28.08.2017

Das Totenhemdchen - Gebrüder Grimm

Als Kind habe ich Grimms Märchen geliebt. Bis heute finde ich dass die Gebrüder Grimms wirklich die schönsten Märchen zusammen getragen haben. Natürlich gibt es auch eine Menge anderer Märchen die schön sind aber keine anderen gehören so zu meiner Kindheit wie die der Gebrüder Grimm. Ich weiß dass die Enden vieler Märchen im Laufe der Zeit geändert wurden um sie kindgerechter zu machen. Und ehrlich ist ehrlich. Welches kleine Mädchen wünscht sich am Ende eines jeden Märchens kein: '...und sie lebten glücklich bis an ihr Lebensende.'

Zufällig bin ich jetzt aber auf ein Märchen gestoßen dass mich echt fassungslos machte. Die Moral der Geschichte entgeht mir komplett. In 'Das Totenhemdchen' geht es um einen kleinen Jungen der gestorben ist und um seine Mutter die schrecklich viel weint weil sie ihr Kind so vermisst. Nach der Beerdigung erscheint ihr der Junge dann Nachts und sagt ihr dass sein Totenhemdchen ganz nass ist von ihren Tränen und dass sie doch aufhören soll zu weinen damit er endlich in Frieden schlafen kann. Seine Mutter ist natürlich entsetzt dass sie ihrem Kleinen nicht gut tut und deswegen hört sie komplett auf um ihn zu weinen, sie ertrug ihr Schicksal und ihren Schmerz still und geduldig. Ende der Geschichte.

Was mir dieses Märchen vor allem zeigt ist wie anders es doch früher war. Mütter durften nicht um ihre Kinder trauern, nicht einmal alleine Zuhause wenn niemand es sah. Es wurde einfach erwartet dass man es unterdrückt und weiter lebt. Wenn ihr Ehemann gestorben wäre hätte man von ihr erwartet sich an das Trauerjahr zu halten und ein Jahr lang nur schwarz zu tragen, aber wenn es ums eigene Kind ging war das scheinbar ganz anders. 

Dieses Märchen in der heutigen Zeit, einer Zeit in der ich so dafür kämpfe dieses Tabu zu brechen, scheint mir so falsch zu sein. Und das begegne ich immer öfter Menschen, höre ich immer wieder Geschichten von anderen Müttern, die genau das von uns erwarten. Wir sollen weiter machen und unser Leben leben, sie verstehen nicht dass mehr als funktionieren einfach noch nicht drin ist. Zu. Glück bin ich nur auf wenig Unverständnis gestoßen aber ich höre es so oft von anderen Mamas. Das es als komisch erfahren wird wenn sie ihre verstorbenen Kinder mit aufzählen. 

Dieses Märchen ist für mich kein Märchen. Vor allem nichts für Kinder. Aber auch nichts für mich... Es zeigt lediglich wie es früher war, in einer Zeit in der viel mehr Kinder starben als heute. Als wirklich jede Menge Familien betroffen waren, als sie einander hätten unterstützen können war das nicht möglich, denn man sprach nicht über den Verlust und die Trauer um sein Kind. 

Oft hätte ich mir jmd in meiner Umgebung gewünscht der mich versteht. Ich habe Kontakte übers Internet geschlossen. Oft dachte ich früher war es leichter, da verstand zumindest jeder diesen Schmerz, da gab es diese Mauer des Unverständnisses nicht. Aber wahrscheinlich war es früher noch viel schlimmer. Jeder verstand es aber niemand durfte darüber reden. Weiter machen war die Devise. Ich frag mich wie viele Leute das psychisch geschafft haben ohne zusammen zu brechen. 


15.08.2017

Jetzt wäre Joepi schon 1,5 Jahre alt

Vor 1,5 Jahren war ich der glücklichste Mensch der Welt. Wie schnell sich das ändern würde/könnte, daran hab ich zu dem Zeitpunkt keinen Gedanken verschwendet.

