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05.02.2018

Du fehlst

Geliebter Joep, du fehlst mir so!
Mein Hübscher, nie habe ich mich kompletter gefühlt als mit dir in Arm. Mit dir im Arm wusste ich wie mein Leben sein sollte, sah ich die Zukunft so klar vor mir... Mit dir!
Jetzt kann ich dich nur noch lieben und vermissen... Und wenn ich L.'s Füsse küsse sagen das auch ein Kuss für dich ist. Die gleichen Linien unter den Füssen. Könnte ich dich doch noch einmal halten, sehen, riechen, fühlen, küssen.
Du fehlst mir!

20.12.2017

Ich habe den 15. vergessen

[15-12 18:12] Imke: Ach
[15-12 18:12] Imke: Ich hab's vergessen
[15-12 18:12] Imke: Krass
[15-12 18:12] Imke: Dabei hab ich von ihm geträumt
[15-12 18:13] Imke: Echt krass
[15-12 18:14] Imke: Dabei war ich mir darüber im klaren das ich heute Geld bekomme und hab gehofft was vom Kinderwagen zu hören weil der 14. Deadline war
[15-12 18:14] Imke: Also ich wusste echt das es der 15. ist
[15-12 18:14] Imke: Hab 1000 Mal an Joep gedacht
[15-12 18:14] Imke: Sogar geweint
[15-12 18:15] Imke: Aber nicht gecheckt das der 15. ja sein Tag ist
[15-12 18:16] Imke: Hab auf dem Weihnachtsmarkt sogar gesucht ob es nichts Hübsches für sein Grab gibt
[15-12 18:16] Imke: Wie kann das...
[15-12 18:18] Imke: Wäre Sommer würde ich jetzt noch gehen... Dann morgen und oder übermorgen
[15-12 18:18] Imke: Ich hab sogar gelesen dass Joep jetzt 1 Jahr und 10 Monate alt wäre und es nicht gecheckt
[15-12 18:19] Imke: Es sollte wohl so sein...
[15-12 18:19] Imke: Irgendwann wird der 15. ein normaler Tag


Lieber wunderschöner Joep. Ich habe zum ersten Mal vergessen dass der 15. doch ein ganz besonderer Tag ist. Das es dein Tag ist. Es fühlt sich so komisch an. Hätte deine Tante mich nicht gefragt wie mein Tag war und ob ich bei dir war, vielleicht hätte ich es komplett vergessen...

Das Komische ist das es sich nicht schrecklich anfühlt. Mich plagen keine Schuldgefühle.
Ich denke immer und jeden Tag an dich Schatz. Aber am 15... Da war ich so glücklich mit dir. Diese 2 Stunden perfektes Glück. Nie wieder wird meine Welt sich so perfekt anfühlen wie in diesen 2 Stunden.

Könnte ich nur zurück in der Zeit. Könnte ich diese 2 Stunden nur immer und immer wieder erleben. Hätte ich sie nur auf Video. Oder als Hologramm damit ich mich wieder im gleichen Raum befinden kann, mit dir. Nicht nur in meiner Erinnerung und in meinem Herzen. Hätte, könnte, würde... Das alles geht nicht liebster schönster Joep.  Und jetzt vergessen ich schon deinen Tag. Ganz normal und natürlich, irgendwann muss es so sein. Aber trotzdem erschreckend.

Ich liebe dich Joepi. Liebster schönster Joep. Mami ist so stolz auf dich.

17.11.2017

Wie schön hätte es mit Joep sein müssen

Es gibt wohl nichts schöneres in dieser Welt als auf zu wachen und sein Kind zu sehen. Wie wundervoll ist es Boefs kleine Pausbäckchen so entspannt zu sehen, er sieht immer so zufrieden aus und im Schlaf ist er einfach nur zuckersüß.
Diese Nacht guckte ich ihn mir wieder an und ich fühlte mich gut und glücklich, ich genoss diesen Anblick so sehr und dann traf es mich so hart. Das Gefühl hätte ich auch bei Joep haben müssen. Ich hätte auch neben Joep einschlafen sollten, Joeps Gesicht im Dunkeln sehen sollen wenn ich wach werde. Da war er wieder da, dieser Schmerz, dieses Vermissen. Und die Gewissheit dass es bei Joep noch schöner gewesen wäre weil damals keine Traurigkeit in meinem Leben war, weil ich intensiver Glück fühlen konnte und dieses Gefühl länger anhielt, nicht von der Traurigkeit verdrängt wurde. Ich genoss mein Leben in vollen Zügen und das ist jetzt nicht mehr so.
Ich empfinde wieder Glück und ich genieße viele Momente aber sie werden immer wieder unterbrochen, die Traurigkeit ist genauso Teil meines Lebens.
Richtig Glücklich so wie ich es mit Joep hätte sein können werde ich wohl niemals werden. Dieser Schatten des Verlustes und der Traurigkeit wir immer zu mir gehören.

15.11.2017

Wie gefällt mir das Leben als Mutter?

1,5 Jahre lang war ich eine unsichtbare Mama. Wie unsichtbar ich tatsächlich war fällt mir erst jetzt auf. Jetzt wo ich gefragt werde wir mir das Leben als Mama gefällt...
Als die Frage diese Woche kam entschied ich mich in einer Millisekunde dafür nicht zu wiedersprechen und zu erklären das ich schon lange Mama bin. Sie war auf der Beerdigung von Joep, sie wollte mich sicher nicht verletzten. Aber ich war so eine unsichtbare Mama das die Frage wohl irgendwie normal erscheint. Für die Welt bin ich jetzt erst Mama und irgendwie ist es ja auch so. Erst jetzt weiss ich wie es ist für mein Kind sorgen zu dürfen so wie es alle anderen Mamas auch dürfen. Ich kannte nur eine Seite des Mamas sein die kaum jemand kennt. Jetzt kenne ich alle Aspekte die eine junge Mama kennen muss.
Die Frage kam also und ich musste mich entscheiden, wie reagiere ich jetzt? Es tat mir im Herzen weh, ich dachte sofort "aber ich bin doch schon seit 1,5 Jahren Mama. Warum fragst du das erst jetzt?" Ich entschied mich dazu es dabei zu belassen und den Stich im Herzen zu ignorieren weil ich wusste das es nicht böse gemeint war. Also erzählte ich wie leicht es mir fällt und wie richtig es sich anfühlt Mama zu sein. Das der kleine mich wieder glücklich macht und mir so gut tut.
Wenn Joeps Bruder mich an lacht dann bin ich so glücklich. Wenn ich sehe das er so ein zufriedener kleiner Mann ist, dann weiss ich das ich eine gute Mama bin und alles richtig mache.
Es gefällt mir gut, endlich eine Mama mit Kind im Arm zu sein und das war was sie wissen wollte. Ich nahm ihr diese Frage nicht übel und ich realisierte wie weit ich gekommen bin. Das ich das jetzt kann und es sich nicht mehr falsch anfühlt. Das ich solche nicht durch dachten Kommentare oder Fragen einfach unkommentiert lassen kann, darauf bin ich stolz. Das ist ein grosser Schritt für mich.
Es lag wohl auch an der Situation. Es kommt immer darauf an wer so etwas sagt. Aber sie war auf Joeps Beerdigung, guckte sich Joeps Fotobuch an und hat sich nachdem Joep gestorben ist oft erkundigt wie es mir geht und auch jetzt kam sie um Joeps Bruder kennen zu lernen.
Aber auf all diese Fragen muss ich mich wohl vorbereiten. Den Rest meines Lebens werden mir wohl Fragen gestellt werden die mir aus dem Nichts einen Stich im Herzen verursachen und dann werde ich mich schnell entscheiden müssen. Jede Situation abwägen, ich denke immer an Joep und mein Gegenüber darf das immer wissen.

03.11.2017

Brief an Joep

Liebster schönster Joep,
Es wird Zeit nur dir zu schreiben. Mein wunderschöner kleiner Mann! In den letzen Wochen hat Mami ihre Hände so voll aber in ihrem Kopf und Herzen bist immerzu du, auch wenn du diesen Platz jetzt teilen musst und ich ehrlich gesagt weniger Zeit habe an dich zu denken.
Mami hatte solche Angst davor wie das sein würde. Ich kann dich nur in meinem Herzen tragen, alles was ich dir schenken kann sind meine Gedanken und jetzt musst du die plötzlich teilen. Aber es fühlt sich richtig an lieber Schatz. Mami weiß und fühlt ganz feste dass du das auch richtig findest und verstehst. Wir denken ja auch noch immer so viel an dich. Reden jeden Tag noch mit dir, über dich.
Ich träume oft davon wie du jetzt als grosser Bruder wärst. Diese Träume tun so weh weil ich nie sicher wissen kann ob du geworden wärst wie ich mir das vorstelle... Ich denke dich zu kennen aber Gewissheit habe ich nicht und werde ich niemals bekommen.
Du würdest sicher gerne mit uns kuscheln, morgens zusammen zu 4. im Bett und dann wüsstest du nicht wohin mit all der Energie die kleine Jungs morgens haben und du wärst viel zu aufgedreht um noch zu kuscheln. Du dürftest nicht im Bett springen weil dein Bruder davon unruhig werden würde, Mami würde immerzu aus passen das du ganz sanft zu deinem kleinen Bruder bist aber das wärst du auch ohne mich. Du bist das Sanfeste und Liebste das Mami je gesehen hat. Dein reines Herz strahlte so als du noch bei uns warst. Ich fühlte es so deutlich daß du ein lieber Junge warst, so herzensgut und doch immer zu einem Streich und Scherz bereit. Wir hätten so viel mit dir gelacht.
Wenn du von da oben deine Streiche mit uns spielst dann wissen Mama und Papa dass du das bist und lachen wir. Du machst unser Leben so viel reicher. Wenn wir jetzt plötzlich vom Regen überrascht werden dann ist das nicht mehr schlimm. Dann denken wir an dich und dann ist nichts mehr schlimm, wir ärgern uns nicht mehr über Kleinigkeiten. Wir lösen unsere Probleme und dann geht es wieder weiter. Jedes Problem scheint so winzig neben dem Schmerz den wir immer fühlen weil wir dich vermissen.
Lieber kleiner Schatz, mein liebster und schönster Joep. Ich liebe dich so unfassbar viel das ich keine Worte habe meine Liebe zu beschreiben. Wie gerne würde ich dir all die Küsse geben die ich deinem kleinen Bruder jeden Tag geben darf. Dein Bruder erinnert mich so oft an dich. Er sieht dir auch jetzt noch sehr ähnlich und das obwohl er so ein Dickie geworden ist und Babyakne hatte.  Danke Schatz dass du so gut auf ihn aufpasst und danke dass Boefs Haut so viel besser ist seitdem ich dich Sonntag gefragt habe sie besser zu machen. Du überraschst Mama mit deiner Kraft. Du bist da oben sicher ein ganz Großer!
Lieber Joepi, ich denke so viel an dich. Auch wenn ich oft abends und morgens vergesse guten Morgen und gute Nacht zu sagen dann bedeutet das nicht das ich nicht an dich denke. Aber das weisst du, das bedeutet das dein Bruderjetzt mein erster Gedanke im Morgen und letzter im Abend ist aber das findest du nur richtig und gut du kleiner Traumprinz.
Ich liebe dich so sehr Schatz. Du bist Mamis ganzer Stolz. Noch immer weine ich so oft um dich und dein Leben das dir (uns) geraubt wurde. Irgendwann sind wir wieder zusammen und dann werde ich dich so feste kuscheln und eine Ewigkeit nicht mehr loslassen. Dann bekommst du all die Küsse und Liebe die ich dir gerne jeden Tag geben würde.
Ich liebe dich Schatz!
Du bist der schönste Engel im Himmel, der hellste Stern der uns leuchtet.
Dein Bruder wird immer wissen dass er einen grossen Bruder hat. Versprochen! Du gehörst dazu und wirst immer dazu gehören.
Ich liebe dich so sehr.
Kuss
Mami

