21.05.2018

Nicht jetzt Trauer, bitte nicht jetzt!

Im Moment sind die Trauer und ich beste Freunde. Sie gehört in mein Leben, ist mein ständiger Begleiter. Ich liebe sie weil sie zu Joep gehört. Aber sie hat 2 Gesichter. Sie kann mir gut tun und mich heilen. Aber sie kann mich auch auf den Boden schmeißen und nochmal drauf treten. 

Das hat sie lange nicht mehr gemacht. Wochen schon nicht mehr. Ja sogar Monate! Ich weiss gar nicht genau wann sie mich das letzte mal so hart erwischt hat. Wahrscheinlich war es im Januar. Im Januar ging es mir so schlecht. Zwischen Weihnachten und Joeps Geburtstag.

Gerade fühle ich wie die Trauer sich anschleicht. Joeps Bruder liegt neben mir im Bett und schläft schon. Kuschelt sich an mich und träumt schöne Dinge. So friedlich und seelig. 

Und dann überkommt mich das Gefühl. Ich hatte schon so lange keine Zeit mehr intensiv zu trauern. Ich vermisse es. Ich vermisse mich ganz intensiv mit Joep beschäftigen zu können. Wie schön war es als ich seine Videos aufgenommen habe. Alles noch einmal erleben. Ganz bei Joep sein. Etwas für Joep tun. 

Aber seitdem muss ich funktionieren. So viel passiert hier, ich kann jetzt nicht zusammenbrechen. Nicht jetzt. Nicht morgen, nicht mal diesen oder nächsten Monat. Es geht jetzt einfach nicht. Wir brauchen mich stark. Joeps Bruder und René brauchen mich, ich muss jetzt die starke sein bis wir wieder was mehr Platz zum Atmen bekommen. Und ich schaffe es. Ich kann das. 

Aber die Trauer schleicht sich an. Gerade habe ich sie einfach weggedrückt. Ich habe gesagt nicht jetzt und mich geweigert zu fühlen. Zum ersten mal. Wie lange geht das gut?

Morgen früh muss ich arbeiten. Meine zweite Woche.  Zum ersten mal seit August wieder arbeiten. Nach 10 Monaten. Joeps Bruder geht in die Kita und muss sich natürlich auch eingewöhnen. Ihm fällt das noch viel schwerer als mir. Also muss ich stark sein. Er darf nicht fühlen das ich ihn gar nicht her geben will... Das ich ihm am liebsten noch 1000 Küsse geben würde bevor ich gehe. Aber ich kann ja nicht Stunden lang da bleiben. Ich muss ja arbeiten. Ich MUSS. 

Ich kann jetzt nicht zusammen brechen. Ich muss so viel neues auf der Arbeit lernen. Ich muss mich um Joeps Bruder kümmern. Ich muss René unterstützten so gut ich kann. Ich muss funktionieren. Mich auf der Arbeit beweisen und mir selbst beweisen das ich Arbeit, Kind, Haushalt und Ehe kann. Ich kann das auch. Aber daneben kann ich nur ein bisschen Trauer. Das Stück Trauer das mir gut tut. Ich kann jetzt nicht zusammenbrechen. Bitte Trauer. Bitte nicht jetzt. Bitte lass mich dieses mal entscheiden wann es Zeit für dich ist. Sie wird kommen. Denn ich vermisse dich ja auch. Wenn ich am Boden liege dann ist Joep mir immer so nah. 

Ach liebster schönster Joep. Schicke Mama deine Kraft. Genug Kraft damit sie auf der Arbeit alles schafft und sich beweisen kann. Genug Kraft und neben der Arbeit auch Hausfrau, Ehefrau und Mutter zu sein. 

Könnte ich doch nur nochmal mit meiner Nase deinen kleinen weichen Füsse berühren Joep. Deinen Duft einsaugen. Heute habe ich deinen Bruder mit Zwitsal eingecremt. Die Creme ist noch von dir. Es ist dein Duft aber auch wieder nicht...

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Chris 789 hat gesagt…

Hallo Imke,

ich kann deine Gedanken so sehr nachvollziehen! Inwiefern lässt man Trauer zu? Passt es mir gerade - ich bin doch gerade unter fremden Leuten? Warum nicht lieber später traurig sein, wenn ich alleine bin? Warum kommt die Traurigkeit immer in solchen Momenten, wo es absolut nicht passt! Ich müsste doch eigentlich gerade glücklich sein und den Moment einfach genießen. Doch die Traurigkeit macht dir einen absoluten Strich durch die Rechnung, kommt und geht, wann sie will! Sie beherrscht dich förmlich!
Ich teile ein ganz anderes Schicksal als deine Familie und doch beschäftige auch ich mich mit Traurigkeit bzw Trauer. Ich versuche sie tagtäglich wegzuschieben, sie zu manipulieren, ich hasse die Macht dieses Gefühls und doch ist sie mein täglicher Begleiter. Früher war alles besser, denk ich mir und bin wütend auf mich selbst, dass ich ständig traurig bin. Ich habe Angst vor der Traurigkeit, dass sie mich übermannt, ich sie nicht mehr kontrollieren kann. Was sollen nur die Mitmenschen denken, man kann doch nicht ständig traurig sein...
Ich bewundere wie sehr du und die Traurigkeit "Freunde" geworden seid, wie ihr miteinander auskommt, wie du sie akzeptierst und immer wieder begrenzt zulassen kannst. All dies sind noch Dinge an denen ich arbeiten muss und werde.
Euer Weg ist bewunderswert und ihr seid eine tolle Familie, Joep ist stolz auf euch! Vergesst das nicht!

Auf gemeinsame Traurigkeit,
eure Chris



Kommentar veröffentlichen