Mein Körper war voller Glückshormone und ich lernte zu lieben wie es nur Mamas können. 1,5 Jahre ist das heute her... Die Zeit bleibt komisch, wie kann es sein dass Joep nächste Woche schon 1,5 Jahre tot ist. Wie kann es sein dass er nur 8 Tage alt wurde... Die Welt dreht sich einfach weiter und das obwohl ich am liebsten für immer in diesen 8 Tagen leben würde.

Ich sitze jetzt vorm Friedhof im Auto, gerade habe ich Joep einen Ballon gebracht. Eigentlich wollte ich noch Blumen für Joep kaufen aber es regnet und ich bin spät dran. Ich muss zur Arbeit. Ich muss noch eine Woche arbeiten bevor ich frei habe. Verrückt, wo ich gerade noch die Zeit verfluchte bin ich jetzt froh dass sie einfach ihr Ding durch zieht und nicht still steht. In 6 Wochen wird Joep grosser Bruder. In dieser komischen Zeit ist in mir aus einem Millimeter Gewebe ein kleiner Mensch geworden, er wächst stetig in meinem Bauch und zeigt uns dass die Zukunft auch noch Gutes für uns bereit hält. Er sorgt dafür dass ich mit Hoffnung in die Zukunft blicke. 

Aber jetzt fahre ich zur Arbeit und lebe mein Leben... Keiner der mir heute ansehen wird dass Joep jetzt 1,5 Jahre alt sein würde. Keiner der auch nur einen Gedanken daran verschwendet ob ich vielleicht heute morgen die ganze Zeit schon mit den Tränen kämpfe. Keinem wird auffallen dass mein Mascara total am Arsch ist, ich werde funktionieren und die Welt wird sehen was sie sehen will.  Alles ist gut, alles ist gut...Ich funktioniere wieder, immer, das ist gut, natürlich ist das gut. aber heute tut es wieder so weh und ich will gar nicht funktionieren...

Ich liebe dich Joep. Heute nach 1,5 Jahren noch genauso intensiv wie am ersten Tag. Du wirst mir immer fehlen. Du warst so unfassbar schön, ich werde immer stolz auf dich sein!
Den Blumenstrauß bekommst du noch. Versprochen!

09.08.2017

Einen Traum den wir nur für Joeps Bruder träumen

Als ich von Joep schwanger war hatte ich so viele Träume, wir träumten von der Zukunft die uns so rosig erschien. Jeder kleine Junge den wir unterwegs trafen liess uns wieder weiter träumen. Wird Joep das auch so machen? Wird Joep es besser machen?

Wir hatten quasi schon sein ganzes Leben erträumt. Joep würde clever sein und studieren, was genau war uns egal aber er würde im Leben was erreichen. Wir würden ihm immer ein gutes Vorbild sein. Joep würde gutes Essen lieben, wir träumten davon wie wir zusammen kochen würden und er nur das Beste gut genug fände. Das Beste und natürlich Pommes, Pommes würde er auch lieben, wie alle kleinen Kinder.

Wir träumten davon wie er mit anderen Kindern spielt und jede Menge Freunde hier in der Strasse hat. Wir fragten uns ob er der Anführer der Gruppe sein würde? Ob er den meisten Unfug von allen Kindern machen würde? Wir lachten bei dem Gedanken dass auf einmal andere niederländische Kinder "Scheisse" sagen würden und alle Eltern wüssten genau dass sie das von Joep gelernt haben weil ich zuhause meinen Mund nicht halten konnte.

Wir träumten davon dass Joep hellbondes Haar hat und sportlich ist. Wir träumten davon dass wir ganz oft mit ihm zum Strand gehen würden, wir wohnen so nah am Strand und Joep würde den Strand lieben und mit Papa riesen Sandburgen bauen!

Wir träumten davon wie er seine kleinen Schwestern beschützt und auf sie auf passt. Wie er es hassen würde wenn seine Freunde seine kleine Schwester toll fänden. Ja wir träumten davon dass er schnell ein Schwesterchen bekommen würde. Ein Junge und ein Mädchen, das schien uns so perfekt. Eventuell wenn die beiden was älter sind noch ein 3. Kind hinterher.