31.10.2017

Nicht nur Babys sterben unerwartet und zu früh

Letzte Woche haben wir erfahren das Renes leiblicher Vater gestorben ist. Rene hatte seit seinem 18 Geburtstag keinen Kontakt mehr mit ihm und das war für ihn richtig so. Er konnte und wollte Rene einfach nicht geben was Rene von einem Vater braucht.
Jetzt ist er tot und mit ihm ist wohl auch dieser kleine Funken Hoffnung gestorben dass er sich vielleicht doch irgendwann für ihn interessiert. Rene hat den Kontakt nie abgebrochen, er hat keinen Kontaktversuch seines Vaters ignoriert. Er hat sich einfach nicht mehr bei ihm gemeldet nachdem er wieder einmal versetzt wurde und seitdem hat er nie wieder etwas von ihm gehört. Jetzt ist Jos tot. Ich kannte meinen Schwiegervater nicht, es ist komisch. Rene hat zum Glück schon lange damit abgeschlossen und deswegen geht es ihm überraschend gut. Wir haben gelernt wie weh es tut wenn jemand stirbt der einem wirklich Nahe steht und sein Tod kam so plötzlich aber irgendwie stand er uns nicht mehr Nahe. Ein paar Tage spukte er in unseren Köpfen. Der Gedanke das Joep vor ihm steht und Hallo Opa sagt und er keine Ahnung hat wer Joep ist... Wir sind selbst überrascht wie wenig weh es tut und wie gut es uns noch geht aber wir fühlen uns deswegen nicht schuldig. Sein Vater wollte kein Vater für ihn sein und das war nicht unser Fehler.
Letzte Woche habe ich nicht nur vom Tod meines Schwiegervaters erfahren. Auch dir Mutter einer Freundin ist gestorben. Ich habe sie vor ca einem Jahr im Internet kennen gelernt. Auch ihre Tochter ist gestorben. Sie war die erste deutsche Mama mit der ich mich ausgetauscht habe. Wir waren dieses Jahr gleichzeitig schwanger, ich war nur eine Woche weiter als sie. Ich hab sie, obwohl ich sie nie gesehen habe, im letzen Jahr so lieb gewonnen und jetzt ist ihre Mutter tot. Ganz plötzlich und unerwartet starb sie. Und meine Freundin fühlt sich schuldig weil sie ihrer Mutter nicht genug liebe gegeben hat die letzten Jahre.  Sie hat Schuldgefühle weil sie seit dem Tod ihrer Tochter ihre Mutter weniger gesehen hat und ihr nicht geben konnte was sie gebraucht hat. Ihre Mutter hat sie oft verletzt und sie schützte sich selbst. Sie tat was sie tun musste um zu überleben. Es war in dem Moment das richtige aber jetzt wo ihre Mama tot ist wissen wir dass sie anders hätte handeln sollen. So viele Dinge die sie ihr noch sagen wollte, so viele Dinge die sie noch zusammen erleben wollte. Sie bereut es dass sie die Baustelle Mama nicht als erste Baustelle angepackt hat, das sie nicht daran gearbeitet hat wieder mehr Kontakt haben zu können.
Sie hat getan was ich immer und immer wieder allen Mamas predige. Wenn dir jemand nicht gut tut und dir mehr Energie raubt als gibt dann löse dich. Wenn es dir wieder gut genug gibt kannst du wieder mehr Kontakt haben und wenn diese Person dich liebt wird sie verstehen und verzeihen. Und jetzt ist sie tot und das obwohl sie jetzt nach der Geburt ihrer Tochter einen Schritt auf sie zumachen wollte. Endlich ging es ihr besser, sie war fast so weit.  Und plötzlich ist es zu spät. Von einem Tag auf den anderen ist ihre geliebte Mama nicht mehr da und sie hat ihr noch so viel zu sagen, bereut so viel. Ich kann nichts für sie tun. Aber ich verstehe sie so gut. So würde ich mich in ihrer Situation auch fühlen. Sie ist ein guter Mensch und natürlich hat sie jetzt Schuldgefühle...
Ich habe etwas gelernt diese Woche. Stoße den Menschen nur dann vor den Kopf wenn du ertragen kannst dass sie komplett aus deinem Leben verschwinden. Ziehe dich nur so weit zurück wie es sein muss, es kann sein das du es sonst so bitter bereuen wirst. Der Tod ist ein verdammtes Arschloch und wartet nicht darauf bis es dir wieder gut genug geht... Finde eine Balance was für dich gut ist aber auch für deine Liebsten. Erkläre warum du dich zurück ziehst und erkläre das es nur zeitlich ist. Dass du es einfach momentan nicht kannst aber du hoffst in Zukunft wieder viel Kontakt zu haben und sage deinen Lieben dass du sie liebst.

09.10.2017

Ich vermisse Joep

Die letzten Tage tut es wieder so weh. Nachdem Joeps Bruder geboren wurde fühlte ich mich so gut, glücklich. Alles in mir wusste dass ich einfach nur in einem Hoch meiner Achterbahn sitze und das das nächste Tief kommen würde. Ich würde fallen weil ich immer falle, ich falle und ich stehe wieder auf. So sieht mein Leben jetzt nun mal aus.
Ich genoss jede Sekunde mit Joeps Bruder, wissend dass meine Augen nicht mehr lange trocken bleiben würden. Versteht mich nicht falsch, ich genieße auch jetzt noch jede Sekunde mit Joeps Bruder, er ist mein grösstes Glück und für nichts würde ich ihn hergeben wollen. Ich trage ihn am Liebsten den ganzen Tag mit mir rum, will ihn bei mir haben, seine Nähe spüren, er tut mir so gut.
Aber vor ein paar Tagen bin ich gefallen, nicht so tief und der Aufschlag war nicht so hart wie sonst, ich bin anders gefallen. Es ist als ob ich ein paar Meter über dem Boden hängen geblieben bin. Ich weine viel, ich vermisse Joep so schrecklich. Ich kann einfach nicht verstehen dass er nicht leben durfte, dass sein kleiner inimini Bruder jetzt schon älter ist als er werden konnte. Ja am Tag an dem Joeps Bruder offiziell älter war als Joep bin ich gefallen. Diese Tatsache tut mir so weh. Anstatt jetzt eine Beerdigung zu planen habe ich Joeps Bruder bei mir und er gibt mir so viel Kraft und Liebe. Aber warum darf Joep nicht bei uns sein?
Schlaflose Nächte stören mich gar nicht. Joeps Bruder ist ein Schatz und macht es uns wirklich leicht. Er weint kaum und lässt sich immer sofort beruhigen sobald man ihn auf den Arm nimmt. Er trinkt gut, er schläft gut. Ein besseres Baby könnten wir uns nicht wünschen, er ist alles was wir brauchen, er ist besser als wir uns erhofft haben. Wie groß war die Chance dass wir ein Baby bekommen das so unfassbar einfach ist? Dass uns nicht die letzte Energie raubt?
Ich bin dankbar dass wir ihn haben, aber auf der anderen Seite verfluche ich mein Leben weil es so nie hätte sein dürfen. Joep und Joeps Bruder sollten zusammen kuscheln, wir sollten nicht Joeps Grab besuchen...
Ich will so gerne sehen dass Joeps Leben einen Sinn hatte, er soll nicht nur Traurigkeit in unser Leben gebracht haben. Aber so oft ist Traurigkeit das was ich fühle. All die Liebe die ich für ihn empfinde tut einfach so unfassbar weh. Er war so stark, so schön und so perfekt aber das war nicht genug... Niemand wäre stark genug gewesen für so eine Hirnblutung... Er hat so hart gekämpft aber es war so ein unfairer Kampf. Er hatte den Kampf schon lange verloren bevor wir überhaupt wussten dass er so hart würde kämpfen müssen.
Ich bin wieder gefallen, ich werde noch 1000de male fallen und ich werde wieder aufstehen. Für Joep, weil ich es ihm versprochen habe. Ich werde stark sein, ich werde wieder glücklich werden. Und jetzt auch für Joeps Bruder, der eine glückliche Kindheit braucht und verdient und der niemals das Gefühl haben darf in Joeps Schatten zu stehen. Für Joeps Bruder bin ich stark, wenn Joeps Bruder wach ist weine ich kaum. Ich muss es nicht einmal unterdrücken, er gibt mir so viel Freude. Aber wenn er dann schläft und ich Zeit für mich habe fühle ich wie tief ich doch gefallen bin.
Ich habe in den letzten 1,5 Jahren gelernt zu funktionieren, auch wenn ich am Boden liege und eigentlich nichts mehr kann/will. Davon profitieren Joeps Bruder, Rene und ich jetzt. Zuhause läuft es wirklich super. Zum Glück. Ich würde mich schrecklich schuldig fühlen wenn ich es zuhause alles nicht mehr schaffen würde und das einfache Leben mit Baby zuhause mich überfordern würde.
Rene arbeitet jetzt wieder und auch das ist so Scheiße. Natürlich muss es sein, einer muss ja das Geld verdienen. Aber es fühlt sich so richtig an wenn er zuhause ist, wenn wir eine (zu) kleine Familie sind. Ich will nicht daran denken dass ich in ein paar Monaten wieder arbeiten muss... Jetzt ist es erst einmal schwer genug Rene morgens gehen zu lassen. Wir sind nie komplett, Joep fehlt immer aber jetzt fehlt Rene auch... Ich brauche ihn nicht um den Alltag mit Joeps Bruder zu schaffen, wie gesagt, Joeps Bruder ist mega einfach. Aber ich brauche ihn damit ich mich besser fühle, kompletter. Es macht mich so glücklich Rene mit Joeps Bruder zu sehen, zu sehen dass auch Rene endlich wieder Glück fühlen kann.

