05.02.2018

Nervenzusammenbruch?!?

Mein liebster und schönster Joep, mein kleiner Traumprinz!

Die Tage nach den Absagen ging es uns so schlecht Schatz. Zum Glück waren wir ein Wochenende in Urlaub und das tat uns sehr gut. Papa ist in der Woche vor CenterParcs zusammen gebrochen. Dein starker sorgsamer Papa konnte einfach nicht mehr. 

Wir haben das Gefühl mit zu vielen Bällen zu jonglieren, wissen nicht wie lange wir sie noch in der Luft halten können. Papa arbeitet hart, Zuhause muss der Haushalt erledigt werden, wir müssen einkaufen, sauber machen, Wäsche waschen und uns um deinen kleinen Bruder kümmern. Wir haben viele Termine, es muss an so viel gedacht werden. Jede Woche haben wir eine to do liste die wir abarbeiten. Es stehen lauter Kleinigkeiten drauf aber es werden einfach nicht weniger. Mama und Papa tun ihr bestes zusammen alle Bälle in der Luft zu halten, weiter zu jonglieren. 

Weihnachten haben wir gerade hinter uns, dein Geburtstag steht vor der Türe. Alles ist momentan schwer. So kurz vor deinem Geburtstag fühlen wir die Traurigkeit und den Schmerz so intensiv. Das macht alles noch schwerer. Als dann auch noch die Absagen kamen war das als ob jemand das Licht kurz ausgeschaltet hat, einen Moment lang war alles schwarz. Als das Licht wieder an ging konnten wir nur noch zusehen wie die Bälle alle auf den Boden fielen, unsere Hände ins Leere griffen. Wir fühlten uns wieder wie kurz nachdem du gestorben bist. 

Papa wurde krank, Grippe. Ich denke nicht das das Zufall war, bei Papa äussert sich Stress und Schmerz seitdem du nicht mehr bei uns bist so oft körperlich. Anfangs ging er regelrecht knock-out, später dann sein Rücken und der Magen. Papa versuchte stark für mich zu sein, meine Familie war der grosse Schock für uns. Von seiner Familie überraschte es uns traurigerweise weniger. Papa fand die ganzen Absagen auch so schlimm und es tat ihm so weh aber er wollte nicht das Mama noch tiefer fällt, er wollte für mich da sein und verdrängte seine Gefühle. Aber irgendwann ging das nicht mehr. Mein Schmerz hat seinen Schmerz noch verstärkt, so ist das immer bei uns.

Es war alles zu viel und er brach zusammen. Sein Kopf war zu voll. Wie mit Watte gefüllt. Als ob es einen Kurzschluss in seinem Kopf gab. Er legte sich hin und wollte knock-out gehen, wie das so oft passierte und noch immer ab und zu passiert, aber es ging nicht. Er konnte nicht 'abschalten' und all die Traurigkeit und Verletztheit suchte sich ihren Weg. Ich habe Papa nie so reden hören Schatz. Fiebrig, krank, böse und weinend. Er hatte Recht mit dem was er sagte, wir sind nicht verrückt, warum versucht man uns das Gefühl zu geben das wir alles falsch machen. Keiner hat das Recht uns so fühlen zu lassen.   

Am nächsten Tag meinte Papa das er denkt das er einen Nervenzusammenbruch hatte. Ich dachte zuerst das das vielleicht etwas übertrieben ist. Ich wusste gar nicht was das eigentlich ist. Ein Nervenzusammenbruch. Einen Zusammenbruch hatte er aber sicher und es waren doch auch seine Nerven die es nicht mehr ertragen konnten. Also habe ich gegoogelt. Was ist das eigentlich? Und Ja, ich glaube auch das dein Papa einen Nervenzusammenbruch hatte Schatz. Ob Mami auch einen hatte weiß ich gar nicht so genau. Vielleicht gerade nicht. Vielleicht gerade wohl? Fakt ist das es mir auch unfassbar schlecht ging. Über Tage. Noch immer wenn ich daran denke.


Wenn es mir soooo schlecht geht wie nach den Absagen, dann geht es Papa auch schlecht. Auch das war sicher ein Grund für  seinen Zusammenbruch. Und mir ging es zwischenzeitlich so schlecht das ich mir gewünscht habe ich wäre mit dir gestorben. Diese Gefühle haben mich so erschrocken. Es fühlte sich an als ob ich die letzte Ausfahrt verpasst habe. Ich habe jetzt deinen Bruder. Für ihn will und muss ich leben. Er braucht eine glückliche Mama und die will ich für ihn sein. Aber wenn die Trauer so unfassbar weh tut, es mir so unfassbar schlecht geht, dann will ich nur bei dir sein. Dann frage ich mich ob es denn nie besser wird.  Rational gesehen weiss ich es, auch in diesen Momenten. Es geht mir doch schon besser. Ich sorge gut für deinen Bruder.

