Versprochen. Mama kümmert sich um ihre Männer und ist stark für euch. Versprochen. 

Joep du fehlst uns so sehr. Jeden Tag. Wie schön könnte unser Leben sein mit dir hier bei uns. Einen fröhlichen weiss gelockten Joep der dem weiss haarigen L.  Küsse  gibt und viel kuschelt. Wie schön ihr zusammen spielen würdet. Dein Bruder hätte dich so angehimmelt. Er liebt Kinder. 

Ich liebe dich Joep. Mein Sternenprinz. Mein Wunder Engel. Ich schicke dir 1000 Küsse in den blauen Himmel. Danke für die Sonne Schatz! Danke für die 8 wunderschönen Tage die du uns geschenkt hast.

Ich Tag träume von dir.
Mama

19.03.2018

Heute hasse ich einfach jeden der mich nicht versteht

Heute bin ich so wütend. Auf alles und jeden. Auf mich, mein Leben und wahrscheinlich auch auf dich. Weil du das Glück hast nur zu lesen. Nicht zu fühlen was ich gerade fühle.

Auf mich weil es mein Leben ist. Weil ich gerade nicht weiss wer ich bin. Weil ich meine Grenzen nicht kenne. Weil ich kein Mitleid mit den scheiss Problemen der Anderen habe die kein Kind verloren haben. Weil all diese Probleme für mich so einfach zu lösen sind aber Joeps Tod ist endgültig. Daran kann man nichts ändern. 

Ich will kein Verständnis haben für all die Verletzungen mit denen ich leben muss. Das Joep euch zu sehr runter zieht, ich nicht über ihn reden darf... Ich will euch nicht in meinen Leben. Heute nicht wo es mir so schlecht geht aber den scheinheiligen Scheiss brauche ich auch morgen nicht. 

Ich möchte mit niemanden lachen der nicht mit mir weinen kann. 

Das zieht dich zu sehr runter... Ehrlich? Wie soll es mir denn gehen. Ich kann nicht einfach tun als sei das nie passiert und mich selbst bemitleiden weil meine Probleme ja sowieso schon schwer genug sind. Ehrlich. Tausche eine Stunde mit mir und du lachst dich selbst aus... Das du dachtest du hast Probleme.

Heute bin ich so wütend und überfordert. Mit allem. Auf jeden. Auf die Welt die sich weiter dreht. Auf das Leben und den Tod. Darauf das wir nie komplett sein werden. Das Joep immer fehlt.

Und dann soll ich mich um meine Alltagssorgen sorgen... Kein Wunder das ich meine eigenen Probleme nicht erkenne wo sie im Vergleich doch so nichtig sind. Da wird Joeps Bruder ein ernstes Schlaf- und Essproblem bescheinigt und ich kann nur denken das doch trotzdem alles super ist. Er lebt, er ist glücklich. Ja er schläft nur bei mir, trinkt nicht aus der Flasche aber er ist doch noch kein halbes Jahr. Das ist doch normal?

Dann schiebe ich das Problem ab aufs Land. Das hier jede Mutter wieder arbeiten muss sobald das Kind 3 Monate ist. In Deutschland würde niemand auf die Idee kommen zu sagen wir haben ein Problem, oder?

Oder verschließe ich die Augen vor unserem Problem? Alle anderen Kinder hier haben diese Probleme nicht. Können in die Kita. Ich muss eigentlich wieder arbeiten aber das geht nicht. Nicht wenn L. nichts isst ausser an meiner Brust ... Und die Sorgen darum sind sehr wohl da. Die Lösung ist so einfach. Zuhause bleiben. Und doch will ich funktionieren, den Erwartungen der Gesellschaft gerecht werden. Und dieser Druck, zusammen mit der Trauer... Wann wird mir das zu viel? Ein Kind das nicht schläft und schwierig isst, wie lange kann ich das neben der Arbeit schaffen? Tage, Wochen? Ich schaffe es nicht lange, da bin ich mir sicher. Die andere Lösung, wahrscheinlich die bessere, ist Hilfe suchen. Jemand der uns dabei hilft einen richtigen Rhythmus für Joeps Bruder  auf zu bauen. Der uns dabei hilft ihn aus der Flasche trinken zu lassen. Diese Hilfe haben wir jetzt. Denn ja, das Problem scheint viel größer zu sein als ich wahr haben will. Und auch das hasse ich. Ich darf nicht für Joep sorgen. Jetzt will ich die beste Mama für Joeps Bruder sein aber ich bin zu blöd mein Kind tagsüber schlafen zu lassen... Zu blöd ihn aus der Flasche trinken zu lassen. L.'s Wille ist definitiv stärker als meiner. Und ich liebe das an ihm. Er weiss was er will, mein Sohn.




10.03.2018

Jetzt bist du wieder so weit weg

Mein liebster schönster Joep!

Ich hatte Angst vor deiner Woche, deinem Geburtstag, all den Gefühlen die ich wieder fühlen würde, so schmerzhaft. Aber jetzt wo deine Woche schon wieder 2 Wochen vorbei ist vermisse ich sie. Ich vermisse dich, deine Zeichen, deine Nähe. 