04.09.2017

Fotobuch

Nachdem ich im Februar 2016 alles über Joeps Woche und seine Beerdigung aufgeschrieben hatte fing ich sofort an ein Fotobuch zu entwerfen. Ich wusste genau wie es werden sollte. Es sollte seine Geschichte in Kurzform erzählen. Bei jedem Foto sollte dabei stehen was wir an dem Tag gemacht haben und was passiert ist. Es sollte eine Art Bilderbuch mit viel Text werden. Es sollte mit Ultraschallfotos anfangen, es sollten Fotos von meinem dicken Bauch rein, die Geburt, die Woche mit Joep und Enden sollte es mit der Beerdigung.

Der Anfang gelang mir gut, die ersten Stunden mit Joep waren so perfekt. Aber dann starb er nach nur 2 Stunden fast und stürzte unser Glück wie ein Kartenhaus zusammen. Es tat mir zu weh das Fotobuch weiter zu machen. Monate lang schaffte ich es nicht mehr mich damit zu beschäftigen. Ich fiel in ein tiefes Loch und so gerne wie ich mir seine Fotos und Videos auf dem Handy ansah, so schrecklich erschien es mir sie in ein Fotobuch zu stecken. Nach Monaten versuchte ich es noch einmal. Die Idee war die selbe aber wieder kam ich nicht viel weiter als das Erste mal. Ich bearbeitete alle Fotos in Photoshop um das Beste aus ihnen zu holen. Ich gestaltete die ersten Seiten und kam bis zum Tag an dem wir erfuhren das Joep sterben würde. Wieder brach ich es ab, ich hatte noch Zeit. Zu seinem Geburtstag sollte das Fotobuch eigentlich fertig werden also versuchte ich es Anfang des Jahres noch einmal. Ich schaute mir meinen letzten Entwurf an und war einfach nur unzufrieden. Ich hatte viel zu wenig Fotos gewählt. Manche Tage hatten nur eine oder zwei Seiten im Album, incl Text und das obwohl jeden Tag so viele Fotos gemacht wurden, obwohl ich doch so viel zu schreiben hatte. Jetzt gefielen mir auch meine Texte nicht mehr. Ich war unsicher, mein Deutsch ist nicht mehr gut, das Buch sollte perfekt werden. Was wenn ich auf einmal NL-Deutsch schreibe und ich mich dann für immer ärger? Ich überlegte meine Familie zu fragen ob sie mir mit den Texten helfen können aber das war mir zu aufwendig. Also wollte ich das Buch doch auf niederländisch machen. Warum auch nicht, mein niederländisch ist genauso gut wie mein Deutsch aber hier habe ich immerhin genug Holländer in meiner Umgebung die mir helfen können und es kontrollieren können. Und den Kritischsten habe ich sogar hier zuhause. Ich wollte die Texte also zusammen mit Rene verfassen aber jetzt fehlte mir die Energie doch wieder. Ich war wieder schwanger und ständig müde. Auf Joeps Geburtstag gab es kein Fotobuch, dafür hängen seine Fotos aber hier überall und was nicht geht geht nun mal nicht.

Vor zwei Wochen hatte ich dann Besuch von Eltern die auch ihren Sohn verloren haben und seine Mama hatte ein kleines Fotobuch bei sich das ich mir am Strand angeguckt habe. Es war ganz anders als das was ich eigentlich wollte aber es war wirklich schön. Es war quadratisch, klein und ohne Texte. Und plötzlich wusste ich dass das die Antwort auf mein Fotobuchproblem war. Ich bin zu perfektionistisch und ich schaffe es einfach nicht ein perfektes Buch mit Text zu machen, noch nicht. Ein quadratisches Buch, mit jeweils einem Foto pro Seite, das ist einfach zu machen und es wirkt wirklich super! Außerdem habe ich die Möglichkeit dann zu jeder Seite etwas zu erzählen, vielleicht fragen mich die Leute ja sogar etwas zu den Fotos und ich kann dadurch von Joep erzählen. Ich entschied mich dazu keine Fotos von der Geburt ins Fotobuch zu machen, denn wenn Besuch kommt ist das vielleicht nicht was sie wirklich sehen sollten? Ich versuchte so wenig wie möglich Nippel in meinem Buch zu verarbeiten aber so ganz ohne ging es nicht weil ich Joep auf den Fotos auf denen wir zusammen sind meistens aus der Brust liegen habe. Aber mich stört es nicht und den Besuch hoffentlich auch nicht. Ach ja, das ist dann nicht mein Problem.

Das Buch gestaltete sich innerhalb weniger Stunden quasi von selbst. Ich hatte keine Probleme mehr, ich musste nicht mehr puzzeln welche Fotos in welchem Format von welchem Tag auf welcher Seite stehen sollten. Die Position der Fotos machte nichts mehr aus, auf jeder Seite steht genau ein Foto.

Heute habe ich Joeps Fotobuch bei der Post abgeholt und was soll ich sagen. Ich bin stolz darauf! Es ist ein tolles Buch. Es ist einfacher als ich es ursprünglich wollte aber dafür ist es in seiner Art perfekt. Zu Boefs Geburt haben wir ein Fotobuch von seinem Bruder. Ich wollte so gerne ein Fotobuch haben wenn nachher all der Besuch kommt. Ich wollte so gerne dass jeder selbst sehen kann ob sie sich ähnlich sehen.


28.08.2017

Das Totenhemdchen - Gebrüder Grimm

Als Kind habe ich Grimms Märchen geliebt. Bis heute finde ich dass die Gebrüder Grimms wirklich die schönsten Märchen zusammen getragen haben. Natürlich gibt es auch eine Menge anderer Märchen die schön sind aber keine anderen gehören so zu meiner Kindheit wie die der Gebrüder Grimm. Ich weiß dass die Enden vieler Märchen im Laufe der Zeit geändert wurden um sie kindgerechter zu machen. Und ehrlich ist ehrlich. Welches kleine Mädchen wünscht sich am Ende eines jeden Märchens kein: '...und sie lebten glücklich bis an ihr Lebensende.'

Zufällig bin ich jetzt aber auf ein Märchen gestoßen dass mich echt fassungslos machte. Die Moral der Geschichte entgeht mir komplett. In 'Das Totenhemdchen' geht es um einen kleinen Jungen der gestorben ist und um seine Mutter die schrecklich viel weint weil sie ihr Kind so vermisst. Nach der Beerdigung erscheint ihr der Junge dann Nachts und sagt ihr dass sein Totenhemdchen ganz nass ist von ihren Tränen und dass sie doch aufhören soll zu weinen damit er endlich in Frieden schlafen kann. Seine Mutter ist natürlich entsetzt dass sie ihrem Kleinen nicht gut tut und deswegen hört sie komplett auf um ihn zu weinen, sie ertrug ihr Schicksal und ihren Schmerz still und geduldig. Ende der Geschichte.

Was mir dieses Märchen vor allem zeigt ist wie anders es doch früher war. Mütter durften nicht um ihre Kinder trauern, nicht einmal alleine Zuhause wenn niemand es sah. Es wurde einfach erwartet dass man es unterdrückt und weiter lebt. Wenn ihr Ehemann gestorben wäre hätte man von ihr erwartet sich an das Trauerjahr zu halten und ein Jahr lang nur schwarz zu tragen, aber wenn es ums eigene Kind ging war das scheinbar ganz anders. 

Dieses Märchen in der heutigen Zeit, einer Zeit in der ich so dafür kämpfe dieses Tabu zu brechen, scheint mir so falsch zu sein. Und das begegne ich immer öfter Menschen, höre ich immer wieder Geschichten von anderen Müttern, die genau das von uns erwarten. Wir sollen weiter machen und unser Leben leben, sie verstehen nicht dass mehr als funktionieren einfach noch nicht drin ist. Zu. Glück bin ich nur auf wenig Unverständnis gestoßen aber ich höre es so oft von anderen Mamas. Das es als komisch erfahren wird wenn sie ihre verstorbenen Kinder mit aufzählen. 

Dieses Märchen ist für mich kein Märchen. Vor allem nichts für Kinder. Aber auch nichts für mich... Es zeigt lediglich wie es früher war, in einer Zeit in der viel mehr Kinder starben als heute. Als wirklich jede Menge Familien betroffen waren, als sie einander hätten unterstützen können war das nicht möglich, denn man sprach nicht über den Verlust und die Trauer um sein Kind. 

Oft hätte ich mir jmd in meiner Umgebung gewünscht der mich versteht. Ich habe Kontakte übers Internet geschlossen. Oft dachte ich früher war es leichter, da verstand zumindest jeder diesen Schmerz, da gab es diese Mauer des Unverständnisses nicht. Aber wahrscheinlich war es früher noch viel schlimmer. Jeder verstand es aber niemand durfte darüber reden. Weiter machen war die Devise. Ich frag mich wie viele Leute das psychisch geschafft haben ohne zusammen zu brechen. 


15.08.2017

Jetzt wäre Joepi schon 1,5 Jahre alt

Vor 1,5 Jahren war ich der glücklichste Mensch der Welt. Wie schnell sich das ändern würde/könnte, daran hab ich zu dem Zeitpunkt keinen Gedanken verschwendet.

Mein Körper war voller Glückshormone und ich lernte zu lieben wie es nur Mamas können. 1,5 Jahre ist das heute her... Die Zeit bleibt komisch, wie kann es sein dass Joep nächste Woche schon 1,5 Jahre tot ist. Wie kann es sein dass er nur 8 Tage alt wurde... Die Welt dreht sich einfach weiter und das obwohl ich am liebsten für immer in diesen 8 Tagen leben würde.