Mein erster Gedanke war ich darf so nicht fühlen. Dann dachte ich ich muss über diesen Gedanken reden. Zum Glück habe ich das getan denn ich habe gelernt das dieses Gefühl die Ausfahrt verpasst zu haben auch andere Sternenmamis haben. Ich dachte ich bin verrückt. Ich dachte ich brauche Hilfe. Aber jetzt wo ich weiss das es normal ist geht es mir besser. Es waren ja nur wenige Minuten in denen ich das Gefühl hatte. Keine Sekunde wollte ich jetzt etwas ändern. Ich bereute einfach nicht mit dir gestorben zu sein. Ich schreibe das so ehrlich hier weil ich denke das es dazu gehört. Das alle Gefühle okay sind und das es nicht bedeutet das ich Joeps Bruder nicht über alles Liebe. Niemals würde ich ihm das antun. Niemals würde ich ihn alleine lassen. Ich weiss du wartest auch mich Schatz. Ich weiss du wartest auch noch 50 Jahre oder mehr.

3 Kommentare:

Mary hat gesagt…

Es tut mir unglaublich leid dass es euch gerade so schlecht geht. Ich kann nicht im Entferntesten nachfühlen wie schlimm so ein Verlust und das Leben danach für euch sein muss. Aber vielleicht hilft es euch dass es viele Menschen wie mich gibt, die leise eure Geschichte mitverfolgen und an euch und den armen kleinen Joep denken. Ich wünsche euch dass ihr es als Familie und Paar weiterhin so gut schafft euch auch in den dunkelsten Stunden Beistand und Kraft zu geben. Ich bin mir sicher daran wachst ihr als Familie unglaublich!
Fühlt euch unbekannterweise gedrückt. Ich schliesse euch und den kleinen Joep in meine Gebete ein!

Unknown hat gesagt…

Danke du Liebe! Vielen lieben Dank für deine lieben Worte. Sie sind Balsam für meine Seele.

Wir werden weiter kämpfen und unser Ziel nicht aus den Augen verlieren. Wieder glücklich sein. Zum Glück geht es uns Momentan besser. Die nächste Woche(n?) werden nochmal hart... Aber auch das schaffen wir. Ich hab das gute Gefühl das das schlimmste hinter uns ist. Hoffentlich für immer. So schlimm braucht es was mich betrifft nie wieder werden.

Ich freue mich das du mitliest.

Anonym hat gesagt…

Meine Mutter hat ebenfalls ihren ersten Sohn verloren als er gerade mal 2 Wochen alt war. Die Lebensumstände waren jedoch völlig anders. Sie lebte in einem Dorf im Osten der Türkei. Es gab weder Elektrizität, geschweige denn Sanitäranlagen. Mein ältester Bruder kam zuhause ohne jegliche ärztliche Hilfe zur Welt. Weshalb er gestorben ist, konnte sie daher leider nie in Erfahrung bringen. Er hat nicht einmal einen Grabstein bekommen, sondern wurde bewusst an einem unbekannten Ort beerdigt, weil die Leute damals der Meinung waren, es sei nicht gut für die Mutter, das Grab des verstorbenen Kindes zu besuchen, da sie dadurch nicht über den Verlust hinwegkommen würde. Meine Mutter hat noch weitere zwei gesunde Söhne geboren und schließlich eine Tochter (meine Wenigkeit). Wenn sie über ihren ersten Sohn erzählt, erzählt sie sehr sachlich. Ich habe noch nie erlebt, dass sie emotional wurde. Ich weiß nicht, ob sie ihre wahren tiefen Gefühle verdrängt oder wirklich diesen Verlust verarbeitet hat. Sie ist ein fröhlicher, offener Mensch. Ich habe mir früher nie großartig dabei was gedacht, wenn dieses Thema mal aufkam. Aber seit ich selber Mutter eines kleinen Sohnes bin, gehen mir solche Schicksale sehr nah.

Ich wünsche mir von Herzen, dass du irgendwann deinen inneren Frieden findest und nicht mehr mit Trauer an Joep denkst, sondern mit Freude und Dankbarkeit. Er würde ganz sicher nicht wollen, dass seine Eltern so traurig sind.

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