Alle Träume die werdende Eltern so träumen träumten wir für Joep.

Und dann auf einmal waren all die Träume es die unser Leben zur Hölle machten, wir träumten sie weiter aber wussten dass unsere Träume niemals Wirklichkeit werden würden. Es dauerte lange bis wir uns abgewöhnten zu träumen. Bis wir uns nicht mehr bei allem Neuen fragten wie Joep das wohl finden würde. Wie es wohl wäre wenn er jetzt gerade bei uns wäre. Bis wir andere Kinder ansehen konnten ohne daran zu denken dass Joep alles was sie tun nie tun wird.

Wir haben uns abgewöhnt zu träumen weil Träume uns so weh taten.Wir träumen nicht mehr von der Zukunft, unsere Zukunft sieht auch nicht mehr so rosig aus. Wir haben gelernt wie sehr es weh tut wenn Träume platzen.

Aber jetzt bin ich wieder schwanger, hoch schwanger. Ich will wieder träumen, für Joeps Bruder, von Joeps Bruder. Aber alle Träume haben wir schon für Joep geträumt. Die Träume haben sich ja nicht in Luft aufgelöst. Ich träume noch immer davon mein Baby nach der Geburt mit nach Hause zu nehmen, ihn zwischen uns ins Bett zu legen und ihn einfach zu bewundern. Ich träume noch immer davon mit meinem Baby raus zu gehen so dass Leute sehen wie hübsch mein Baby ist und sie uns auf ihn ansprechen. Ich träume davon wie stolz wir sein werden.

Joeps Bruder verdient auch seine eigenen Träume! Und genau da ist das Problem, wenn man doch schon alles geträumt hat was es gibt, was soll man denn dann noch träumen? Worauf sollen wir hoffen? Ich hätte gerne einen neuen Traum, eine perfekte rosa (oder babyblaue) Welt für uns und Joeps Bruder von der ich träumen kann, eine die nur für Joeps Bruder ist. Aber die gibt es nicht, es gibt nur eine allegemeine Babytraumwelt. Wahrscheinlich ist das beim 2. Kind immer so dass man kaum/keine neuen Träume hat. Man wünscht sich für all seine Kinder nur das Beste und darum träumt man auch nur vom Besten.

Natürlich träume ich auch davon dass Joeps Bruder klug und hübsch wird, viele Freunde haben wird und dass er ein glücklicher Junge werden wird.

Aber vor allem hoffe ich dass wir ihm alles geben können das er braucht um das zu erreichen, dass wir keine ängstlichen Eltern werden die ständig Angst davor haben dass sie ihr Kind verlieren können, weil wir wissen wie schnell das gehen kann. Wir wären die entspanntesten Eltern überhaupt für Joep gewesen, aber wie wir jetzt sein werden weiss ich nicht.

Wir haben kleine verhaltende Träume und Pläne für Joeps Bruder die wir so nicht für Joep hatten. Der erste Wunsch ist dass wir die ersten Tage alleine mit ihm sein wollen, dass ihn keiner ausser uns (und der Geburtshelferin die die erste Woche bei uns sein wird) anfasst. Einfach damit wir uns in Ruhe an ihn gewöhnen können. Bei Joep konnte ich nicht darauf warten dass jeder vorbei kommt um ihn zu bewundern. (Und im Krankenhaus wollte ich dann niemanden sehen und meine kurze Zeit mit ihm nicht teilen) Diesesmal wünschte ich dass das nicht nötig ist, wir wollen einfach unsere Ruhe mit ihm haben und unser junges Familienglück geniessen. Mal sehen wie wir das umsetzen werden. Rene und ich haben beide eine sehr grosse Familie und wenn jeder vorbeikommen will dann haben wir das Haus wochenlang voll. Ganz zu schweigen von den Freunden und Kollegen die alle so mit uns mitgelebt haben und sicher auch gerne unser neues Wunder bewundern wollen.