Ich sitze jetzt vorm Friedhof im Auto, gerade habe ich Joep einen Ballon gebracht. Eigentlich wollte ich noch Blumen für Joep kaufen aber es regnet und ich bin spät dran. Ich muss zur Arbeit. Ich muss noch eine Woche arbeiten bevor ich frei habe. Verrückt, wo ich gerade noch die Zeit verfluchte bin ich jetzt froh dass sie einfach ihr Ding durch zieht und nicht still steht. In 6 Wochen wird Joep grosser Bruder. In dieser komischen Zeit ist in mir aus einem Millimeter Gewebe ein kleiner Mensch geworden, er wächst stetig in meinem Bauch und zeigt uns dass die Zukunft auch noch Gutes für uns bereit hält. Er sorgt dafür dass ich mit Hoffnung in die Zukunft blicke. 

Aber jetzt fahre ich zur Arbeit und lebe mein Leben... Keiner der mir heute ansehen wird dass Joep jetzt 1,5 Jahre alt sein würde. Keiner der auch nur einen Gedanken daran verschwendet ob ich vielleicht heute morgen die ganze Zeit schon mit den Tränen kämpfe. Keinem wird auffallen dass mein Mascara total am Arsch ist, ich werde funktionieren und die Welt wird sehen was sie sehen will.  Alles ist gut, alles ist gut...Ich funktioniere wieder, immer, das ist gut, natürlich ist das gut. aber heute tut es wieder so weh und ich will gar nicht funktionieren...

Ich liebe dich Joep. Heute nach 1,5 Jahren noch genauso intensiv wie am ersten Tag. Du wirst mir immer fehlen. Du warst so unfassbar schön, ich werde immer stolz auf dich sein!
Den Blumenstrauß bekommst du noch. Versprochen!

03.08.2017

Gedenkdienst im Krankenhaus in dem Joep starb

Im Krankenhaus in dem Joep gestorben ist gibt es einmal im Jahr einen Gedenkdienst (kein Gottesdient) für alle Kinder die im letzten Jahr gestorben sind.

Lange habe ich auf diesen Tag gewartet, ich habe ein paar mal nachgefragt wann dieser Dienst denn endlich sei und im Mai war es dann so weit. Einen Tag vor Muttertag hatten wir diesen Gedenkdienst.

Eine Woche zuvor waren wir schon einmal in Leiden wegen dem grossen Organscreening von Joeps Bruder. Das machte es jetzt leichter, das Parkhaus schnürte mir zwar wieder die Luft zum atmen ab aber nicht so sehr wie eine Woche zuvor. Diesmal mussten wir auch in ein anderes Gebäude in dem wir vorher noch nie waren und wir hatten die Möglichkeit nach dem Dienst noch etwas zu trinken und uns mit anderen Eltern aus zu tauschen.

Der Dienst begann, es wurden Geschichten und Gedichte vorgelesen, es gab zwei Musikanten die Musik spielten und alles war festlich geschmückt. Rene und ich waren in unserer eigenen Welt, sprachen nicht mit anderen Eltern. Es war sehr emotional aber es war auch ein schöner Dienst.

Man hatte die Möglichkeit vor dem Dienst ein Gedicht das man für sein Kind geschrieben hat via email zu verschicken dass dan vorgelesen wurde. Als der Brief mit der Einladung kam ging es uns nicht gut und ich habe nur die wichtigsten Informationen daraus beachtet. Wir mussten uns anmelden, wir mussten in einem bestimmten gebäude sein und es war im Mai. Am morgen vor dem Gedenkdienst habe ich dann nochmal alles gut gelesen und ärgerte mich enorm dass wir das Gedicht dass Rene für Joep geschrieben hat nicht eingereicht haben. Ich dachte jetzt ist es auch zu spät, dann haben wir halt pech.

Auf jedem Stuhl lag ein Programmheft und darin standen auch alle Gedichte die Eltern für ihre Kinder geschrieben haben. Joeps Gedicht stand nicht dabei und das machte mich traurig. Plötzlich wurde dann noch ein Gedicht vorgelesen dass von anderen Eltern erst am morgen eingereicht wurde und jetzt ärgerte ich mich richtig. Wir hätten einfach auch dreist sein sollen, dann wäre sein Gedicht vorgelesen worden anstatt nur in einem Heft zu stehen. Verdammte scheisse...

Während eines Liedes stand ich auch und ging zu der Frau die den Dienst leitete und fragte ob sie vielleicht auch unser Gedicht noch vorlesen konnte, von meinem Handy, von diesem Blog. Es war kein Problem und so wurde auch unser Gedicht noch vorgelesen. Natürlich war das für uns ein unfassbar emotionaler Moment! Es fühlte sich richtig an dass Joep diese extra Aufmerksamkeit bekam!

Der Höhepunkt des Dienstes war wohl der Moment in dem alle Namen von allen Kindern genannt wurden. Die Namen wurden in Etappen vorgelesen, unterbrochen durch Musik und Gedichte. Sobald der Name eines Kindes genannt wurde standen die Eltern auf, nahmen eine weisse Rose in Empfang und stellten diese Rose in eine grosse Vase die in der Mitte stand.



02.08.2017

Momentaufnahmen

Wie geht es mir momentan wirklich?

Oft wenn ich hier schreibe dann schreibe ich um meinen Frust ab zu bauen oder um meiner Trauer ein Ventil zu geben. Natürlich geht es mir nicht immer nur schlecht, wir haben mittlerweile auch wieder viele gute Momente. Jeder einzelne Eintrag ist eine Momentaufnahme. 100% wahr aber nicht representativ für die anderen Tage an denen ich nicht schreibe.

Wir lachen viel und man sieht uns wirklich nicht mehr an dass wir es noch immer so schwer haben. Einfach weil wir wieder funktionieren und es uns besser geht. Aber unser Leben ist noch nicht gut und Menschen die meinen Blog mitlesen wissen das und verstehen das. Der Rest der Welt scheint oft keine Ahnung zu haben. Da gehen wir in der Menge unter und man findet uns maximal langweilig wenn wir sagen dass wir keine Lust haben etwas zu unternehmen. Die Schwangerschaft ist da natürlich auch eine willkommene "Ausrede". Wir brauchen sie nicht einmal zu nennen, jeder scheint sie als Grund für alles zu akzeptieren. Mir geht es nicht gut? Ja es muss schwer sein wieder schwanger zu sein. Ich hab keinen guten Tag und will nichts unternehmen? Ja, schwanger ist man auch so müde. Dass das nur selten wirklich der Fall ist erkläre ich lange nicht immer. Sollen sie doch denken... Solang ich  meine Ruhe habe :)

Aber mir ist auch wichtig dass jeder der hier liest versteht dass es immer nur Momentaufnahmen sind wenn ich hier schreibe und ich halt vor allem schreibe wenn es mir nicht so gut geht. Manchmal weiss ich nicht mal worüber ich noch schreiben könnte und plötzlich passieren wieder so viele Dinge die ich nicht schnell genug auf Papier bringen kann.

Ich bin nicht mehr so positiv wie ich früher war aber ich denke ich bin ein Stück positiver als ich hier rüber komme. Die meiste Zeit habe ich wirklich Hoffnung dass wir wieder glücklich werden, mein Leben besteht aus Trauer aber genauso allgegenwärtig ist die Liebe die ich nicht nur von Rene und Joep bekomme sondern auch von unseren Famlien und Freunden. Die Liebe die ich für so viele Menschen empfinde.

Unser Leben ist noch lange nicht gut. Richtig gut wird es wohl nie wieder werden aber wir werden wieder glücklich, ich weiss es und ich brauche diese Hoffnung auch.

Ich habe keine Ängste dass wir auch Joeps Bruder verlieren könnten, was das betrifft bin ich fast genauso naiv wie ich es auch bei Joep war. Das tut mir wirklich gut. Ich habe im letzten Jahr etwas gelernt und diese Schwangerschaft versuche ich nicht mehr mehr zu unternehmen als ich kann. Momentan besteht mein Leben aus arbeiten, essen und schlafen. Mehr schaffe ich nicht und das ist okay für mich. Bei Joep habe ich so gekämpft, trotzdem noch regelmäßig etwas zu unternehmen aber das ist jetzt einfach nicht mehr nötig. Ich nehme mir die Ruhe die ich brauche und wenn ich demnächst merke dass Vollzeit arbeiten auch zu viel wird dann werde ich auch weniger arbeiten. Ich stresse mich einfach nicht mehr so um Unwichtiges. Ich weiss was echte Probleme sind andere "Probleme" berühren mich viel weniger als früher.

19.07.2017

Erinnerungskiste

Schon lange spiele ich mit dem Gedanken eine Erinnerungs-Schatzkiste für Joeps Sachen zu kaufen. Zum ersten Mal habe ich danach gegoogelt als Joep 4 Monate tot war aber für Rene war es damals noch viel zu früh. Wir verabredeten dass wir nach 6 Monaten nochmal darüber nachdenken würden aber 2 Monate später war uns beiden nicht mehr danach. Der Drang so eine Kiste in Auftrag zu geben war weg, komplett weg und sollte die nächsten 12 Monate auch nicht wieder kommen.

Es fühlte sich richtig an das Joeps Sachen überall waren, sein Zimmer ist/war seine Gedenkstätte und wir sind gerne dort und schauen uns seine Sachen an.

Mittlerweile sagt uns die Zeit aber dass es wirklich Zeit wird. Aus Joeps Zimmer muss wieder ein Babyzimmer werden damit es irgendwann das Zimmer seines Bruders werden kann. In 10 Wochen haben wir wieder ein Baby das dieses Zimmer braucht. Also beschäftigte ich mich wieder mit den Kisten.

Es sollte eine von Hand bemalte Kiste sein, man kann sie überall bestellen. Aber meistens wird der Entwurf der Geburtskarte hierfür als Vorlage benutzt und genau die haben wir nicht. Zuerst wollte ich gerne selbst einen Entwurf machen aber ich hatte Angst dass das Endergebniss nicht gut genug wird. Natürlich musste die Kiste perfekt werden!

