04.05.2017

Der impact des Februars

Lieber Joep,

vor deinem Geburtstag hatte ich Angst. Wie wird es es wohl sein, von allen hörte ich dass die Anlaufzeit das schlimmste ist, dass der Tag selbst weniger schlimm ist.

Bei uns war das anders. Mama und Papa waren überrascht dass es ihnen eine Woche vor deinem Geburtstag noch so gut ging. Erst kurz vor deinem Geburtstag merkten wir dass es alles wohl doch schwerer werden wird als erwartet. Wir sind vollkommen ohne Erwartungen in die Woche deines Geburtstages gestartet, wir wussten nicht was uns erwarten würde und wir wollten uns selbst nicht verrückt machen.

Dein Geburtstag selbst war ein verrückter Tag. Ich war stolz auf dich und oft so glücklich. Dein Grab war wunderschön und gleichzeitig lag dieser Schatten über uns der sich langsam ausbreitete.

In deiner Woche konnte ich nicht arbeiten, wie Papa das geschafft hat wissen wir auch nicht, du hast ihm wohl all deine Kraft geschenkt. Auch deine Geburtstagsfeier haben wir irgendwie überstanden obwohl es mich störte das viel zu wenig über dich gesprochen wurde. Es war doch deine Feier... Aber ich kann die Menschen schlecht zwingen, ich will dass sie über dich reden weil sie es wollen, nicht weil sie es müssen.

Lieber Joep, so richtig schlecht ging es uns erst in den Wochen danach. Ich schaffte es nicht mehr meine Stunden arbeiten und darum habe ich weniger gearbeitet. Ich fühlte mich richtig depressief und ich konnte mich gar nicht mehr über deinen kleinen Bruder freuen. Ich fühlte mich krank und kraftlos und nichts und niemand konnte das verändern. Es dauerte Wochen bis es wieder etwas besser ging, bis ich wieder über die neue Schwangerschaft reden konnte. Ich wollte das noch niemand es weiss aber deine Oma hat es allen erzählt und da fühlte ich mich gezwungen es auch meiner Familie und Freunden zu erzählen. Es wussten Leute dass du grosser Bruder wirst die ich nicht Mal richtig kenne aber meine Familie und Freunde wussten noch von nichts. Also erzählte ich es viel zu früh noch im ersten Trimester, wir waren noch gar nicht bereit. In meinem Kopf warst nur du. Du lebtest in meinen Gedanken, ich dachte immer an dich. Deinen kleinen Bruder... Es war als gäbe es ihn noch nicht, mein Gehirn blendete die Schwangerschaft oft aus und wenn jmd fragte wie die Schwangerschaft läuft erschrak ich.
Wir schafften es nicht mehr zu kochen, aufstehen war oft schon zu schwer. Zur Arbeit gehen erschien unmöglich. Trotzdem gingen wir. Die meiste Zeit im März ging es uns richtig schlecht, es war wie eine Reise in der Zeit aber dann nicht weit genug. Ich konnte nicht bei dir sein aber ich fühlte mich wieder wie kurz nachdem du gestorben bist.

Erst Ende März ging es uns wieder etwas besser. Nie hätten wir gedacht dass der Februar so viel Impact auf uns haben würde. Aber was wissen wir. Wir lernen jeden Tag wieder etwas dazu lieber Joep. Trauern bedeutet lernen, Mama und Papa müssen lernen wer sie sind, wir kennen uns selbst nicht und wissen nicht mehr was wir können. Verrückt oder? Wir wussten das früher doch so genau...

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