Ein anderer Traum den wir für Joeps Bruder haben ist dass er vor allem selbstgemachtes Essen isst. Das haben wir auch für Joep geträumt, aber im letzten Jahr haben wir uns was das betrifft weiter entwickelt. Wir haben letztens zum Beispiel selbst Joghurt gemacht und haben extra hierfür auf einem Bauernhof frische Milch gekauft (Die ich nicht trinken durfte...). Wir wollen gerne dass er weiss woher sein Essen kommt und er merkt dass es besser schmeckt wenn man es selbst macht als wenn man es fertig im Supermarkt kauft.

Wir sind noch auf der Suche nach einem Traum den wir nur für Joeps Bruder träumen und der nichts mit Joep zu tun hat. Aber ehrlich ist ehrlich, der einzige wirklilch neue Traum den wir haben ist dass wir davon träumen zusammen Joep zu besuchen. Wir träumen davon vorher in den Streichelzoo zu gehen der hier gleich um die Ecke ist und davon dass Joeps Bruder gerne seinen grossen Bruder besucht. Aber diesen Traum gäbe es nicht ohne Joep. Wir werden sehen ob wir einen Traum finden den wir nur für Joeps Bruder träumen.

Und wenn das nicht so ist dann ist auch das total in Ordnung. Der wichtigste Traum den ich für beide geträumt habe und jetzt für Joeps Bruder träume ist dass es die glücklichsten Jungs der Welt werden. Hauptsache Joeps Bruder wird glücklich!

08.08.2017

Mamakraft

Kennt ihr noch das Gefühl dass ihr kurz nach der Geburt eures Kindes hattet? Als ihr auf einmal wusstet dass ihr für dieses kleine Baby alles tun werdet und bis ans Ende der Welt gehen würdet? Diese unfassbare Kraft, Rene und ich nennen sie Mama- und Papakraft.

Als Joep noch lebte versprachen wir ihm weiterhin immer stark zu sein, für ihn. Und in dem Moment war ich mir sicher dass wir das schaffen weil er mir so viel Kraft schenkte. Sogar kurz nach seinem Tod war diese unfassbare Stärke noch in mir, vor allem wenn ich gerade von seinem Grab kam. Ich fühlte ihn ganz nah bei mir und doch wurde diese Kraft und Stärke mit der Zeit immer weniger. So wenig bis sie letztendlich ganz weg war. Ohne Baby/Kind gab es für uns keine Mama- oder Papakraft. Was habe ich Eltern beneidet die schon ein Kind hatten, einfach weil ich dachte dass sie diese Kraft noch haben und sie einen Grund zum kämpfen haben. Einen Grund den ich so lange gesucht habe aber alles was ich fand war ein kleiner Funken Hoffnung dass wir irgendwann noch einmal Eltern werden würden.

In den letzten Wochen fällt mir auf dass es mir psychisch besser geht. Erst ging es Rene besser als mir, irgendwann ging es uns gleich gut/schlecht aber in letzter Zeit merken wir dass es mir besser geht und ich die Stärkere bin. Was verrückt ist denn ich bin schwanger und müde und mein Leben besteht eigentlich nur noch aus arbeiten, essen und schlafen. Aber wenn ich wach bin dann sitze ich viel weniger rum als vorher. Der Nesteldrang setzt langsam ein, ich will dass alles fertig ist. Nur noch 2 Monate und wir haben wieder ein Kind. In mir herrscht eine Unruhe die dafür sorgt dass ich anfange alles zu sortieren, sauber zu machen und vor zu bereiten.