Irgendwann kam mir die Idee: Die perfekte Vorlage für seine Kiste ist der Ballon den er im Krankenhaus hatte und den wir auch für seinen ersten Geburtstag hatten. Wir gaben die Kiste also in Auftrag und bekamen einen ersten Entwurf. Ich wäre nicht ich wenn mir der Entwurf natürlich nicht gut genug gewesen wäre. Also setzte ich mich hinter meinen Laptop und entwarf in Photoshop alle Seiten der Kiste. Es fühlte sich gut an das selbst zu machen.

Ausser dem Ballon wollten wir auch unbedingt einen Regenbogen auf der Kiste. Natürlich, der Regenbogen gehört zu Joep. Er ist unser Zeichen.

Letzte Woche Donnerstag kam die Kiste dann an und ich packte sie aus. Sie ist wirklich schön geworden und wir entschieden uns sie erst einmal in den Flur zu stellen. Hier sehen wir sie hier jeden Tag mehrmals. Ob das ihr endgültiger Platz wird wissen wir noch nicht, vielleicht stellen wir sie irgendwann ins Wohnzimmer oder in unser Schlafzimmer aber im Moment steht sie im Flur nicht im Weg, der Platz scheint uns jetzt perfekt zu sein.

Seitdem wir die Kiste zuhause haben sind wir damit beschäftigt sie zu füllen. Es tut unfassbar weh Joeps Sachen in eine Kiste zu stecken. Sie lagen in seinem Zimmer und sie wandern jetzt in diese wunderschöne Schatzkiste. Aber es bleibt eine Kiste, wir schließen den Deckel danach. Es fühlt sich an als ob wir etwas abschließen das wir niemals abschließen wollten. Aber wir wissen auch dass es richtig ist. Sein Zimmer muss weniger Joep werden, mehr Baby.

Aber alles was wir in die Kiste stecken geht natürlich erst einmal durch unsere Hände. 

  • Die dicke fette Mappe aus dem Krankenhaus. Eine Krankenmappe die wahrscheinlich nach 8 Tagen dicker ist als die von mir. Gestern schaute ich mir zum erstenmal an was auf den CDs ist die in der Mappe sind. Es sind alles Scans von Joeps Gehirn. Ich scrollte also durch sein kleines beschädigtes Gehirn und sah wieder was ich vor fast 1,5 Jahren zum letzten Mal sah. Der Beweis, eindeutig: Er kann nicht glücklich werden. Joep musste sterben oder fürchterlich leiden. Die Bilder sind so eindeutig dass die Ärzte und nicht einmal die Wahl gaben... Wir durften nicht entscheiden. 
  • Die Schere mit der Rene Joeps Nabelschnur durchschnitt an der noch ein klein wenig Blut klebt... Da war alles noch so perfekt.
  • Das Tagebuch das die Schwestern für Joep im Krankenhaus schrieben.
  • Der Esel der eine Herzgeräuschpuppe ist mit dem Joep im Krankenhaus gekuschelt hat. 
  • Die Jacke die Joep anhatte.
  • Die Mützen die Joep anhatte... Ich kann ewig so weiter machen. Jedes einzelne Stück in der Kiste hat so einen unfassbaren emotionalen Wert für uns.

Es tut weh eine Kiste zu packen, weil es sich anfühlt als ob wir jetzt echt mit dem Thema abschliessen und das obwohl wir niemals abschliessen werden. Das geht gar nicht. Wir werden immer mit Joep leben, niemals ohne. 

Auf der anderen Seite fühlt es sich so richtig an. All seine Sachen fein säuberlich zusammen geräumt. Die Hälfte steht jetzt nicht mehr auf dem Schrank. Jetzt kann jeder immer in die Kiste gucken. Joeps Bruder wird Joep kennenlernen durch diese Kiste. Wahrscheinlich wird er mit seinen Stofftieren spielen wollen. 

Jetzt fehlt nur noch das Fotoalbum... Dann haben wir alles getan was noch zu tun ist.
Ich will gerne dass das Fotoalbum zu Boefs Geburt fertig ist. Aber spätestens zu Joeps Geburtstag will ich dass das Fotobuch fertig ist!

13.07.2017

Ein Cousin den sie nie kennen lernen konnten

Mittlerweile haben wir eine Menge Nichten und Neffen und keine(r) davon hat Joep im Krankenhaus kennen gelernt. Kleine Kinder waren auf der Station nicht erlaubt und so waren sie da, bei uns, bei ihm, aber halt auch nicht.
Meine Schwestern haben beide kleine Kinder, meine Neffen sind 3,5 Jahre alt, waren gerade 2 als Joep starb. Meine Nichte und Neffe waren gerade 3 Monate alt. Meine Schwägerin war gerade schwanger, die Töchter meiner anderen Schwägerin waren schon Teenager. Alle waren sie auf der Beerdigung, keiner von ihnen hat Joep im Krankenhaus kennengelernt.
Meine älteren Nichten haben den Abschied natürlich ganz bewusst mitbekommen, sie haben sich während der Schwangerschaft so auf Joep gefreut, ihm Geschenke gekauft, ihn in meinem Bauch strampeln gefühlt. Sie waren so glücklich, endlich ein Cousin, endlich ein Baby in der Familie! Als wir das letzte Mal heim fuhren nach dem Geburtstag meiner Nichte sagte sie zu mir: Bestell Joep liebe Grüsse wenn du das nächste Mal bei ihm bist. Solche kleinen Kommentare tun mir gut, es ist so lieb dass sie an Joep denken und er auch für sie dazu gehört. Dass er nicht nur erwähnt wird wenn wir über ihn reden.
Aber die Kinder meiner Schwestern waren viel zu klein um sich erinnern zu können. Wie erklärt man so kleinen Kindern dass ihr Cousin tot ist? Eine Frage die mich oft beschäftigt jetzt wo wir wieder ein Kind erwarten. Wie wird Joeps Bruder damit umgehen dass er einen Bruder hat? Was werden wir ihm sagen?
Irgendwie machen meine Schwestern das so gut. Als ich im Januar bei den beiden Jungs war hatten sie Rene schon knapp ein Jahr nicht mehr gesehen, ich dachte sie wüssten sicher nicht mehr wer er ist, Rene war auch dieses mal nicht dabei. Sie waren total begeistert von ihrem Geburtstagsgeschenk und als wir meinten dass es auch vom Onkel ist sagten sie sofort: Onkel Marcel? Nein, von Rene. Es wunderte mich nicht, Onkel Marcel sehen sie so regelmässig. Ich fragte: Wisst ihr wer Rene ist? Und beide sagten voller überzeugung: JA! Papa Rene!
Ich war so gerührt. Am Esstisch hängt ein grosses Foto von uns Dreien aus dem Krankenhaus. Die beiden wiesen zu dem Foto und sagten Papa Rene. Sie wussten noch wer wir sind und sie wussten auch ganz genau wer Joep ist. Es war so etwas Natürliches und es machte mich so froh. Papa Rene... Das ist etwas was ich nie höre aber es ist so wahr, es tat mir so gut!
Auch die Beiden meiner anderen Schwester wissen mir ihren mittlerweile 1,5 Jahren ganz genau wer Joep ist. Meine Schwester schickt mir manchmal Fotos oder Videos von A. auf denen sie die Karten mit Joeps Fotos drauf festhält. Eine Karte von der Beerdigung und die andere Karte in der wir erzählt haben dass Joep einen kleinen Bruder bekommt. Dann schaut sie sich die Fotos an und guckt Joep so lieb an. Wenn meine Schwester sie fragt wer das auf den Fotos ist sagt sie Joep. Manchmal bekomme ich Sprachnachrichten von den beiden in denen sie Sachen wie Joep und Himmel sagen. Als sie noch nicht sprechen konnten bekam ich Videos in denen sie vor seinem Foto standen und auf die Frage wer Joep ist genau auf Joep zeigten.
Diese Woche wachte meine Nichte aus dem Mittagsschlaf auf und sagte im Halbschlaf immer Joep und Himmel und winkte in den Himmel.
Es ist so schön zu sehen wie Joeps Cousinen und Cousins mit ihm umgehen, dass sie wissen wer er ist und er nicht vergessen wird, nicht mal von denen die ihn eigentlich gar nicht kannten.
Jedesmal liebe ich die Kids noch mehr wenn ich so etwas sehe oder höre! Und es macht mir Mut, wenn meine Schwestern das können, dann können wir das auch. Dann wird Joeps Bruder genauso selbstverständlich mit Joep umgehen wie sie.

03.07.2017

Urlaub - Abstand tut weh

Ich  besuche Joeps Grab normalerweise ein bis zwei mal die Woche. Die Tatsache dass der Friedhof so nah ist, Joep immer so nah ist tut uns gut. Es dauert nur wenige Minuten und dann stehen wir vor seinem Grab. Wenn ich im Bett liege weiß es dass er nur ein paar hundert Meter Luftlinie von mir weg ist. Joep ist immer bei uns, aber auch sein kleiner Körper ist immer ganz nah. 

Seit Joep gestorben ist hatten Rene und ich eigentlich keinen Urlaub, waren nie länger als eine Woche nicht zuhause. Weihnachten waren wir auf Teneriffa aber auch das war nur eine Woche. Es war eine Flucht und kein Urlaub. Wir waren/sind erschöpft und oft am Ende unserer Kräfte. Es erschien mir so logisch dass das durch die Arbeit kommt, wir brauchten einfach mal Urlaub um unsere Batterien wieder auf zu laden. Richtig? Teilweise ja, teilweise aber auch falsch.

Wir sind mit dem Auto nach Slowenien gefahren, zum ersten Mal waren wir in Slowenien, zum zweiten mal fuhren wir mit dem Auto in Urlaub. Als ich gerade von Joep schwanger war waren wir in Südfrankreich und in der Schweiz. Diesmal also Slowenien. Weil es 14 Stunden Autofahrt sind ohne Pausen und ohne Stau haben wir unterwegs jeweils eine Nacht in München geschlafen.