Ich fühlte dich bei mir, jede Minute dieser Woche. Das ist nicht immer so aber in deiner Woche ist es so und ich kann dir sagen das ist das Schönste was es gibt. Dann fühle ich mich nicht mehr wie ein halber Mensch sondern wie ein dreiviertel Mensch. Du fehlst, du fehlst immer aber manchmal spüre ich das du bei mir bist und dann geht es mir besser. Manchmal brauche ich es einfach ganz viel an dich zu denken und in meinem Kopf in die Zeitmaschine zu steigen mit der meine Gedanken zurück in die Zeit in der du bei uns warst fliegen. Dann kann ich dich fast wieder riechen, dann weiß ich genau wie du auf mir lagst, dann streichel ich noch einmal vorsichtig deinen Kopf und drücke dich ganz sanft etwas fester an mich. Dann schlinge ich meine Arme um dich und will dich beschützen, will das du überlebst und ich dich glücklich machen darf. Die Liebe die ich für dich empfinde ist dann so pur. Dann laufen die Tränen und es sind Tränen des Glückes und des Vermissens. Tränen der Liebe. Dann wünsche ich mir nichts mehr als noch einmal deine weichen Füße zu berühren.

Aber Fakt ist so nah bist du mir nicht mehr oft und ich vermisse es. Ich werde gelebt und habe keine Zeit so in mich zu gehen und dich so nah zu spüren. Diese Gefühle bewusst auf zu rufen, das tue ich nie. Ich weiss das sie von selbst kommen. Es ist wie mit Ebbe und Flut. Gerade haben wir Ebbe, mit den Füßen stehe ich im Sand, das Meer rauscht vor mir. Die Sonne scheint warm auf mich und es geht mir gut. Ich genieße den Tag am Meer, schreibe deinen Namen in den Sand. Aber ich laufe nicht ins Wasser um mich ab zu kühlen. Das geht nicht, ich bleibe stehen wo ich bin. Langsam kommt das Wasser und ich stehe mit den Füßen im Wasser. Und ich warte, warte auf die Flut der Traurigkeit, warte auf die Wellen die mich mitreißen wollen. Ich lasse mich nie ganz mitreißen... ich will nicht ertrinken. Und dann irgendwann geht die Flut wieder und ich stehe da, nass und erschüttert. Fühle so gut was alles nicht stimmt in meinem Leben. Wo ich mir gerade noch wünschte das die Flut endlich verschwindet weil ich nicht mehr wusste wie lange ich noch stehen bleiben kann vermisse ich sie weil dieses Gefühl zu kämpfen doch zu dir gehört. Weil du doch auch die Flut bist. Du bist Ebbe und Flut Joep. Aber nie ist es gut. In der Ebbe vermisse ich das ich dich nicht überall um mich rum fühlen kann. Vermisse ich es das das Atmen so weh tut. Dann schreibe ich deinen Namen in den Sand und versuche die Sonne zu genießen. Wissend das du auch jetzt bei mir bist. Das nicht nur das kalte Wasser Joep ist sondern auch die Sonnenstrahlen die mich kitzeln.

Aber egal ob Ebbe oder Flut. Richtig bei mir bist du nie und das ist das Problem.

Ob unsere Waschlappen jetzt wohl auch schwanger wären? Im April ihre 100 Duplosteinbabys bekommen? So wie die von A. und Le.? Hättest du deine Tante auch anrufen wollen um es ihr stolz zu zeigen? Hättest du dabei genauso gestrahlt wie dein Cousin?

26.02.2018

Der schlimmste Tag meines Lebens

Oft höre ich das ein bestimmter Tag mit Joep der schlimmste meines Lebens gewesen sein muss. Der Tag an dem wir hörten das er sterben muss? Der Tag an dem er starb? In meinem Arm, der schlimmste Moment meines Lebens? Die Beerdigung, als ich ihn in seinem kleinen Korb der Erde übergab? War das der schlimmste Tag meines Lebens?

Aber all diese Momente, in all diesen Momenten war Joep bei mir. Lebend oder tot. Die Momente in denen Joep bei mir war gehören zu den schönsten meines Lebens. Mein perfekter kleiner Sohn, mein geliebter Joep. 

Nein, kein Tag mit Joep gehörte zu den schlimmsten Tagen meines Lebens, nicht mal zu den schwersten. Sie gehören zu den schönsten und sicher auch sehr schweren Tages meines Lebens.

Aber wenn ich mich entscheiden muss was der schlimmste war, das kann ich nicht. Es gibt nicht einen Tag der der schlimmste war. Es gibt nur Tage, Wochen, Monate. Nachdem wir Joep beerdigt haben wurde es immer schlimmer. Jeden Tag ging es uns schlechter. Jeden Tag aufstehen wurde immer und immer schwerer. Unerträglich schwer. Mein Leben ohne Joep, die ersten Monate nach der Beerdigung. Das war die schlimmste Zeit meines Lebens.