Erst heute wurde mir bewusst warum es mir besser geht als Rene, dabei ist es doch so logisch. Es kommt durch Joeps Bruder, meine Mamakraft setzt langsam aber sicher ein. Ich trage ihn 24/7 mit mir rum, spüre ihn immer. Ich habe eine kleine Batterie im Bauch die mich mit extra Energie versorgt. Bei Joep wurde mir erst im Krankenhaus bewusst dass er eine kleine Batterie ist, ich durch ihn die stärkste Frau der Welt geworden bin. Diesmal erkenne ich es schon 2 Monate vor der Geburt. Joeps Bruder macht wieder eine starke Frau aus mir, etwas wovon ich nicht gedacht hatte dass ich das dieses Jahr noch so empfinden würde. Ich bin sicher noch nicht so stark wie vor Joep, ich bin noch lange nicht so wie ich war aber ich weiss  dass ich stark genug bin um das mit Joeps Bruder alles zu schaffen! Dass er eine starke Mama hat und ich bin überzeugt dass bald auch die Papakraft einsetzten wird und Rene auch von unserer kleinen Batterie profitieren wird.

Mama und Papakraft, wir sind bereit für dich und durch dich bereit für alles was die nächsten Jahre noch auf uns zukommt. Vielleicht ist es ja gerade diese Kraft die wir brauchen um wieder glücklich werden zu können!
Joep, ich liebe dich! Ich vermisse dich! Du hast Mami gezeigt wie stark sie sein kann und genau das hilft Mami gerade wieder etwas Vertrauen in die Zukunft zu bekommen. Danke mein kleiner schöner Schatz!

03.08.2017

Gedenkdienst im Krankenhaus in dem Joep starb

Im Krankenhaus in dem Joep gestorben ist gibt es einmal im Jahr einen Gedenkdienst (kein Gottesdient) für alle Kinder die im letzten Jahr gestorben sind.

Lange habe ich auf diesen Tag gewartet, ich habe ein paar mal nachgefragt wann dieser Dienst denn endlich sei und im Mai war es dann so weit. Einen Tag vor Muttertag hatten wir diesen Gedenkdienst.

Eine Woche zuvor waren wir schon einmal in Leiden wegen dem grossen Organscreening von Joeps Bruder. Das machte es jetzt leichter, das Parkhaus schnürte mir zwar wieder die Luft zum atmen ab aber nicht so sehr wie eine Woche zuvor. Diesmal mussten wir auch in ein anderes Gebäude in dem wir vorher noch nie waren und wir hatten die Möglichkeit nach dem Dienst noch etwas zu trinken und uns mit anderen Eltern aus zu tauschen.

Der Dienst begann, es wurden Geschichten und Gedichte vorgelesen, es gab zwei Musikanten die Musik spielten und alles war festlich geschmückt. Rene und ich waren in unserer eigenen Welt, sprachen nicht mit anderen Eltern. Es war sehr emotional aber es war auch ein schöner Dienst.

Man hatte die Möglichkeit vor dem Dienst ein Gedicht das man für sein Kind geschrieben hat via email zu verschicken dass dan vorgelesen wurde. Als der Brief mit der Einladung kam ging es uns nicht gut und ich habe nur die wichtigsten Informationen daraus beachtet. Wir mussten uns anmelden, wir mussten in einem bestimmten gebäude sein und es war im Mai. Am morgen vor dem Gedenkdienst habe ich dann nochmal alles gut gelesen und ärgerte mich enorm dass wir das Gedicht dass Rene für Joep geschrieben hat nicht eingereicht haben. Ich dachte jetzt ist es auch zu spät, dann haben wir halt pech.

Auf jedem Stuhl lag ein Programmheft und darin standen auch alle Gedichte die Eltern für ihre Kinder geschrieben haben. Joeps Gedicht stand nicht dabei und das machte mich traurig. Plötzlich wurde dann noch ein Gedicht vorgelesen dass von anderen Eltern erst am morgen eingereicht wurde und jetzt ärgerte ich mich richtig. Wir hätten einfach auch dreist sein sollen, dann wäre sein Gedicht vorgelesen worden anstatt nur in einem Heft zu stehen. Verdammte scheisse...

Während eines Liedes stand ich auch und ging zu der Frau die den Dienst leitete und fragte ob sie vielleicht auch unser Gedicht noch vorlesen konnte, von meinem Handy, von diesem Blog. Es war kein Problem und so wurde auch unser Gedicht noch vorgelesen. Natürlich war das für uns ein unfassbar emotionaler Moment! Es fühlte sich richtig an dass Joep diese extra Aufmerksamkeit bekam!