Die Fahrten liefen wirklich gut, kurz vor den Sommerferien kamen wir relativ gut durch und hatten wenig Stau. Als wir die Grenze zu Slowenien überquerten brach es über mich hinein. Alles lief bis hier so gut aber auf einmal lagen so viele KM zwischen uns und Joep, vier Grenzen lagen zwischen uns und gefühlt waren das zu viele Grenzen, zu viel Abstand. Ich war so traurig, am liebsten hätte ich mich auf der Stelle wieder umgedreht und wäre nach Hause gefahren. Aber wir waren fast da, wir wussten wir würden uns schon dran gewöhnen, dass der Urlaub okay werden würde. Ich sah anfangs die Schöhnheit des Landes und der Stadt gar nicht, wir liefen am ersten Abend durch Izola auf der Suche nach einem Restaurant und ich dachte nur: Wo um alles in der Welt bin ich hier gelandet? Ein paar Tage später erkannte ich den Charme und die Schönheit um mich rum. Früher liebte ich nicht touristische Urlaube und neue Kulturen. Diesmal war das anders, wir hatten ein paar wirklich schöne Momente aber fühlten uns auch oft schlecht. 

Endlich hatten Rene und ich Zeit für uns, konnten wir uns den ganzen Tag nur mit uns, Joep und Joeps Bruder beschäftigen, das war wirklich toll. Mein Highlight des Urlaubs war wirklich alle die Zeit mir Rene. Ich erkannte wieder dass Rene im Leben der einzige ist den ich wirklich brauche, außer Joep vermisste ich im Urlaub niemanden. Die Hitze machte mir zu schaffen, mittlerweile hochschwanger und immer 30-35 Grad waren körperlich schwer. Wir ruhten uns viel aus und machten weniger Ausfüge als wir normalerweise gemacht hätten. Aber auch das war okay, wir hatten vorher bewusst keine Ausflüge geplant weil wir nicht wussten wie es uns gehen würde.

Die erste Woche unseres Urlaubs war wirklich okay bis gut. Rene als echter Fischliebhaber war was das Essen betrifft zumindest genau am richtig Ort. Die Lage unserer Wohnung war wirklich perfekt, die Wohnung wirklich super für eine Ferienwohnung. Aber die letzten Tage waren dann einfach zu viel. Es fing mit unserem Hochzeitstag an. Wir hatten ihn beide komplett vergessen aber morgens gratulierte mir meine Schwester zum 3. Hochzeitstag. BAM, das schlug ein wie eine Bombe. Wie konnten wir denn bitte unseren Hochzeitstag vergessen? Die Antwort war uns beiden sofort klar: Weil in unseren Köpfen nur Joep wichtig ist, weil wir nur an Joep denken und an sonst nichts... Rene fiel es schwerer als mir. Unser Hochzeitstag ohne Joep war zu viel... Wir hatten einen Ausflug geplant und fuhren etwas verspätet doch noch. Der Ausflug war prima aber unsere Stimmung war den ganzen Tag nicht gut. Letztendlich waren wir froh als wir wieder in der Wohnung waren, weg von all den Menschen die ihren Urlaub genossen.

Die Tage hiernach wurden nicht mehr wirklich besser. Das Bedürfnis Joeps Grab zu besuchen war da und ging nicht mehr weg. Zum ersten konnten wir nicht zu ihm obwohl wir es so gerne wollten und so sehr brauchten. Ein paar mal meinten wir dass wir am liebsten JETZT sofort nach Hause fahren würden aber wir taten es nicht. Aufgeben war keine Option, es wäre zu schade gewesen, er hätte sich angefühlt wie versagen. Dazu kam dass die letzten Tage regnerisch waren, das Wetter passte gut zu unserer Stimmung.

Wir liefen oft durch Slowenien auf der Suche nach einer Kleinigkeit für Joeps Grab, Rene hatte die Idee dass wir ihm etwas kaufen könnten und es schien mir eine schönte neue Tradition. Aus jedem Urlaub ein keine Geschenk für Joep mitnehmen. Wir kauften einen von Hand bemalten Stein. Wir hatten ein Foto von uns mit Joep dabei, außerdem seine Hand und Fußabdrücke, das Kissen mit seinem Foto und seine kleine Decke. Das alles stand auf dem Nachttisch und das Kissen lag im Bett. So war Joep immer bei uns. 

Das Fazit des Urlaubs: Ja Urlaub kann uns gut tun, nach ein paar Tagen waren wir wirklich entspannter, ging es uns besser als vorher. Renes Rücken tat kaum noch weh, ich schlief tiefer und war ausgeruhter. Aber zwei Wochen war einfach noch zu viel für uns. Wären wir 1,5 Wochen in Urlaub gefahren würde ich jetzt etwas ganz anderes schreiben, ein vollkommen positiver Urlaubsbericht.

Auch der Weg nach Hause lief wieder gut. Zwischen Slowenien und München standen wir zwar viel im Stau aber von München bis Den Haag lief es richtig gut. Wir fuhren um halb sieben in München los und frühstückten irgendwo auf einem Rasthof. Als ich mir dort die Hände wusch lief vor mir im Spiegel eine Reklame, ein kleines Mädchen fragte: "Papa, kannst du mich vom Flugzeug aus sehen wenn ich im Himmel bin?" BAM, wieder schlug es ein wie eine Bombe. Die Toilette war überfüllt aber ich starrte auf die Reklame, Tränen in den Augen... Kinder sterben, hallo Wirklichkeit, hallo meine Welt, ich weiß dass du immer da bist aber manchmal kannst du dich so brutal aufdrängen. Rene merkte mir sofort an dass etwas passiert war und er fragte was los sei. Auch ihn traf die Reklame mitten in Herz und es tat so weh, es riss so viele Wunden auf aber wir mussten weiter fahren, wir wollten weiter, wir wollten nach Hause.

Als wir Samstags um 16 Uhr endlich in Den Haag ankamen ging es uns sofort besser. Noch nie hat Rene sofort angefangen die Koffer aus zu packen aber diesmal war er viel schneller als ich. Am liebsten wollten wir alles was darauf hindeutet dass wir in Urlaub waren aus der Sicht haben, Zuhause zu sein, nah bei Joep zu sein, das fühlt sich so richtig an! Hier gehören wir hin! Fernweh haben wir wohl erstmal nicht mehr, dafür haben wir jetzt Heimweh. 

Die nächsten Urlaube werden wir es nochmal versuchen, wir werden schon lernen was für Urlaube uns gut tun und welche nicht.

Die letzten schweren Tage des Urlaubes stecken uns noch in den Knochen, wir sind zuhause aber total erschöpft. Das ist schade aber okay. Morgen müssen wir wieder arbeiten, dann wird jeder fragen: Und? Hattet ihr einen schönen Urlaub? - Oh man, könnte ich diese Frage nur umgehen... Ich hab echt keine Lust ständig an den Urlaub zu denken und dann Leuten die doch nichts verstehen erklären zu müssen dass es nur okay war und das obwohl Slowenien doch ein wunderschönes Land ist... 

20.06.2017

Trauer ist Stress für unsere Körper

Seitdem Rene plötzlich durch Spannungen und Stress Rückenprobleme hat versuche ich ganz bewusst auf meinen Körper zu achten. Ich frage mich oft wieviel Stress ich habe. Ich fühle mich nicht gestresst aber auch Rene hätte nie gedacht dass er so viel Stress hat dass er plötzlich körperliche Probleme bekommt. Trauer ist Stress und somit ist unser Stress dauerhaft, ich habe mich daran gewöhnt und merke gar nicht mehr dass ich Stress habe. Alle Stress Symptome die ich habe tue ich immer ab als Symptome der Trauer und/oder der Schwangerschaft. Trauer fühlte sich für mich nie an wie Stress aber wenn ich mir anschaue was die Symptome für Stress sind dann bin ich nicht mehr so sicher ob es nicht doch durch den Stress kommt. Trauer ist Stress, ja mein Stress kommt durch die Trauer aber wieviel Stress Hormone schwimmen durch mein Blut und wie schlecht ist das für meine Gesundheit und die des Kleinen? Dauerhafter Stress macht krank. Trauer ist die einzige Art und Weise wieder zu heilen. Es scheint kein Richtig zu geben... Ohne Trauer wird es mir nie besser gehen, Trauer gibt es nicht ohne Stress. Mein Weg ist der Richtige, die Trauer zu leben und zu akzeptieren ist wichtig für mich. Mit der Trauer als treuer Wegbegleiter zu leben ist die einzige Art und Weise für mich Joeps Tod zu überleben.

"Trauer ist der stärkste Stress, den ein Mensch überhaupt erfahren kann, so hat es der Psychoanalytiker Collin Murray Parkes formuliert." Und wenn ich mir eine Liste angucken in der alle Symptome für Stress aufgezählt werden dann kann ich das nur bejahen. Die Trauer um sein Kind scheint mir sowieso die stärkste Trauer die es gibt. (Es sei denn es geht um mehrere Kinder oder die ganze Familie) Ich google Symptome und hatte im letzten Jahr beinahe alle Symptome aber ich fühlte mich nicht so gejagt wie früher wenn ich Stress auf der Arbeit hatte. Es ist nicht zu vergleichen mit dem was ich an Stress kannte, es ist ein ganz neues Level von Stress.

"Stress-Symptome

Auf Stress über einen längeren Zeitraum hinweg reagiert der Organismus mit zahlreichen körperlichen wie psychischen Symptomen. Diese können sowohl akut als auch permanent (chronisch) auftreten. Auf jeden Fall sollten die Symptome nicht ignoriert werden, da Stress oftmals schwere Krankheiten auslösen kann. Typische psychische Anzeichen für Stress sind unter anderem Konzentrationsschwierigkeiten, Antriebsschwäche, erhöhte Reizbarkeit, Angst- und Panikanfälle, depressive Verstimmungen und Burnout. Körperlich zeigt sich die übermäßige Belastung durch Schlafstörungen, Herzrasen, erhöhten Blutdruck, Durchfall, nervösen Magen, Schmerzzustände und Muskelverspannungen. Weiterhin charakteristisch sind ein geschwächtes Immunsystem, nachlassende Libido und Lidzucken."

Ich kann kaum ein Symptom dieser Liste nennen dass ich nicht erfahren habe oder erfahre. Viele erfahre ich noch immer regelmäßig aber ich nenne es Trauer, nicht Stress... Ich habe meine Trauer oft als eine Achterbahnfahrt beschrieben, ein ständiges auf und ab. Ich denke dass das für uns und unsere Körper sehr wichtig ist: Wir brauchen diese Pausen in denen es okay ist um uns auch körperlich zu erholen. In diesen Zeiten ist dass Stresslevel niedriger und ich hoffe dass es dadurch für meinen Körper machbar bleibt.

