20.06.2017

Trauer ist Stress für unsere Körper

Seitdem Rene plötzlich durch Spannungen und Stress Rückenprobleme hat versuche ich ganz bewusst auf meinen Körper zu achten. Ich frage mich oft wieviel Stress ich habe. Ich fühle mich nicht gestresst aber auch Rene hätte nie gedacht dass er so viel Stress hat dass er plötzlich körperliche Probleme bekommt. Trauer ist Stress und somit ist unser Stress dauerhaft, ich habe mich daran gewöhnt und merke gar nicht mehr dass ich Stress habe. Alle Stress Symptome die ich habe tue ich immer ab als Symptome der Trauer und/oder der Schwangerschaft. Trauer fühlte sich für mich nie an wie Stress aber wenn ich mir anschaue was die Symptome für Stress sind dann bin ich nicht mehr so sicher ob es nicht doch durch den Stress kommt. Trauer ist Stress, ja mein Stress kommt durch die Trauer aber wieviel Stress Hormone schwimmen durch mein Blut und wie schlecht ist das für meine Gesundheit und die des Kleinen? Dauerhafter Stress macht krank. Trauer ist die einzige Art und Weise wieder zu heilen. Es scheint kein Richtig zu geben... Ohne Trauer wird es mir nie besser gehen, Trauer gibt es nicht ohne Stress. Mein Weg ist der Richtige, die Trauer zu leben und zu akzeptieren ist wichtig für mich. Mit der Trauer als treuer Wegbegleiter zu leben ist die einzige Art und Weise für mich Joeps Tod zu überleben.

"Trauer ist der stärkste Stress, den ein Mensch überhaupt erfahren kann, so hat es der Psychoanalytiker Collin Murray Parkes formuliert." Und wenn ich mir eine Liste angucken in der alle Symptome für Stress aufgezählt werden dann kann ich das nur bejahen. Die Trauer um sein Kind scheint mir sowieso die stärkste Trauer die es gibt. (Es sei denn es geht um mehrere Kinder oder die ganze Familie) Ich google Symptome und hatte im letzten Jahr beinahe alle Symptome aber ich fühlte mich nicht so gejagt wie früher wenn ich Stress auf der Arbeit hatte. Es ist nicht zu vergleichen mit dem was ich an Stress kannte, es ist ein ganz neues Level von Stress.

"Stress-Symptome

Auf Stress über einen längeren Zeitraum hinweg reagiert der Organismus mit zahlreichen körperlichen wie psychischen Symptomen. Diese können sowohl akut als auch permanent (chronisch) auftreten. Auf jeden Fall sollten die Symptome nicht ignoriert werden, da Stress oftmals schwere Krankheiten auslösen kann. Typische psychische Anzeichen für Stress sind unter anderem Konzentrationsschwierigkeiten, Antriebsschwäche, erhöhte Reizbarkeit, Angst- und Panikanfälle, depressive Verstimmungen und Burnout. Körperlich zeigt sich die übermäßige Belastung durch Schlafstörungen, Herzrasen, erhöhten Blutdruck, Durchfall, nervösen Magen, Schmerzzustände und Muskelverspannungen. Weiterhin charakteristisch sind ein geschwächtes Immunsystem, nachlassende Libido und Lidzucken."

Ich kann kaum ein Symptom dieser Liste nennen dass ich nicht erfahren habe oder erfahre. Viele erfahre ich noch immer regelmäßig aber ich nenne es Trauer, nicht Stress... Ich habe meine Trauer oft als eine Achterbahnfahrt beschrieben, ein ständiges auf und ab. Ich denke dass das für uns und unsere Körper sehr wichtig ist: Wir brauchen diese Pausen in denen es okay ist um uns auch körperlich zu erholen. In diesen Zeiten ist dass Stresslevel niedriger und ich hoffe dass es dadurch für meinen Körper machbar bleibt.

Ich arbeite jetzt seit knapp zwei Monaten wieder Vollzeit. Auf der Arbeit fühle ich mich nicht gestresst aber ich merke dass ich die letzten Wochen viel schneller gereizt bin und sauer werde. Dann bin ich so wütend, auf alles und jeden. Das habe ich nicht wenn ich auf der Arbeit bin sondern wenn ich Zuhause zur Ruhe komme und oft wenn ich vom Friedhof wieder nach Hause laufe. Dann will ich am liebsten schreien und alles kaputt machen und führe ganze Streitgespräche in meinem Kopf. Aber kommt das jetzt dadurch dass ich mehr arbeite? Habe ich mehr Stress als vorher? Oder ist es einfach eine andere Phase meiner Trauer? Wut gehört dazu, ich habe im ersten Jahr gar keine Wut gefühlt und jetzt ist sie regelmäßig da. Fast wöchentlich übernimmt die Wut für einen kurzen Moment meine Welt und meine Gedanken (max 20 Minuten die Woche). Das endet dann in einem Tränenmeer und ich weine und schluchze bis alle Wut und Verzweiflung aus mir raus ist und nur die Traurigkeit noch bleibt. Traurigkeit ist mein treuer Begleiter, so bekannt und so vertraut. Traurigkeit ist mir so viel lieber als Wut.

Etwas anderes was mir in den letzten Wochen auffällt ist das ich schlechter schlafe und deswegen tagsüber super erschöpft bin. Und wieder frage ich mich: ist das der Stress? Habe ich Stress? Oder kommt es durch die Schwangerschaft? Schlafprobleme und Müdigkeit gehören zu jeder Schwangerschaft und sind nicht unbedingt ein Zeichen für Stress. Wir haben jetzt erstmal 2 Wochen frei und ich werde weiter auf meinen Körper achten. Wenn ich die nächsten Wochen plötzlich besser schlafe und mich fitter fühle dann weiss ich dass ich gut darüber nachdenken muss ob ich weiter Vollzeit arbeiten kann. Wenn der Kleine erstmal da ist und wir ihn gesund mit nach Hause genommen haben werde ich sowieso nicht wieder Vollzeit arbeiten. Nach dem Urlaub muss ich nur noch 2 Monate arbeite und ich habe so viele Urlaubstage dass ich mir zwischendurch noch ein paar Mal frei nehmen werde. Vielleicht brauchte ich auch einfach nur Urlaub und hat es nichts mit der Arbeit zu tun? Der letzte Urlaub ist ein halbes Jahr her und war alles andere als entspannend (Weihnachten sind wir nach Teneriffa geflüchtet und ich hatte im Urlaub eine frühe Fehlgeburt).  Irgendwie muss ich es schaffen mein Stresslevel zu senken. Und während ich das schreibe frage ich mich wieder: Ist es denn überhaupt hoch wenn ich mich doch nicht (kaum) gestresst fühle? Muss ich etwas verändern?  Keiner ausser mir kann die Frage beantworten, ich muss es fühlen können aber ich kann es nicht... Vielleicht bedeutet das auch dass alles okay ist aber dann Frage ich mich warum ich mir plötzlich doch Sorgen mache? Wäre das mit Rene's Rücken nicht passiert würde ich mir keine Sorgen machen...

Manchmal wird mir alles zu viel und in solchen Momenten weiss ich ich habe zu viel Stress. In solchen Situationen geht es mir psychisch schlecht und bin ich am Ende, kann ich eigentlich nicht mehr funktionieren aber tue es doch. Das werde ich in Zukunft versuchen zu vermeiden. Wenn ich mich so fühle sollte ich mir sofort eine Pause gönnen.

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