Der Höhepunkt des Dienstes war wohl der Moment in dem alle Namen von allen Kindern genannt wurden. Die Namen wurden in Etappen vorgelesen, unterbrochen durch Musik und Gedichte. Sobald der Name eines Kindes genannt wurde standen die Eltern auf, nahmen eine weisse Rose in Empfang und stellten diese Rose in eine grosse Vase die in der Mitte stand.



02.08.2017

Momentaufnahmen

Wie geht es mir momentan wirklich?

Oft wenn ich hier schreibe dann schreibe ich um meinen Frust ab zu bauen oder um meiner Trauer ein Ventil zu geben. Natürlich geht es mir nicht immer nur schlecht, wir haben mittlerweile auch wieder viele gute Momente. Jeder einzelne Eintrag ist eine Momentaufnahme. 100% wahr aber nicht representativ für die anderen Tage an denen ich nicht schreibe.

Wir lachen viel und man sieht uns wirklich nicht mehr an dass wir es noch immer so schwer haben. Einfach weil wir wieder funktionieren und es uns besser geht. Aber unser Leben ist noch nicht gut und Menschen die meinen Blog mitlesen wissen das und verstehen das. Der Rest der Welt scheint oft keine Ahnung zu haben. Da gehen wir in der Menge unter und man findet uns maximal langweilig wenn wir sagen dass wir keine Lust haben etwas zu unternehmen. Die Schwangerschaft ist da natürlich auch eine willkommene "Ausrede". Wir brauchen sie nicht einmal zu nennen, jeder scheint sie als Grund für alles zu akzeptieren. Mir geht es nicht gut? Ja es muss schwer sein wieder schwanger zu sein. Ich hab keinen guten Tag und will nichts unternehmen? Ja, schwanger ist man auch so müde. Dass das nur selten wirklich der Fall ist erkläre ich lange nicht immer. Sollen sie doch denken... Solang ich  meine Ruhe habe :)

Aber mir ist auch wichtig dass jeder der hier liest versteht dass es immer nur Momentaufnahmen sind wenn ich hier schreibe und ich halt vor allem schreibe wenn es mir nicht so gut geht. Manchmal weiss ich nicht mal worüber ich noch schreiben könnte und plötzlich passieren wieder so viele Dinge die ich nicht schnell genug auf Papier bringen kann.

Ich bin nicht mehr so positiv wie ich früher war aber ich denke ich bin ein Stück positiver als ich hier rüber komme. Die meiste Zeit habe ich wirklich Hoffnung dass wir wieder glücklich werden, mein Leben besteht aus Trauer aber genauso allgegenwärtig ist die Liebe die ich nicht nur von Rene und Joep bekomme sondern auch von unseren Famlien und Freunden. Die Liebe die ich für so viele Menschen empfinde.

Unser Leben ist noch lange nicht gut. Richtig gut wird es wohl nie wieder werden aber wir werden wieder glücklich, ich weiss es und ich brauche diese Hoffnung auch.

Ich habe keine Ängste dass wir auch Joeps Bruder verlieren könnten, was das betrifft bin ich fast genauso naiv wie ich es auch bei Joep war. Das tut mir wirklich gut. Ich habe im letzten Jahr etwas gelernt und diese Schwangerschaft versuche ich nicht mehr mehr zu unternehmen als ich kann. Momentan besteht mein Leben aus arbeiten, essen und schlafen. Mehr schaffe ich nicht und das ist okay für mich. Bei Joep habe ich so gekämpft, trotzdem noch regelmäßig etwas zu unternehmen aber das ist jetzt einfach nicht mehr nötig. Ich nehme mir die Ruhe die ich brauche und wenn ich demnächst merke dass Vollzeit arbeiten auch zu viel wird dann werde ich auch weniger arbeiten. Ich stresse mich einfach nicht mehr so um Unwichtiges. Ich weiss was echte Probleme sind andere "Probleme" berühren mich viel weniger als früher.