Ich arbeite jetzt seit knapp zwei Monaten wieder Vollzeit. Auf der Arbeit fühle ich mich nicht gestresst aber ich merke dass ich die letzten Wochen viel schneller gereizt bin und sauer werde. Dann bin ich so wütend, auf alles und jeden. Das habe ich nicht wenn ich auf der Arbeit bin sondern wenn ich Zuhause zur Ruhe komme und oft wenn ich vom Friedhof wieder nach Hause laufe. Dann will ich am liebsten schreien und alles kaputt machen und führe ganze Streitgespräche in meinem Kopf. Aber kommt das jetzt dadurch dass ich mehr arbeite? Habe ich mehr Stress als vorher? Oder ist es einfach eine andere Phase meiner Trauer? Wut gehört dazu, ich habe im ersten Jahr gar keine Wut gefühlt und jetzt ist sie regelmäßig da. Fast wöchentlich übernimmt die Wut für einen kurzen Moment meine Welt und meine Gedanken (max 20 Minuten die Woche). Das endet dann in einem Tränenmeer und ich weine und schluchze bis alle Wut und Verzweiflung aus mir raus ist und nur die Traurigkeit noch bleibt. Traurigkeit ist mein treuer Begleiter, so bekannt und so vertraut. Traurigkeit ist mir so viel lieber als Wut.

Etwas anderes was mir in den letzten Wochen auffällt ist das ich schlechter schlafe und deswegen tagsüber super erschöpft bin. Und wieder frage ich mich: ist das der Stress? Habe ich Stress? Oder kommt es durch die Schwangerschaft? Schlafprobleme und Müdigkeit gehören zu jeder Schwangerschaft und sind nicht unbedingt ein Zeichen für Stress. Wir haben jetzt erstmal 2 Wochen frei und ich werde weiter auf meinen Körper achten. Wenn ich die nächsten Wochen plötzlich besser schlafe und mich fitter fühle dann weiss ich dass ich gut darüber nachdenken muss ob ich weiter Vollzeit arbeiten kann. Wenn der Kleine erstmal da ist und wir ihn gesund mit nach Hause genommen haben werde ich sowieso nicht wieder Vollzeit arbeiten. Nach dem Urlaub muss ich nur noch 2 Monate arbeite und ich habe so viele Urlaubstage dass ich mir zwischendurch noch ein paar Mal frei nehmen werde. Vielleicht brauchte ich auch einfach nur Urlaub und hat es nichts mit der Arbeit zu tun? Der letzte Urlaub ist ein halbes Jahr her und war alles andere als entspannend (Weihnachten sind wir nach Teneriffa geflüchtet und ich hatte im Urlaub eine frühe Fehlgeburt).  Irgendwie muss ich es schaffen mein Stresslevel zu senken. Und während ich das schreibe frage ich mich wieder: Ist es denn überhaupt hoch wenn ich mich doch nicht (kaum) gestresst fühle? Muss ich etwas verändern?  Keiner ausser mir kann die Frage beantworten, ich muss es fühlen können aber ich kann es nicht... Vielleicht bedeutet das auch dass alles okay ist aber dann Frage ich mich warum ich mir plötzlich doch Sorgen mache? Wäre das mit Rene's Rücken nicht passiert würde ich mir keine Sorgen machen...

Manchmal wird mir alles zu viel und in solchen Momenten weiss ich ich habe zu viel Stress. In solchen Situationen geht es mir psychisch schlecht und bin ich am Ende, kann ich eigentlich nicht mehr funktionieren aber tue es doch. Das werde ich in Zukunft versuchen zu vermeiden. Wenn ich mich so fühle sollte ich mir sofort eine Pause gönnen.

03.06.2017

Die Unterschiede und Gemeinsamkeiten unserer Trauer

Männer und Frauen trauen unterschiedlich. Wie oft haben wir das nicht schon gehört und gelesen. Und ja, Rene und ich trauern unterschiedlich aber diese Unterschiede haben uns nie gestört. Jede Mama die ich bis jetzt kennen gelernt habe trauert auch anders als ich und trotzdem fühle ich diese Verbundenheit.

Rene trauert also auch anders als ich, aber von Anfang an waren die Gemeinsamkeiten in unserer Trauer viel wichtiger für mich als die Unterschiede. Wir haben und hatten immer viel Respekt füreinander und respektierten auch die Trauer des anderen. Wir waren füreinander da wenn wir es konnten und wenn wir es nicht konnten akzeptierte der Andere das. Diesen Freiraum den wir uns in unserer Trauer gaben war vermutlich sehr wichtig für unsere Beziehung. Hierdurch gab es nie Probleme zwischen uns.

Mittlerweile sind wir ein eingespieltes Team was unsere Trauer betrifft und auch Rene sieht eher die Gemeinsamkeiten als die Unterschiede.

Rene hatte anfangs sehr stark das Bedürfnis alleine zu sein. Etwas was ich nur schwer ertragen konnte. Ich wollte bei Rene sein, am liebsten den ganzen Tag und dann nicht nur in der selben Wohnung, ich wollte neben ihm sitzen, ich konnte nicht alleine in einem Raum sein. Wenn er mich festhielt fühlte sich die Leere weniger schwarz an, dann gab es einen winzig kleinen Lichtpunkt an den ich mich klammern konnte. Aber für Rene war es genau umgekehrt. Ihm war einfach alles zu viel und er war schon immer so dass er dann am liebsten alleine ist, er macht es mit sich selbst aus. Er brauchte die Ruhe und sehr schnell auch die Ablenkung die er in allen möglichen Ipad Spielchen fand während ich nur an Joep denken konnte, mich schrecklich fühlte wenn ich ein paar Minuten nicht an ihn dachte. Das war anfangs sehr schwierig für uns, wir brauchten quasi das Gegenteil voneinander und hatten nicht die Kraft uns durch zu setzen. Aber wir erkannten sehr schnell was der andere brauchte und entwickelten ohne Worte, ganz intuitief eine Strategie wie wir hiermit umgingen. Wenn ich die Kraft hatte etwas zu unternehmen oder raus zu gehen ging ich ohne Rene und gab ihm die Ruhe die er brauchte. Ich gehe früher ins Bett als Rene, so dass er Abends Ruhe hat. Auch mittags entschied ich mich oft mich im Schlafzimmer hin zu legen während Rene im Wohnzimmer auf der Couch sass. Sobald es Frühling wurde sass ich viel auf dem Balkon in der Sonne, mir tat die Sonne gut, für Rene war die Sonne Horror. Er konnte es nicht ertragen dass die Welt so friedlich und gut aussah während er sich so schlecht fühlte also sass er im abgedunkelten Wohnzimmer und ignorierte dass die Welt sich weiter drehte, dass es Sommer wurde.

Was für mich sehr schwer war war dass Rene auch alleine sein wollte wenn er weinte. Wenn ich zu ihm kam um ihn zu trösten hörte er auf zu weinen obwohl er gar nicht aufhören wollte, er konnte nicht weinen wenn ich ihn anfasste oder andere Menschen außer mir in seiner Umgebung waren. Also lernte ich ihm den Raum zu geben, ihn weinen zu lassen. Erst nach Minuten fragte ich ob ich ihn anfassen durfte und wenn er soweit war sagte er ja. Wenn ich ihn weinen sah musste ich oft mitweinen und auch dann hörte Rene auf zu weinen und tröstete mich. Also lernte ich leise und ausserhalb seiner Sicht zu weinen, irgendwie haben wir gelernt damit um zu gehen und haben unseren Weg hierin gefunden. Rene kann mittlerweile auch weinen wenn ich ihn festhalte, wir können zusammen weinen. Wenn ich weinte kam Rene immer sofort angelaufen. Manchmal liege ich schon im Bett und rufe Rene der im Wohnzimmer sitzt weil ich noch etwas sagen will und meistens kann er mich nicht hören, aber er hörte mich immer weinen und kam dann sofort zu mir und hielt mich bis ich mich wieder beruhigte oder weinend einschlief. Dann sagte er mir wie sehr Joep mich liebt und was für eine tolle Mama ich bin.

Von Anfang an redeten wir aber auch sehr viel über Joep und unsere Gefühle. Wie fast alle Frauen war mein Bedürfnis zu reden viel grösser als das von Rene. Wenn es ihm zu viel wurde unterbrach er mich und das war okay. Wir unterbrachen uns gegenseitig oft in solchen Gesprächen weil wir Ruhe brauchten und wir akzeptierten das immer.

Wir waren oft überfordert und Kleinigkeiten wurden uns zu viel. Dann waren wir gereizt und waren gemein zu einander ohne dass der andere etwas falsch gemacht hatte. Wir verstanden beide dass das nicht persönlich gemeint war und stritten nicht darum. Wir entschuldigten uns oft aber das war eigentlich nie nötig. Wir verstanden auch ohne Worte warum der andere reagierte wie er reagierte.

Rene ist der liebste Mensch den man sich vorstellen kann und ich kenne ihn gar nicht böse. Manchmal reagierte er jetzt so sauer dass ich erschrak, das war nicht mein Mann. Aber meine ganz natürliche Reaktion war dann dass ich ihn auslachte. Warum schreist du mich an nur weil ich das Internet neu gestartet habe? Ja dein online-game, daran habe ich nicht gedacht, ich verstehe du hast gerade wegen mir verloren, frustrierend... Aber du schreist und beleidigst mich? Ich konnte es nicht fassen und ich lachte ihn aus, ich lachte richtig laut, Minuten lang und Rene lachte mit mir weil er wusste dass er übertrieben hat und dass es nicht zu ihm passt, wie albern seine Reaktion war. Aber ich war auch wirklich nicht besser als er, auch ich schrie ihn manchmal an nur weil mir was aus der Hand fiel und ich ihm die Schuld gab obwohl er keine Schuld hatte. Ich war dann so überfordert und den Boden wieder sauber zu machen war mir einfach zu viel, wenn Rene mir dann nicht helfen kam war ich unfassbar sauer und ich weinte aus Verzweiflung weil mir einfach nichts gelingen wollte. Aber auch Rene verstand mich, er lachte mich zum Glück nie aus, er half mir so gut es ging und dann beruhigte ich mich auch schnell wieder.

Die meiste Zeit aber sassen wir zusammen im Wohnzimmer und waren ein perfektes Team mit viel Respekt und Liebe für einander.  Der Haushalt war meine Aufgabe und das war okay, Rene kochte ab und zu und sorgte dafür dass wir relativ gesund aßen. Wenn wir nicht die Energie hatten zu kochen dann bestellte ich online etwas zu Essen und Rene machte die Türe auf. Er hatte nicht die Energie zu bestellen und ich konnte mir nicht vorstellen die Türe zu öffnen und jemand anderen zu sehen. Alles lief wie von selbst.

Es gab aber wie gesagt vor allem Gemeinsamkeiten. Wir reden beide sehr gerne über Joep. Wir lieben ihn wie niemand anders ihn lieben kann. Nur wir kennen den Schmerz des anderen und das hat uns gestärkt. Wir sagen beide so oft dass wir Joep lieben, wie schön er ist und wie perfekt. Joep ist und bleibt unser liebstes Gesprächsthema. Rene schaffte es schneller als ich wieder zu arbeiten, dafür schaffte ich es den Haushalt zu machen und mich mit Freunden und Familie zu treffen. Die Balance stimmte, wir waren meistens auf dem gleichen Weg. Auch heute denke ich dass wir in der Trauer ungefähr gleich weit sind, wir gleich viel schaffen.

Ich ging zu einer Trauerpsychologin, Rene ging nicht und auch da waren wir uns einig dass es nicht nötig ist. Ich ging nur zur Kontrolle, ich musste von jemandem hören dass wir alles richtig machen dem ich vertrauen konnte. Bei den Treffen erzählte ich dann wie es uns geht, was wir zuhause machen. Wenn ich zuhause ankam erzählte ich immer wie das Gespräch war und Rene nahm alles an was ich sagte. Wir arbeiteten zusammen daran wieder glücklich zu werden und schlugen den gleichen Weg ein. Diesen Weg gehen wir noch immer gemeinsam, wir verstehen uns ohne Worte und wir sind sehr gut füreinander. Die Liebe die wir für Joep und für einander empfinden ist so stark dass wir sicher sind alles zu schaffen. Mehr als 50% der Beziehungen zerbrechen nach dem Verlust seines Kindes aber nicht unsere. Rene und ich bleiben immer zusammen, für immer, davon bin ich heute noch genauso überzeugt wie ich es vor 12 Jahren war. Einmal perfekt, immer perfekt. Und hoffentlich dürfen bald ein paar perfekte Kinder bei uns wohnen. 

27.05.2017

Unverständnis - das kann doch alles nicht wahr sein?

Immer wieder gibt es diese Momente voller Unverständnis. Dann will mein Kopf einfach nicht verstehen wie das passieren konnte. Wie kann es sein das mein Sohn tot ist. Wie?

Dann kann ich es kaum glauben, fühlt es sich an als ob wir einfach immer noch auf ihn warten. Ich denke nicht dass ich jetzt im Moment schwanger von Joep bin, das ist es nicht. Aber irgendwie ist er nie zuhause angekommen und davon haben wir doch geträumt. So sehr geträumt. Und diese Träume lassen sich nur schwer vergessen, also wartet irgendwas in mir auf ihn. Auf den Moment in dem wir wieder zusammen sein können.

Sein Bett ist leer und ich will dass er endlich zuhause ankommt, in seinem Bettchen schläft, mit seinen Sachen spielt und endlich bei uns ist. Aber ich weiss auch so genau dass das niemals passieren wird. Joep wird niemals Zuhause ankommen, niemals werden all diese Zukunftsträume die ich für ihn hatte Wirklichkeit werden um dann zu Erinnerungen zu werden. Es werden immer Träume und Hoffnungen bleiben und ich verstehe einfach nicht wie das passieren konnte, wie es uns passieren konnte. Sowas passiert einem doch nicht selbst! Es kann doch nicht wahr sein dass mein perfekter kleiner Joep tot ist... Mein kleiner Mann wird niemals Zuhause ankommen und manchmal kann ich es einfach nicht verstehen. Ich weiss dass es so ist, ich begreife es, ich lebe es jeden Tag, aber verstehen kann ich es nicht.

Ich trauere um all die Momente die wir nie auf dieser Erde erleben dürfen. All die Momente die Erinnerungen hätten werden sollen und es niemals werden.

Ich hoffe dass wir irgendwann wieder zusammen sind und vielleicht werde ich es dann endlich verstehen.

22.05.2017

Nie wieder

Niemals werde ich wissen...
... wie du aussiehst wenn du lachst.
... wie deine perfekten kleinen dicken Lippen aussehen wenn sie lächeln
... wie es sich anhört wenn du Mama oder Papa sagst
... wie du aussiehst wenn du spielst
... wie du jetzt aussehen würdest
... wie gut dein Herz wirklich war
... wie es ist um mit dir am Strand zu spielen
... wieviel Unfug du gemacht hättest
... wie es ist nachts nicht zu schlafen weil du mich wach hältst
... wie gross du geworden wärst
... wie es sich anfühlt wenn du mich umarmst
... wie sich deine Stimme anhört
... wie glücklich wir hätten sein können
... wie ein Leben mit dir sein würde
... wie viele Mädchen du mit nach Hause gebracht hättest
... wie du dein Leben gemeistert hättest
... wie du nach dem Friseur aussiehst
... wie viel du gegessen hättest
... wie sportlich du gewesen wärst
... wie du als grosser Bruder wärst
... wer du geworden wärst
... was aus dir geworden wäre
... wie hübsch du geworden wärst
... wie klug du geworden wärst
... ob du genau so stark gewesen wärst wie Papa
... wie ähnlich du mir warst
... wie ähnlich du Papa warst
... wie ählich du deinen Geschwistern wärst.

Nie wieder werde ich...
... deine kleinen Finger in meiner Hand halten
... dir all die Küsse geben können die du so verdienst
... dir die Tränen aus dem Gesicht wischen
... dich im Arm halten
... dich weinen hören
... mit dir kuscheln
... dein Gewicht in meinen Händen spüren
... nicht auf Toilette gehen nur damit du noch etwas länger auf meiner Brust liegen kannst
... deine kleinen Stinkefüsse riechen
... dich in Papas Armen sehen
... in deine Augen blicken
... so glücklich sein wie ich nach deiner Geburt war
... deine weiche Haut fühlen
... dich waschen
... all die Dinge für dich tun die Mamas doch für ihre Kinder tun
... das Gefühl haben dass meine Familie komplett ist weil du immer fehlen wist.

Immer werde ich...
... dich lieben
... dich vermissen
... an dich denken
... dein Grab versorgen
... von dir erzählen.

Niemals werde ich dich vergessen!

17.05.2017

Hoffnung, Trauer und Glück

Wenn ich das letzte Jahr beschreiben muss dann ist wohl das Wort Trauer das Wort das am besten auf alles zutrifft. Die Trauer hat einfach alles in meinem Leben bestimmt, jeder Schritt den ich gesetzt habe wurde von Trauer begleitet.

Trauer die so heftig und intensiv war, ich hätte mir nie träumen lassen dass man sich so fühlen kann. Nicht ohne krank zu sein. Trauer ist keine Krankheit und doch kann man es wohl wenn überhaupt nur mit einem Burnout oder einer Depression vergleichen? Menschen die ihr Kind nicht verloren haben können sich einfach nichts darunter vorstellen. 

Der einzige Grund zu kämpfen war mein Versprechen an Joep dass ich alles dafür tun werde wieder glücklich zu werden. Ich kannte von Anfang an den einzigen Weg der für mich in Frage kam: ein Geschwisterchen. Es war von Anfang an klar dass Rene und ich zusammen bleiben und dass wir noch mehr Kinder wollen. So kam zu all der Trauer auch ab und zu die Hoffnung. Die Hoffnung wie es wohl sein wird wenn wir wieder ein Kind haben? Ob wir dann wieder glücklich sein können?

Glück war ein Gefühl dass ich lange nicht gefühlt habe, von dem ich vergessen hatte wie es sich anfühlt. Wir haben noch jeden Tag gelacht aber Lachen macht nicht glücklich, Lachen ist keine Medizin, nicht für Trauer. Man kann lachen und in der Sekunde in der man aufhört zu lachen ist auch wieder alles vorbei. Dann ist man wieder traurig, so unendlich traurig. Lachen und Weinen gehörten so zu meinem Leben wie Atmen und Aufstehen. 

Ein wenig Glück konnte ich erst fühlen als ich wieder 12 Wochen schwanger war und alles gut aussah. Erst da fühlte ich zum ersten mal Glück und realisierte ich dass es neben der Trauer und der Hoffnung jetzt auch wieder ein wenig Glück in meinem Leben gibt. Die Hoffnung wurde viel intensiver, denn es sieht endlich alles danach aus dass unser Ziel im Oktober Wirklichkeit wird. Es ist noch selten aber ab und zu fühle ich Glück und das macht alles doch einfach viel einfacher. Es scheint auch die Mamakraft die ich so vermisst habe wieder zu wecken. Für diesen kleinen Mann kann und werde ich alles tun. Er wird der glücklichste kleine Junge. Bestimmt schrecklich verwöhnt aber wir verdienen es unser Kind zu verwöhnen... Er wird auch sicher gut erzogen werden, nicht verzogen. Aber er wird wohl in den ersten Jahren alles bekommen was uns glücklich macht. Und wenn ich daran denke dann schreibe ich das mit einem Lächeln auf meinen Lippen. Ihn glücklich zu machen ist mein höchstes Ziel. Ich konnte Joep nicht glücklich machen und jetzt bekommt er die doppelte Liebe. All die Liebe die ich für Joep fühle die ich aber nicht geben kann und all die Liebe die ich für ihn empfinde. Er wird sich niemals fragen müssen ob er geliebt wird. Er wird sehen dass er unser grösstes Glück ist.

Trauer bestimmt noch immer mein Leben, das ist wohl die Wahrheit. Aber die Trauer ist nicht mehr zu vergleichen mit der Trauer die ich noch vor einem Jahr fühlte. Trauer wird wohl für immer ein Teil von mir sein und das finde ich auch richtig so. Solang wir neben der Trauer auch Glück erfahren dürfen. 

Uns geht es wirklich besser. Wir haben mehr Energie, können mehr unternehmen. Aber wir sind noch lange nicht wo wir waren. Irgendwann werden wir wieder genau so viel Energie haben wie damals und darauf freuen wir uns.

wir sehen nicht mehr so schlecht aus wie letztes Jahr. Wir sind zuversichtlich dass wir auf Fotos irgendwann auch wieder so glücklich aussehen wie früher!